Wandelanleihen:Wenn Geduld Rendite bringt

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Wandelanleihen wie des Solarunternehmens Solon und des Immobilienkonzerns IVG sind oft niedrig verzinst, bieten aber hohe Gewinne bei Rückzahlung - und das sogar steuerfrei

Martin Beier

Mit deutschen Anleihen sind derzeit im Schnitt kaum mehr als vier Prozent pro Jahr zu verdienen. Es sei denn, Anleger machen sich auf die Suche nach besonderen Papieren jenseits von Staatstiteln. Der Lohn dafür können mehr als doppelt so hohe Prozente sein, freilich nicht risikolos. Ein Beispiel hierfür bieten derzeit einige Wandelanleihen, die nur auf den ersten Blick recht unattraktiv erscheinen.

Solarfeld mit Solon-Zellen: Unattraktiv nur auf den ersten Blick. (Foto: Foto: dpa)

Etwa das Papier der Berliner Solon AG. Solon ist einer der großen Hersteller von Solarzellen mit Fabriken in Europa und den USA. Der Kurs der Anleihe ist innerhalb von neun Monaten von 100 auf 70 Prozent gefallen. Derartige Abstürze verzeichnen meist nur Titel unsicherer Schuldner. Solon dagegen wächst stark, hat fast eine Milliarde Euro Umsatz und fährt Gewinne ein.

Im Dezember 2007 waren die Solon-Strategen besonders clever: Sie gaben eine Anleihe über 200 Millionen Euro aus. Weil die Begeisterung für Solar-Aktien damals keine Grenzen zu kennen schien, gaben sich Anleger mit einer Verzinsung von 1,375 Prozent pro Jahr für diese Anleihe zufrieden. Zum Ausgleich für den Minizins wurde ihnen das Recht eingeräumt, bis November 2012 im Tausch für jeweils 1000 Euro Anleihe-Nennwert 10,5 Stück Solon-Aktien bekommen zu können. Der Umtauschkurs beträgt also rund 95 Euro. Das Papier ist eine sogenannte Wandelanleihe.

50 Prozent Gewinn - steuerfrei

Seither hat die Begeisterung für Solar-Aktien deutlich nachgelassen : Der Solon-Aktienkurs ist von mehr als 90 auf kaum mehr als 40 Euro abgesackt. Niemand wandelt unter diesen Umständen die Solon-Anleihe in Aktien. Deshalb ist der Kurs der Anleihe abgestürzt; so weit, bis sich das Papier auch ohne den vermeintlichen Umtauschanreiz rechnet. Wer jetzt kauft, bezahlt 700 Euro für 1000 Euro Nennwert. Jeweils zu Nikolaus gibt es dafür 13,75 Euro Zinsen. Umgerechnet auf den niedrigen Kaufkurs ist der Nikolaus-Zins weniger, als herkömmliche Sparbücher abwerfen.

Der besondere Reiz der Solon-Wandelanleihe liegt in der Rückzahlung. Die steht für den 6. Dezember 2012 an - und zwar nicht nur - wie sonst üblich - zu 100 Prozent, sondern zu 108,63 Prozent. Der erhöhte Rückzahlungskurs wird dann fällig, wenn die Solon-Aktie in vier Jahren nicht mindestens bei 95 Euro steht; wenn es sich für Gläubiger also nicht lohnt, die Anleihe in Aktien zu tauschen.

In kaum mehr als vier Jahren wachsen 700 Euro unter Umständen also nicht nur auf 1000 Euro an, sondern auf 1086,30 Euro; macht 50 Prozent Gewinn - und das steuerfrei. Die Rendite pro Jahr liegt damit weit über zehn Prozent. Die Gefahr, dass Solon Ende 2012 nicht zahlen kann, ist aus heutiger Sicht gering. Die AG verfügt derzeit über ein Eigenkapital von fast 400 Millionen Euro.

Lesen Sie im zweiten Teil, mit welcher weiteren Anleihe Anleger möglicherweise viel Geld verdienen können.

Sofern die Solon-Aktie in den nächsten Jahren wieder so steigt, dass sich die Wandlung der Anleihe lohnt, kann die Rendite der Anleihe noch weiter steigen; dann nämlich wenn der Aktienkurs über den Umtauschkurs hinaus steigt. Allerdings: Mit der Wandlung beginnt für das Finanzamt ein neues Anlagegeschäft. Dafür gelten dann die neuen Steuerregeln: Kursgewinne sind danach unter keinen Umständen mehr steuerfrei.

Noch dramatischer abgestürzt als die Solon-Anleihe ist die Wandelanleihe der IVG-Immobilien AG; nämlich zeitweilig auf kaum mehr als 50 Prozent. IVG-Chef Wolfhard Leichnitz und seinen Aufsichtsrat Frank Beelitz kann das nicht schocken: Beide haben zuletzt die nur mit 1,75 Prozent Jahreszins ausgestattete Anleihe gekauft. Sie zahlten jeweils etwa 55.000 Euro für den Mindestnennwert von 100.000 Euro, wie aus entsprechenden Adhoc-Meldungen hervorgeht.

Hintergrund des Kurssturzes sind schlechte Zahlen, die IVG momentan liefert, weil die Immobiliengeschäfte in England nicht mehr gut laufen und die Stimmung auch anderswo eingetrübt ist. Der Aktienkurs von IVG ist von mehr als 30 Euro auf fast nur noch zehn Euro gesunken. Die Wandlung der Anleihe in IVG-Aktien steht damit in den Sternen. Dafür müsste der Kurs bis zum Ende der Anleihe-Laufzeit am 29. März 2017 wieder auf mehr als 45 Euro steigen.

Schulden und wenig Kapital

Wer die Wandelanleihe heute kauft, muss gar nicht auf ein Comeback der Aktien hoffen: 1750 Euro Jahreszins bedeuten für den inzwischen auf knapp 60.000 Euro für 100.000 Euro Nennwert gestiegenen Einsatz eine laufende Verzinsung von knapp drei Prozent. Die Rückzahlung zu 100 Prozent bedeutet einen Kapitalgewinn von reichlich 60 Prozent binnen achteinhalb Jahren. Aufs Jahr gerechnet entspricht das allein einer Rendite von mehr als elf Prozent - steuerfrei.

Dass der Immobilien-Konzern am Ende womöglich nicht in der Lage ist, die 400 Millionen Euro für die Rückzahlung der Anleihe aufzubringen, erscheint momentan eher ein theoretisches Risiko: Das Unternehmen hat zwar fast sechs Milliarden Euro Schulden und zwei Milliarden Euro Eigenkapital. Der jüngste Verkauf des Geschäftszweiges Gas-Kavernen für 1,7 Milliarden Euro bringt aber bis Weihnachten und darüber hinaus eine wesentlich bessere Finanzlage.

© SZ vom 10.09.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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