Urteil gegen Vattenfall:Jammerverbot für Sparmuffel

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Nach dem BGH-Urteil könnte der Strom langfristig billiger werden. Aber was nützt das, wenn die Verbraucher nicht mal das Nötigste zu tun bereit sind, selbst ihre Stromrechnung zu minimieren. Ein Kommentar von Thorsten Denkler

Billiger! Das ist die wichtigste Botschaft, die aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes gegen den Stromriesen Vattenfall zu lesen ist. Der BGH hat den Konzern verdonnert, die Durchleitungsgebühren für sein Stromnetz zu senken, um bis zu 20 Prozent.

Langfristig könnte Strom durch das BGH-Urteil günstiger werden - doch der Verbraucher selbst kann seine Stromrechnung viel stärker beeinflussen. (Foto: Foto: ddp)

Ein Drittel des Strompreises für den Endkunden geht für solche Netzentgelte drauf. Selbst wenn kurzfristig keine großen Strompreissenkungen zu erwarten sind, können sich alle über das Urteil freuen. Alle, bis auf die Stromkonzerne.

Es gibt gute Gründe für das Urteil. Die vier großen Netzbetreiber in Deutschland, Vattenfall, Eon, EnBW und RWE, haben den Markt schön untereinander aufgeteilt. Mit überhöhten Netzentgelten halten sie sich kleine Wettbewerber vom Hals. Die könnten noch billiger sein, wenn die Netze nicht zufällig in der Hand ihrer größten Konkurrenten wären. Das BGH Urteil zwingt die Stromriesen wieder zurück auf den Boden des Gesetzes. Danach dürfen die Durchleitungsgebühren nur wenig höher sein als die Kosten des Netzbetriebes.

Alle jammern, keiner wechselt

Es lohnt sich nach solchen Urteilen immer weniger, die Netze weiter zu betreiben. Eon hat schon angekündigt, sein Netz zu verkaufen und sich allein auf die Stromproduktion zu konzentrieren. Ein richtiger Schritt. Noch besser wäre es, wenn die Staat wieder die Hoheit über die Netze erlangt. Auf einem Markt, der keiner ist, können profitorientierte private Monopolisten nur Schaden anrichten.

Der BGH hat sich mit seinem Urteil erneut auf die Seite der Verbraucher geschlagen - und das ist gut so. Seltsam aber bleibt, dass zwar alle über hohe Energiepreise jammern, aber auf den Gedanken, doch einfach den Stromanbieter zu wechseln, kommen immer noch die Wenigsten.

Nach einer jüngsten Studie sind gerade mal vier Prozent der Stromkunden fest entschlossen, bis Jahresfrist den Anbieter zu wechseln. Es scheint eine innere, beinahe familiäre Bindung zwischen Kunden und Konzernen zu geben. Die nennen sich ohnehin lieber "Versorger". Das klingt irgendwie einfühlsamer.

Verbraucher müssen Energie sparen

Es sei deutlich gesagt: Wer den Stromanbieter wechselt, geht nicht fremd. Und schlechter ist der Strom woanders auch nicht. Im Gegenteil: Manche Ökostromanbieter sind günstiger als die Standardtarife der Konzerne - obwohl darin der angeblich so billige Atomstrom enthalten ist.

Es ist so, als warteten die gebeutelten Verbraucher wie das Kaninchen vor der Schlange darauf, dass von irgendwo der Retter kommt. Sei es ein Richter oder der Gesetzgeber. Selbst um nix kümmern, andere machen lassen, lautet die Devise.

Dabei kann kaum einer die Höhe der eigenen Stromrechnung stärker beeinflussen als der Verbraucher selbst. Anbieterwechsel ist da nur eine Möglichkeit. Die andere ist der auf Energieeffizienz getrimmte Haushalt. Wer aber an der 100-Watt-Glühbirne festhält, obwohl Energiesparleuchten für die gleiche Helligkeit sorgen und nur 20 Watt verbrauchen, dem sollte ein umfassendes Jammerverbot auferlegt werden. Aber vielleicht sind die Energiepreise ja einfach noch nicht hoch genug.

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