Volksbegehren gegen Mobilfunk:Senkung der Grenzwerte

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Ob die Strahlen der Sendemasten für Mobilfunk krank machen oder nicht, ist heftig umstritten. Eins jedenfalls steht fest: Auf immer mehr Gebäuden auch in Wohngebieten ragen Antennen empor.

Von Angelika Hoch

Mit ihrem Volksbegehren "Gesundheitsvorsorge beim Mobilfunk" will die ödp erreichen, dass für alle Mobilfunksendemasten unabhängig von ihrer Höhe Genehmigungsverfahren eingeführt werden. Damit bekämen die Kommunen ein gesetzliches Mitbestimmungsrecht über die Standorte der Masten und könnten verhindern, dass diese beispielsweise in Wohngebieten oder in der Nähe von Kindergärten und Schulen errichtet werden

München: Mobilfunkstationen in Betrieb. (Foto: Grafik: Stadt München)

Außerdem will die ödp die Gesundheitsvorsorge im Landesentwicklungsplan verankern und fordert die Senkung der Grenzwerte für die von den Mobilfunkantennen ausgehende Strahlung. Das bayerische Innenministerium hatte das Volksbegehren am 28. April 2005 zugelassen und den 5. Juli als Starttag der vierzehntägigen Eintragungsfrist festgelegt. Das Begehren ist erfolgreich, wenn es von mindestens zehn Prozent der Stimmberechtigten unterstützt wird. Das sind etwa 916 000 Unterschriften. Bei Erfolg stimmt der Landtag über den geforderten Gesetzentwurf ab. Lehnt der Landtag ihn ab, wird per Volksentscheid über den Entwurf entschieden.

Ob die Strahlen der Sendemasten für Mobilfunk krank machen oder nicht, ist heftig umstritten. Eins jedenfalls steht fest: Auf immer mehr Gebäuden auch in Wohngebieten ragen Antennen empor. Ihre Zahl wird weiter steigen im Zusammenhang mit der flächendeckenden Einführung des aktuellen Mobilfunkstandards UMTS (Universal Mobile Telecommunications System). Ein Blick auf die Karte "Mobilfunkstationen in Betrieb" der Stadt München zeigt, dass Stadt und Umland allerorten mit Sendemasten versehen sind - und so manchem Hausbesitzer oder potentiellem Hauskäufer behagt dies gar nicht.

Andere Eigentümer dagegen nehmen gern die Einnahmen mit, die Mobilfunkbetreiber zahlen, wenn sie ein Hausdach als Antennenstandort nutzen dürfen. Denn bisher sind Mobilfunkmasten unter zehn Metern Höhe genehmigungsfrei. Die Netzbetreiber schließen mit dem Hauseigentümer einen Mietvertrag ab und zahlen für die Dachnutzung. Dass die Errichtung von Sendemasten so einfach zwischen privaten Vertragspartnern geregelt werden kann, will die ödp nun mit ihrem Volksbegehren "Gesundheitsvorsorge beim Mobilfunk" abschaffen.

Das Begehren hat eine große Bedeutung für die Hauseigentümer", sagt Ulrike Kirchhoff, Geschäftsführerin des Bayerischen Haus-, Wohnungs- und Grundbesitzerverbands. Denn die Mehrzahl der Eigentümer "will die Antennen in der Nachbarschaft nicht haben". Dies gelte ebenso für Mieter. "Auf jeden Fall gibt es Unfrieden" - meist dann, wenn ein Hausbesitzer die Antenne auf seinem Dach akzeptiert und der Nachbar sich gesundheitlich gefährdet sieht. Das Thema Mobilfunkantennen erhält immer mehr Bedeutung für Immobilienbesitzer - geht es doch schließlich um mögliche Wertminderung von Immobilien.

"Einen Bauplatz in der Nähe eines Hauses mit Antenne können Sie praktisch nicht mehr verkaufen", sagt Peter-Michael Schmalz, bei der ödp Koordinator für das Volksbegehren. Insbesondere Wohnimmobilien, die mit Antennen versehen sind oder in unmittelbarer Nachbarschaft von Sendestationen liegen, "sind im Wert drastisch gesunken". Ein direkter Blickkontakt zu einer Mobilfunkantenne speziell aus dem Schlaf- oder Kinderzimmerfenster mache eine Immobilie inzwischen unverkäuflich.

Ganz so weit geht Franz Daniel Schoeller zwar noch nicht. Doch auch der Münchner Sachverständige für die Wertermittlung von bebauten und unbebauten Grundstücken konstatierte bereits vor einem Jahr eine Tendenz zu Wertminderung von Immobilien speziell bei hochwertiger Wohnbebauung.

"Man sollte das Thema von seiner Bedeutung her nicht überschätzen", sagt Stephan Kippes, Geschäftsführer der Gesellschaft für Immobilienmarktforschung und Berufsbildung in München sowie Sprecher des RDM Bayern. Bei einem Immobilienkauf gebe es viele kaufentscheidende Gründe, und dabei sei eine Mobilfunkantenne ein Aspekt unter vielen anderen. Außer freilich, so räumt auch Kippes ein, "wenn man direkt auf eine schaut". Generell ärgert er sich allerdings beim umstrittenen Thema Mobilfunk über den Widerspruch zwischen Klagen über Gesundheitsgefahren durch Sendemasten und der massenhaften Handynutzung: "Jeder hat so ein Ding."

Sollte das ödp-Begehren erfolgreich sein, müssen jedenfalls auch unter zehn Meter hohe Antennen genehmigt werden. Weil das derzeit nicht so ist, sei die Stadt München bisher wenig mit diesem Problem befasst, berichtet Thorsten Vogel vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung München, denn "da haben wir sowieso keinen Einfluss".

Das Thema Mobilfunk insgesamt beschäftigt natürlich auch die Stadt bereits seit Jahren. München gehörte zu einer der ersten Städte mit einem Standortkataster für Sendestationen, und bereits seit 1999 ist die freiwillige Anzeige des Baubeginns gängige Praxis. Die im Internet abrufbare Karte zu Mobilfunkanlagen verfügt über eine Suchfunktion, mit der Interessierte feststellen können, ob, und wenn ja wo in ihrer Nachbarschaft Antennen installiert sind. Die seien in der realen Welt per Augenschein manchmal gar nicht erkennbar, moniert ödp-Koordinator Schmalz. Manche Antennen würden nachträglich kaschiert - "das ist eine linke Tour".

Ob die ödp solcherlei Touren künftig vermasseln kann, entscheidet sich demnächst. Der Hausbesitzerverband wolle das Begehren zwar nicht aktiv unterstützen, stehe aber positiv dazu, sagt Geschäftsführerin Kirchhoff. Allerdings dürfe es nicht dazu führen, dass die Grenzwerte zu hoch würden. In diesem Fall befürchtet der Verband vermehrte Klagen von Mietern auf Mietminderung, wenn die Strahlung bestehender Antennen die dann neu festgelegten Grenzwerte überschreitet.

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