Übernahmen auf Pump werden schwerer:Schwere Zeiten für Firmenkäufer

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Weil den Investoren im Zuge der US-Immobilienkrise der Hunger auf riskante Kredite vergangen ist, stockt das Geschäft mit Übernahmen auf Pump.

Martin Hesse

So hatten sich Daimler und Cerberus das nicht vorgestellt, als sie vor ein paar Monaten ihren spektakulären Coup vorstellten.

Der Verkauf des amerikanischen Autoherstellers Chrysler an den Finanzinvestoren Cerberus wird für den alten und den neuen Eigentümer ein schlechteres Geschäft als ursprünglich geplant. Und auch die Banken verdienen daran nicht so gut, wie einst erhofft.

Angesichts der Turbulenzen an den Kreditmärkten schreckten Investoren davor zurück, sich an der Finanzierung des Kaufs zu beteiligen. Deshalb schoss Daimler eine Kreditlinie, von 1,5 Milliarden Dollar nach, Cerberus stellt selbst 500 Millionen an Krediten zur Verfügung und die Banken bleiben auf zehn Milliarden Dollar an Krediten sitzen, die sie eigentlich an Anleger durchreichen wollten.

Fall Chrysler exemplarisch

Der Fall Chrysler zeigt, welche Folgen die Kreditkrise, die am amerikanischen Immobilienmarkt begann, auf Übernahmen und ihre Finanzierung hat.

Vor allem Finanzinvestoren wie KKR, Cerberus und Blackstone sind betroffen, da sie ihre Firmenkäufe meist zu mehr als 70 Prozent mit Schulden finanzieren, die sie anschließend auf die gekauften Unternehmen übertragen.

Gehebelte Übernahmen, Leveraged Buyouts (LBOs), heißen die Übernahmen auf Pump in der Investmentbranche. Nach Daten des Informationsdienstleisters Dealogic stapeln sich bei den Banken weltweit Kreditpakete von 470 Milliarden Dollar, die sie für Übernahmen geschnürt haben. Das Gros davon für Firmenkäufe durch Beteiligungsgesellschaften.

In der Regel packen die Banken die großen Pakete in viele kleine Päckchen um und reichen sie an Investoren weiter. Doch die lange Zeit so risikofreudigen Kreditkäufer - Hedge-Fonds, Spezialinvestoren oder wiederum Banken - haben die Freude an den Schuldenpäckchen verloren.

Zahlungsausfälle möglich

Sie fürchten, die Firmen, die letztlich die Kredite bedienen und zurückzahlen müssen, könnten in einem Abschwung dazu nicht in der Lage sein. Zahlungsausfälle oder zumindest ein Wertverlust der Kredite wären die Folge.

Besonders heftig trifft der Stimmungsumschwung den amerikanischen Finanzinvestor KKR. Keine andere Beteiligungsgesellschaft hat in diesem Jahr so viel Geld für Übernahmen ausgegeben.

Am vergangenen Freitag scheiterte zum zweiten Mal der Versuch eines von der Deutschen Bank angeführten Konsortiums, Milliardenkredite für den Kauf der britischen Drogeriekette Alliance Boots durch KKR an Investoren zu syndizieren.

Damit sitzen die Deutsche Bank und ihre Partner Barclays, Citigroup und Royal Bank of Scotland allein aus dieser Übernahme auf Krediten im Volumen von mehr als 16 Milliarden Dollar.

Schwierigkeiten mit der Finanzierung soll es auch bei der Übernahme des US-Energiekonzerns TXU geben, die ebenfalls von KKR angeführt wurde. Dagegen schlossen KKR und Permira die Übernahme der Sendergruppe SBS mit Pro7Sat1 gerade noch erfolgreich ab, bevor sich die Krise verschärfte.

Experten rechnen jedoch nicht damit, dass nun reihenweise Übernahmen platzen, vielmehr werden Käufer und Banken, wie bei Chrysler, neue Konditionen aushandeln.

"Die Banken haben den Hebel deutlich heruntergefahren", sagt Gerd Bieding, Geschäftsführer von Close Brothers, einer auf mittelständische Finanzierungen spezialisierten Investmentbank.

Gewährten Banken vor kurzem oft noch mehr als das siebenfache des Unternehmensgewinns an Krediten, liege diese Kennzahl jetzt wieder näher bei fünf. Die Beteiligungsgesellschaften müssten außerdem Zugeständnisse bei den Konditionen machen.

Höhere Zinsen

Eine Zeit lang war es bei Firmenkäufen üblich, dass Finanzinvestoren Kredite bekamen, ohne dass die gekauften Unternehmen bestimmte Auflagen (covenants) erfüllen mussten. Das können sie nun nicht mehr durchsetzen, zudem müssen die Schuldner höhere Zinsen bieten.

Investoren und Banken sind wählerischer geworden. "Statt neue Übernahmen zu finanzieren, kaufen Banken jetzt lieber alte Übernahmekredite auf, die am Sekundärmarkt mit Preisabschlägen gehandelt werden", sagt Bieding. 15 Prozent Abschlag sind da schonmal drin, berichten Investmentbanker aus London.

Der Übernahmeboom der vergangenen Monate dürfte damit zuende gehen, wenn das Geschäft auch nicht völlig zum erliegen kommt.

"Es wird zu einem gewissen Stau in der Finanzierung großer LBOs kommen", sagt Thomas Kubr, Chef des Private-Equity-Dachfonds Capital Dynamics. Im Mittelstand gehe dagegen die Übernahmeaktivität noch nicht erkennbar zurück, sagt Bieding.

© SZ vom 07.08.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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