Unwetter:Versicherer meiden Risikozonen

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Gegen Unwetter hilft nur eine "Elementarschadenpolice" - aber auch nicht überall.

Robert Jacobi

(SZ vom 13.08.2002) Am Tag nach der Flutwelle teilen sich die betroffenen Dörfer in Oberbayern oder Niederösterreich in eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: Der eine Hausbesitzer hat sich versichert und bekommt einen Teil der Schäden erstattet, der Nachbar aber hielt das nicht für nötig und bekommt nichts.

Ohne Zusatz kein Schutz

Die Hausratversicherung hilft nicht weiter. Elementarschadenpolice heißt das Produkt, das überflutete Keller und Hochwasserschäden am Mauerwerk abdeckt und vielen Hausbesitzern jetzt fehlt. Pro Jahr sind dafür, je nach Größe des Hauses, 50 bis deutlich über 300 Euro zu bezahlen. Bei Schäden muss der Versicherte selbst meist zehn Prozent übernehmen. Um Probleme bei der Abwicklung zu vermeiden, sollten die Versicherten den entstandenen Schaden fotografieren und so schnell wie möglich ihrer Versicherung melden.

Zonen ohne Versicherungsschutz

Das zunehmend unberechenbare Wetter hat dazu geführt, dass die Versicherungskonzerne den Schutz stark einschränken. Wer an einem Fluss wohnt, bekommt meist nur dann Geld, wenn das Wasser höher steigt als bei der letzten Flut. Anwohner in Risikozonen wie der Passauer Altstadt bekommen gar keinen Versicherungsschutz mehr.

Mindest-Sturmstärke

Sturmschäden deckt zwar die normale Gebäudeversicherung, allerdings nur ab Windstärke acht (62Kilometer/Stunde). Immerhin reicht bei Autos, die im Wasser stehen, eine Teilkaskoversicherung aus.

Kunden ohne Aufklärung

"Die Ideologie der Versicherer ist einfach", sagt Wolfgang Scholl vom Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin: "Das Risiko trägt der Kunde, die Versicherer nehmen den Gewinn." In vielen Fällen würden die Verbraucher "schlichtweg reingelegt" und merkten erst nach der Katastrophe, dass sie vergeblich Prämien gezahlt haben.

Steigende Preise

In Ländern wie Großbritannien müssten die Versicherer vor Vertragsabschluss klar sagen, welche Schäden sie nicht decken. Dennoch rät Scholl dazu, sich gegen Elementarschäden zu versichern: "Es bringt nichts, optimistisch zu sein, denn oft trifft es Gebiete, die lange als sicher galten." Die Prämien würden wohl steigen, weil die Versicherer in diesem Jahr mehrfach Millionenschäden zu bewältigen hatten.

Die Versicherungskonzerne weisen schon seit vielen Jahren darauf hin, dass die Klimaveränderung den Schutz deutlich erschwere. "Wir müssen lernen, uns vorausschauend auf die Klimazustände einzustellen", sagt Bruno Porro, der beim Zürcher Konzern Swiss Re für die Risikoanalyse zuständig ist. Die Verbraucher müssten stärker selbst vorsorgen und schnell reagieren können.

Aktienkurse fallen

Die Unwetterschäden in Europa führten am Montag sogar dazu, dass die längst gebeutelten Aktien der Versicherungskonzerne weiter fielen. "Wer verkaufen wollte, hatte einen zusätzlichen Vorwand", sagte Analyst Arne Jockusch vom Bankhaus Merck Finck&Co. Die Aktie der Münchener Rück verlor drei Prozent, die Allianz fast fünf Prozent. "Das erste Halbjahr war schon dramatisch", sagte ein Allianz-Sprecher.

Allein in Bayern habe sich die Summe der Hochwasserschäden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 34 Millionen Euro vervierfacht, obwohl nur rund ein Drittel der Haushalte eine Elementarschadenpolice abgeschlossen hat. Wer selbst für den Schaden aufkommen muss, kann Wasserschäden oft zumindest von der Steuer absetzen. Die Finanzämter geben dazu Auskunft.

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