Umweltschonendes Bauen:Öko rentiert sich

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Die Nachfrage nach Gebäuden mit Nachhaltigkeits-Siegel steigt. Doch die offenen Immobilienfonds zögern noch mit Investitionen.

Corinna Nohn

"Grüne Gebäude" - das bezieht sich weder auf den Anstrich der Fassade noch auf Efeuranken, die vielleicht einen Büroturm verschönern. Vielmehr geht es um ökologische, nachhaltige Bauten. Angesichts steigender Preise für Öl, Gas, Strom und Wasser erkennen zunehmend mehr Unternehmen, dass sich ökologisches Bewusstsein bei Immobilien rechnet.

Dieses Niedrigstenergiehaus wird getragen von einer Stahlskelett-Konstruktion, besteht aus Holz, Zellulose, Glas/Plexiglas und verzinktem Stahl. Anfallender Erdaushub wird für Dach und Wände genutzt. Regenwasser wird in einem Teich oder einer Brauchwasserzisterne gesammelt und wiederverwendet. Heizenergie liefert teilweise ein Solarabsorber auf dem Dach. Auf Holzschutz- und Konservierungsmittel wurde verzichtet. Als Dämmschutz wird Zellulose verwendet. (Foto: Foto: AP)

Zwei Drittel des Kohlendioxid-Ausstoßes von Gebäuden

Denn Gebäude sind die größten Umweltverschmutzer der Welt: Fast alles, was einem zum Thema Energieverbrauch einfällt, vom Heizen über Standby-Schalter am Computer bis hin zur Glühlampe, hat mit Immobilien zu tun. Hier verbrauchen die Menschen 40 Prozent aller genutzten Energie. In Städten sind Gebäude sogar für bis zu zwei Drittel des Kohlendioxid-Ausstoßes verantwortlich.

Als Vorreiter bei nachhaltigen Gebäuden gelten die USA, wo bereits viele Konzerne oder öffentliche Einrichtungen nur noch in Büros einziehen, die als "green buildung", also grüne Häuser, zertifiziert sind. Auch in Deutschland wächst die Nachfrage nach Bauten mit Öko-Qualität, auch deshalb, weil zum 1. Januar 2009 der Energiepass für Gewerbeimmobilien Pflicht wird. Darauf müssen sich die Vermieter einstellen - allen voran die offenen Immobilienfonds, die hierzulande zu den größten Vermietern von Büros gehören.

Doch Sonja Knorr, Analystin für offene Immobilienfonds bei der Ratingagentur Scope, sagt: "Bei vielen Fonds gilt: Schön, wenn man energiesparende oder zertifizierte Gebäude im Portfolio hat. Die Immobilien werden aber nicht gezielt danach ausgewählt." Noch überwiegten rein wirtschaftliche Interessen die ökologischen Kriterien: "Wenn sich die ökologischen Aspekte messen lassen, zum Beispiel in geringeren Heizkosten, oder wenn eventuell Folgekosten drohen, weil gesetzlich festgelegte Energiestandards nicht eingehalten werden, dann zählt das als Argument." In Deutschland hat sich bislang hauptsächlich der Anbieter Union Investment, der insgesamt drei offene Immobilienfonds für Privatanleger betreibt, mit grünen Gebäuden im Portfolio hervorgetan.

Grüne Gebäude bedeuten Imagegewinn für Unternehmen

Dabei wollen einer Umfrage des Beratungsunternehmens Jones Lang Lasalle zufolge künftig mehr als 40 Prozent der Unternehmen in Deutschland bei der Suche nach Büros oder anderen Gebäuden verstärkt auf den Klimaschutz achten. Bislang spielte dieser Aspekt eine untergeordnete Rolle. Bestimmt lassen sich nicht alle Vorzüge grüner Gebäude - zum Beispiel der Imagegewinn für das mietende Unternehmen - in wirtschaftlichen Kennzahlen messen. Fest steht, dass sie geringere Nebenkosten verursachen und zu einem höheren Preis wiederverkauft werden können.

Eine Studie der Deutsche-Bank-Tochter RREEF Alternative Investments, die das Immobilienmanagement des Konzerns verantwortet, zeigt auch, dass Gebäude mit einem "grünen" Zertifikat und sehr guten Ratingnoten um bis zu 50 Prozent höhere Mieten ermöglichen. Außerdem können sie erheblich schneller neu vermietet werden und stehen weniger lang leer als Immobilien ohne Label. Das sollte die Manager offener Immobilienfonds interessieren, die ja Gewerbeimmobilien vermieten und eventuell weiter veräußern.

Doch bei "grünen Gebäuden" geht es um mehr als eine neue Heizanlage oder Sparspülungen in den Toilettenräumen. So zeichnet zum Beispiel das populäre amerikanische Siegel "Leadership in Energy and Environmental Design" (Leed) einen vorbildlichen Gebäudestandard in Bezug auf Energieverbrauch und umwelttechnisches Design aus. Was das heißt, lässt sich bei der Deutschen Bank beobachten, die bei der Sanierung ihrer beiden Frankfurter Bürotürme das Leed-Siegel in Platin anstrebt:

Da wird künftig das Regenwasser gesammelt und wiederaufbereitet, die Abbruchmaterialien werden recycelt und zu 98 Prozent wieder genutzt. Schließlich soll ein spezielles Lichtsteuerungssystem das Raumklima und so die Arbeitsatmosphäre verbessern - je zufriedener die Mitarbeiter, desto produktiver sind sie wohl auch.

Grüne Label kommen

Deutschland springt nur zögerlich auf den Trend der Zertifizierung auf - im Gegensatz zu den USA, wo sich Vermieter und auch Fonds entsprechend in Position bringen. So hält beispielsweise die Fondsgesellschaft Kanam, die unter anderem einen reinen offenen USA-Immobilienfonds vertreibt, bereits eine Reihe von zertifizierten Gebäuden im Bestand.

Scope-Analysten Knorr ist überzeugt, dass auch in Deutschland der Trend zur Zertifizierung geht und die Immobilienfonds hier Nachholbedarf haben: "Auf längere Sicht werden sich zertifizierte Gebäude sicherlich zu einem wichtigen Vertriebsargument entwickeln - nicht nur gegenüber den Mietern oder Käufern, sondern auch gegenüber den Anlegern." Dabei soll auch ein neues einheimisches Ratingsystem helfen. Die im vergangenen Jahr gegründete Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) möchte ein entsprechendes Siegel am Markt etablieren.

Umweltfreundliches Bauen verursacht keine höheren Kosten

Noch aber ist es nicht so weit: "Die meisten Mieter in Deutschland sind noch nicht bereit, für höhere Baukosten grüner Gebäude aufzukommen oder die höheren Mieten zu zahlen", sagt Scope-Expertin Knorr. Andere Fachleute führen hingegen an, dass umweltfreundliche Bauten gar keine höheren Baukosten verursachten - zumindest nicht im Bereich der mittleren oder gehobenen Qualität, wie sie in Deutschland üblich sei.

© SZ vom 28.8.2008/lado - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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