Strom und Gas:Drum prüfe, wer Verträge wechselt

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Strom und Gas werden von einigen Firmen nun billiger angeboten - doch nicht alle Offerten sind für Kunden wirklich von Vorteil.

Hans-Willy Bein

Der Druck auf die Energiekonzerne wächst. EU-Kommission, Bundesregierung und Verbraucherorganisationen verlangen, dass die Kunden von den zahllosen Vorschriften zur Liberalisierung des Energiemarktes profitieren, und dass Strom und Gas endlich preiswerter werden.

Entflammt sind noch wenig Kunden für neue Billig-Angebote auf dem Gasmarkt. (Foto: Foto: Pixelio)

Spätestens seit die Enteignung der Stromnetze und Gasleitungen ernsthaft diskutiert wird, sehen sich die Firmen zum Handeln gezwungen. Und so kommen Konzerne Eon und RWE endlich aus der Deckung und bieten Strom und Gas zu Discount-Preisen an. Der Frankfurter Regionalversorger Mainova macht in Bonn den örtlichen Stadtwerken Konkurrenz beim Gas.

Doch wie ein internes Protokoll des Bundesverbands der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft zeigt, treibt der Wettbewerb auch seltsame Blüten: Ein vermeintlich klares Angebot präsentiert die Eon-Tochter "E wie Einfach Strom & Gas" seit zwei Monaten den Kunden.

Den Standardtarif des örtlichen Versorgers, den sogenannten Grundversorgungstarif, will der Billiganbieter beim Strom um jeweils einen Cent und beim Gas um 0,24 Cent je Kilowattstunde unterbieten.

"U" wie "Unlust, zu wechseln"

Gezielt und mit erheblichem Werbeaufwand pickte sich der Discounter wichtige Märkte wie etwa Bochum heraus: Zunächst beglückte "E wie Einfach" dort viele der 195.000 Bochumer Haushalte mit einem Brief, in dem die Vorzüge des eigenen Angebots unterbreitet werden. Dann wurden alle verfügbaren Werbegroßflächen mit E-wie-Einfach-Sprüchen zugepflastert und schließlich tagelang Werbetruppen mit Smart-Automobilen auf Kundenfang geschickt.

Doch der Werberummel brachte wenig: Nur ganze 30 Strom- und 36 Gaskunden sind bislang an die Eon-Tochter "E wie Einfach" gewechselt. Auch in Leipzig blieb das Angebot relativ folgenlos: "Um die 100" der insgesamt 40.000 Kunden wechselten den Anbieter.

Der Grund: In Bochum wie in Leipzig bieten die örtlichen Stadtwerke ihren Kunden längst eigene Sondertarife an, die deutlich unter den von Eon unterbotenen Standardtarifen liegen. So verspüren nur wenige Kunden tatsächlich Lust zum Wechsel. Immerhin hat "E wie Einfach" nach eigenen Angaben seit dem Start zum 1. Februar bundesweit mehr als 20 000 Kunden gewonnen, vorzugsweise in Norddeutschland. Dort ist Eon aber bisher schon stark vertreten.

500 Gaskunden konnte der Versorger Mainova den Stadtwerken in Bonn abnehmen, doch das erwies sich als Flop. Den Kunden wird bei einer Vertragsbindung von einem Jahr ein Festpreis geboten.

Da die Gaspreise zum 1. Januar und 1. April aber gesunken sind und zum 1. Juli eine weitere Preissenkung ansteht, stellen sich die Haushalte besser, die ihren Versorger nicht gewechselt haben. Wechsler haben das Nachsehen.

Der Fall Gelsenwasser

Einen Festpreis bieten auch die Stadtwerke Leipzig an. Aber trotz der Preisbindung kommen dessen Abnehmer in den Genuss der gesenkten Gaspreise zum 1. April.

Die Stadtwerke wollen "diese treuen Kunden trotz Fixpreis nicht von der positiven Preisentwicklung ausschließen", sagt Stadtwerke-Chef Wolfgang Wille.

Dass der Festpreis die Kunden nicht immer besserstellt, zeigt das Beispiel Gelsenkirchen: Einen Festpreis bietet die Gelsenwasser AG ihren Gaskunden schon seit 2001 an. 14 Prozent der Abnehmer nutzen ihn.

Doch als sich Öl und Gas drastisch verteuerten, ergaben sich nur geringe Einsparungen von vielleicht 40 Euro im Jahr. Seitdem die Gaspreise auf Talfahrt gegangen sind, stehen normale Haushaltskunden sogar besser da als Verbraucher mit Festpreis.

Gelsenwasser selbst erwartet Druck von Kunden mit Festpreis. Wird er groß genug, muss sich der Konzern nach eigener Einschätzung diesem Zwang beugen.

Die Gaspreise sinken, während Strom für die Verbraucher mancherorts eher teurer wird. So wollen etwa die Stadtwerke Düsseldorf ihre bereits vor Monaten gemachte Ankündigung realisieren, und die Strompreise zum 1. Juli anheben.

Das ist unkompliziert, denn zur Jahresmitte läuft die staatliche Preisaufsicht für die Haushaltstarife aus. Düsseldorf hatte anders als viele andere Versorger zum Jahresbeginn die Preise nicht erhöht.

© SZ vom 5.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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