Vorwürfe gegen die Post:Die Dax-Polizei greift durch

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Erstmals hat die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung eine Untersuchung gegen einen Dax-Konzern eingeleitet. Die Post soll 239 Millionen Euro falsch verbucht haben.

Martin Hesse und Daniela Kuhr

Lange war es still um die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR). Die sogenannte Bilanzpolizei hat seit ihrer Gründung im Jahr 2004 so wenig Aufsehen erregt, dass sie kaum jemand kennt. Doch das könnte sich jetzt ändern: Erstmals seit ihrem Bestehen hat die DPR bei einem Unternehmen aus dem Elite-Index Dax Mängel entdeckt. Das bestätigten mit dem Vorgang vertraute Kreise. Die Prüfer werfen dem Logistik-Konzern Deutsche Post vor, 239 Millionen Euro in den Jahren 2005 und 2006 falsch verbucht zu haben.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Post AG, Klaus Zumwinkel: Das Unternehmen ist ins Visier der Bilanzpolizei geraten. (Foto: Foto: dpa)

Im Kern geht es darum, dass die Post im Juli 2006 ihren Anteil an der Tochtergesellschaft Postbank über eine Wandelanleihe auf 50 Prozent plus eine Aktie gesenkt hat. Zwischen DPR und Post ist umstritten, wie das Unternehmen das Wandlungsrecht in den Jahren 2005 und 2006 bilanzieren hätte müssen. Die Prüfstelle ist der Ansicht: Hätte die Post korrekt nach dem internationalen Standard IAS bilanziert, wäre das Betriebsergebnis 2005 mit 3,43 Milliarden Euro deutlich niedriger ausgefallen als bislang ausgewiesen, 2006 dagegen mit 4,11 Milliarden Euro weitaus höher.

Die Post hatte ihre Art der Verbuchung offengelegt und verweist darauf, dass sich die Bilanzierung über die zwei Jahre betrachtet nicht auf die Erträge ausgewirkt habe. Die DPR ist aber der Ansicht, die von der Post vorgenommene Glättung der Erträge entspreche nicht den Rechnungslegungs-Grundsätzen. Die Bilanzpolizei hat jetzt den Fall an die Finanzaufsicht Bafin weitergeleitet. Beide Institutionen und auch die Post selbst äußerten sich am Freitag nicht zu dem Verfahren.

Auch Investoren erheben Vorwürfe

Sollte auch die Bafin zu dem Schluss kommen, dass die Post falsch bilanziert hat, hätte dies zunächst nur zur Konsequenz, dass der Konzern den Fehler als solchen offenlegen muss. Die Aufsicht hat aber keine Handhabe, korrigierte Geschäftsberichte einzufordern. Darauf könnten aber theoretisch die Wirtschaftsprüfer der Post drängen.

Die Prüfungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers hatte die Bilanzierung der Post allerdings nicht beanstandet. Investoren hatten der Post - unabhängig von den Vorwürfen der DPR - seit längerem vorgeworfen, im Vergleich zur Konkurrenz intransparent zu sein und mangelhaft mit den Kapitalmärkten zu kommunizieren. Dies galt als Grund, weshalb im September Finanzvorstand Edgar Ernst abberufen und durch John Allan ersetzt wurde.

Der Vorstoß gegen die Post ist zwar die bislang spektakulärste Untersuchung der DPR, aber bei weitem nicht ihre erste. Im vergangenen Jahr leitete die Prüfstelle 158 Prüfverfahren ein, davon 137 stichprobenartig, 19 erfolgten jeweils aus einem konkretem Anlass, zwei auf Verlangen der Bafin.

Zu den jüngsten Fällen, die für Schlagzeilen sorgten, zählte der angeschlagene Puppenhersteller Zapf Creation. Er korrigierte im Februar sein Ergebnis für das Jahr 2004 auf Geheiß der Bilanzpolizei um 1,2 Millionen Euro nach unten. Die Prüfer hatten mehrere Fehler und Verstöße gegen Rechnungslegungs-Vorschriften festgestellt.

© SZ vom 13.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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