Wege aus der Finanzkrise:"Kein Grund fürs Büßerhemd"

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Die Commerzbank erwägt staatliche Finanzhilfen und räumt Fehler ein. Deutsche-Bank-Chef Ackermann sieht dagegen keinen Grund, "im Büßerhemd" zu gehen.

Die deutschen Banken erwägen einem Magazinbericht zufolge eine gemeinsame Nutzung des staatlichen Rettungspakets für die Branche. Es sei gut möglich, dass sich "alle Banken darauf verständigen, gemeinsam in einem großen Schritt" unter den Schutz des Rettungsschirms im Volumen von fast 500 Milliarden Euro zu treten, sagte ein nicht namentlich genannter Sparkassenfunktionär dem Focus laut Vorabbericht vom Samstag. Diese Möglichkeit werde ab Montag verhandelt, und zwar für Privat- und Landesbanken.

Ein Rettungspaket von bis zu 500 Milliarden Euro steht für die Banken bereit. (Foto: Foto: dpa)

Der Vorteil dieser Lösung liege darin, dass nicht so leicht erkennbar wäre, welche Institute die Hilfe tatsächlich benötigen und welche nicht, sagte der Funktionär dem Magazin zufolge. Das Problem der angebotenen Hilfen sei, dass keine Bank als erste nach dem staatlichen Rettungsring greifen wolle.

Commerzbank-Chef Martin Blessing sagte der Bild-Zeitung vom Samstag, sein Institut wolle prüfen, ob es staatliche Garantien in Anspruch nehme. "Wir werden uns in Ruhe anschauen, wie das Paket genau aussieht und ob es für uns in Frage kommt. Ich glaube, es ist die Pflicht eines jeden Bankers, eine Teilnahme an dem Paket zu prüfen."

Gleichzeitig räumte der Chef von Deutschlands zweitgrößter Bank schwere Versäumnisse der Bankenbranche ein. "Die gesamte Bankenbranche trägt große Verantwortung an der Krise - auch ich als Chef der zweitgrößten Bank in Deutschland." Es sei schlimm, dass sich die Menschen in Deutschland Sorgen um ihr Geld machen müssten, sagte Blessing. "Da haben wir uns als Branche wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert."

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann bekräftigte in einem Interview mit der Bild am Sonntag laut Vorabbericht, sein Institut benötige kein Kapital vom Staat. Er sieht zugleich keinen Grund für eine Entschuldigung, wie sie Bundespräsident Horst Köhler wegen der Finanzkrise von den Banken gefordert hat. Die Deutsche Bank habe sich in der Krise relativ gut geschlagen, sagte Ackermann. Deshalb sehe er keine Veranlassung, künftig im Büßerhemd durchs Land zu ziehen.

Ackermann verteidigte auch die von seinem Institut mittelfristig angepeilte Rendite von 25 Prozent. Diese Marke sei nicht Ausdruck von Gier, sondern lediglich ein Beleg dafür, dass die Deutsche Bank möglichst erfolgreich sein und zu den besten Banken der Welt gehören wolle. Angesichts der Finanzkrise und des Wirtschaftsabschwungs räumte Ackermann jedoch ein: "In den nächsten Jahren erwarte ich daher geringere Renditen." Zuvor hatte Ackermann erklärt, wegen der Krise auf seinen Gehaltsbonus von mehreren Millionen Euro für dieses Jahr zu verzichten.

Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) wird nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa keine Mittel aus dem staatlichen Rettungspaket in Anspruch nehmen. "Uns geht es gut, wir brauchen es nicht", hieß es in Helaba-Kreisen. Allerdings könnte das staatliche Geld zu "massiven Wettbewerbsverzerrungen" führen.

Politiker wollen Manager stärker in die Pflicht nehmen

Führende SPD-Politiker forderten derweil, die Manager stärker in die Verantwortung zu ziehen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) sagte dem Focus, die Aufsichtsräte seien gesetzlich "verpflichtet, den Schaden für die Gesellschaft geltend zu machen, der durch die Pflichtverletzung des Vorstands entstanden ist".

Es dürfe nicht sein, dass Aufsichtsräte gegen Vorstände nicht vorgingen, weil sie selbst an einer kritischen Entscheidung mitgewirkt hätten, sagte Zypries. "Die Zeiten gegenseitiger Rücksichtnahme" sollten "definitiv vorbei sein".

Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) sprach sie für die Begrenzung von Managergehältern aus: "Banken, die staatliche Hilfen in Anspruch nehmen, müssen akzeptieren, dass die Exzesse bei den Gehältern zurückgefahren werden. Eine Obergrenze von 500.000 Euro für die Manager solcher Banken halte ich für angemessen", sagte Scholz dem Hamburger Abendblatt.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte die Bankmanager zu persönlichen finanziellen Opfern auf. In der Rheinischen Post stellte er dazu klar: "Es reicht nicht aus, dass Bank-Chefs ihre Boni, also Zusatzprämien, gönnerhaft abgeben. Das ist reine Symbolpolitik". Der Umweltminister bezog sich auf die Ankündigung von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, auf die Bonus-Prämie zu verzichten. "Ein glaubhafter Beitrag wäre es, wenn die Managerhaftung verschärft würde", sagte Gabriel.

Bundestag und Bundesrat stimmten am Freitag für ein staatliches Rettungspaket von bis zu 500 Milliarden Euro für den Bankensektor, das die Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise abschwächen soll.

© dpa/Reuters/AP/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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