Vorstoß des Erbprinzen Alois:Steuerhinterziehung könnte strafbar werden

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In der jüngsten Affäre um die Steueroase Liechtenstein zeigen sich erste Anzeichen politischer Konsequenzen. Das Staatsoberhaupt des Fürstentums, Erbprinz Alois, hat eine weit umfangreichere Rechtshilfe an das Ausland ins Gespräch gebracht als bisher.

Gerd Zitzelsberger

Eine entsprechende Reform würde ein Nachgeben vor deutschem Druck bedeuten, der nach der jüngsten Steuerhinterziehungsaffäre massiv zugenommen hatte.

Das Liechtensteiner Fürstenhaus liebt die etwas kleineren Medien: Sein vorletztes Interview gab Erbprinz Alois im Februar dem tschechischen Blatt Lidové novine, und das jüngste - zugleich das einzige seit der Steueraffäre - den Vorarlberger Nachrichten. Ob sich sein Land beim Thema internationale Rechtshilfe bewege, lautete eine der Fragen. Gegenwärtig gelten Rechtshilfe-Ersuchen an Liechtenstein meist als aussichtslos. Denn das Fürstentum leistet, wie international üblich, nur Rechtshilfe bei Tatbeständen, die auch im eigenen Land strafbar sind. Strafbar aber ist in Liechtenstein nur der Steuerbetrug, also das vorsätzliche Fälschen einer Steuererklärung, nicht aber die Hinterziehung, also etwa das Vergessen von Zinserträgen. Solche Hinterziehung, wie hoch sie auch sein mag, wird in Liechtenstein nur mit Geldbußen belegt, die allerdings - jedenfalls nach dem Buchstaben der Vorschriften - happig ausfallen können.

Regierung wiegelt ab

"Wir schließen nicht aus, dass sich Liechtenstein in dieser Frage bewegen könnte", antwortete Erbprinz Alois. Auf der Internetseite des Fürstenhauses wird das Interview noch markanter zusammengefasst: "Auch Steuerhinterziehung könnte Straftatbestand werden." Damit würde Liechtenstein de facto einen wesentlichen Teil seiner Sonderstellung gegenüber anderen Niedrigsteuer-Gebieten aufgeben. Die mangelnde Zusammenarbeit mit ausländischen Steuerverwaltungen ist einer der Hauptgründe dafür, dass die OECD, eine Dachorganisation der westlichen Industriestaaten, das Fürstentum auf die schwarze Liste der Steuerparadiese gesetzt hat. Auf dieser Liste stehen außer Liechtenstein derzeit nur noch Monaco und Andorra.

Die Liechtensteiner Regierung spielt den Vorstoß des Staatsoberhauptes herunter. Prinz Alois habe nur auf die ohnehin laufenden Gespräche über das sogenannte Betrugsabkommen verweisen wollen, sagte Regierungschef Otmar Hasler. Im Übrigen müsse Europa zunächst den Begriff des Betruges vereinheitlichen. Auch die Liechtensteinische Treuhändervereinigung, eine der einflussreichsten Organisationen des Zwergstaates, hofft, dass "es bei der Unterscheidung zwischen Hinterziehung und Betrug bleibt". Allerdings habe man sich vor zehn Jahren auch nicht vorstellen können, dass Liechtenstein jemals überhaupt Rechtshilfe leisten werde, sagte deren Geschäftsführerin.

In der Schweiz hat die Äußerung des Liechtensteiner Staatschefs Aufmerksamkeit erregt, weil er das Nachbarland mit ins Boot gezogen hat. "Wir sind eine direkte Demokratie, und unsere Bürger werden sicher auch schauen, wie die Diskussion in der Schweiz geführt wird. Dort gibt es eine ähnliche Rechtskultur wie bei uns", fügte Erbprinz Alois zum Thema Rechtshilfe hinzu. Auch die Schweiz gibt bei Steuerhinterziehung keine Auskünfte an ausländische Behörden. Das Thema dürfte in der kommenden Woche beim Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Bern eine wichtige Rolle spielen.

Die Schweiz hat im Zuge des geplanten Beitritts zum Schengen-Abkommen das Betrugsabkommen mit der EU bereits ratifiziert. Diese Vereinbarung läuft auf eine weit umfangreichere Rechtshilfe als bisher hinaus. "Nur wenn es um eine Privatperson geht, kann es sich noch um Hinterziehung handeln; wenn es um eine Firma geht, steht normalerweise immer der Betrugsverdacht im Raum", sagte ein Sprecher des Finanzministeriums zur künftigen Rechtspraxis.

© SZ vom 22.04.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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