Verhaltenskodex für Hedge-Fonds:Naive Sicht

Lesezeit: 2 min

Die Initiative der Bundesregierung zur Hedge-Fonds-Kontrolle steht vor dem Scheitern. Die Deutschen sollten ihre naive Sichtweise auf die oft als "Heuschrecken" bezeichneten Fonds aufgeben und mehr wirtschaftlichen Pragmatismus walten lassen.

Andreas Oldag

Die Initiative der Bundesregierung zur stärkeren Kontrolle der Hedge-Fonds steht vor dem Scheitern. Beim G-8-Gipfel der sieben Industriestaaten und Russland diese Woche in Heiligendamm werden sich die Regierungen allenfalls auf ein paar unverbindliche Floskeln über die Stabilität der Finanzmärkte einigen.

Das wird eine weitere Niederlage für die Bundesregierung, die schon damit zu kämpfen hat, beim Thema Klimaschutz einen Fortschritt zu erreichen. Finanzminister Peer Steinbrück hätte noch bis Ende des Jahres Zeit für einen Kompromiss. So lange hat Deutschland noch den Vorsitz der G 8. Doch eine Lösung liegt in weiter Ferne.

Amerikaner und Briten verweigern sich einem Verhaltenskodex für die spekulativen Fonds, die in Deutschland gern als Heuschrecken bezeichnet werden. Es war eine Mischung aus Naivität und deutscher Ehrpusseligkeit, dass Berlins Politiker annahmen, für diese Initiative Unterstützung in den Finanzzentren New Yorks und Londons zu finden.

Aus angelsächsischer Sicht sind mit dem Nein die Machtverhältnisse in der G-8-Gruppe zurechtgerückt worden. Die größte Volkswirtschaft der Welt lässt sich nicht derart in ihre Angelegenheiten hineinreden.

Zweifellos geht es dabei ums Geld. Die meisten der weltweit etwa 9000 Hedge-Fonds sind im angelsächsischen Raum angesiedelt. Diese Branche lockt junge, ehrgeizige Banker an, denen es in den eingefahrenen Strukturen der Banken zu langweilig ist.

Reflexhafte Kritik

Doch sie sind keine Zauberlehrlinge des Teufels, wie in Deutschland häufig unterstellt wird. Auch die Charakterisierung als gefräßige Insekten ruft in den USA und Großbritannien nur Kopfschütteln hervor.

Die Investoren von Kapitalbeteiligungs-Gesellschaften (Private Equity), sind bezeichnenderweise vor allem auch große Pensionsfonds von Gewerkschaften und Arbeitnehmern in den USA und Großbritannien. Diese Gesellschaften versprechen sich durch die unkonventionellen Anlagestrategien hohe Renditen.

Insofern geht die reflexhafte Kritik, dass ruchlose Spekulationsgeschäfte von Private-Equity-Firmen nur die Reichen noch reicher machen würde, an der Realität vorbei.

Die Globalisierung der Finanzmärkte hat sicherlich neue Risiken hervorgebracht. Fehlspekulationen von Finanzjongleuren, die per Mausklick viele Milliarden verschieben, können Dominoeffekte auslösen und sogar Währungen in den Abgrund reißen.

Man sollte aber nicht vergessen, dass Hedge-Fonds und Private-Equity-Gesellschaften auch neue Anlagemöglichkeiten geschaffen haben. Sie saugen vagabundierendes Kapital an den Finanzmärkten auf.

Aberwitzige Fusionen

So ist es gewiss im Sinne einer größeren Stabilität der Märkte, dass sich zum Beispiel China mit seinen gigantischen Dollarreserven jetzt an der US-Finanzfirma Blackstone beteiligt.

Deutschland würde mehr wirtschaftlicher Pragmatismus wie in den USA oder Großbritannien guttun. Es ist kein Zufall, dass dort die Debatte über die Hedge-Fonds sehr viel nüchterner geführt wird: Die Finanzfirmen nutzen die Schwächen kriselnder Unternehmen.

Oftmals sind ja in den vergangenen Jahren durch machthungrige Manager geradezu aberwitzige Fusionen eingefädelt worden. Jetzt zeigt sich wie bei DaimlerChrysler, dass dies ein Irrweg war. Die Konglomerate sind nicht überlebensfähig.

In der Zerstörung veralteter Firmenstrukturen liegt der Kern für kreativen Neuaufbau. Dieses Prinzip mag für deutsche Ohren allzu kapitalistisch klingen. Doch darin liegt genau der Nutzen von Hedge-Fonds und Private-Equity-Gesellschaften für die Marktwirtschaft.

Wie viel Kontrolle ist deshalb in der Finanzbranche notwendig? Die Vereinigten Staaten machen es vor: Die mächtige US-Börsenaufsicht SEC lässt der Finanzindustrie relativ große Freiheit. Doch im Falle von klaren Regel- und Gesetzesverstößen wie zum Beispiel beim Insiderhandel kennt die strenge Behörde kein Pardon.

An diesem Modell sollten sich die Europäer orientieren. Eine europaweite Finanzmarktaufsicht, die es bisher nicht gibt, wäre viel wichtiger als ein freiwilliger Verhaltenskodex, an den sich im Zweifelsfall ohnehin niemand hält.

© SZ vom 04.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: