Streit um Hypo Real Estate:Viel Lärm um Nichts

Lesezeit: 2 min

Wird das "große schwarze Loch" verstaatlicht? Oder lässt die Regierung die Hypo Real Estate pleite gehen? Die Debatte um die schwer angeschlagene Immobilienbank wird immer hitziger.

Das geplante Gesetz für eine Verstaatlichung von Banken soll nach Angaben aus Koalitionskreisen stärker befristet werden als bisher vorgesehen. Damit würde es praktisch ausschließlich auf die angeschlagene Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) zugeschnitten.

Die Zukunft des Immobilienfinanzierers HRE ist unklar. Die Politik streitet über Extremlösungen. (Foto: Foto: dpa)

Vorgesehen sei, eine Enteignung nur bis zum 31. Oktober oder sogar lediglich bis Ende Juni zu ermöglichen, erfuhr Reuters am Samstag aus den Kreisen. "Der Grund dafür ist, dass die große Koalition damit dokumentieren will, dass es hier nur um ein Institut geht, auch wenn man für eine Bank allein kein solches Gesetz machen darf", sagte ein mit den Beratungen vertrauter Politiker.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) stieß indes mit seiner Idee, die schwer angeschlagene HRE notfalls insolvent gehen zu lassen, auf Empörung bei der FDP.

"Ich weiß nicht, woher Herr Oettinger die Weisheit nimmt, das zu behaupten", sagte Otto Fricke, Vorsitzender des Haushaltsausschusses im Bundestag, am Freitag dem Handelsblatt. Oettinger hatte erklärt, bei einer Pleite der HRE könne den in Deutschland betroffenen Banken zielgenauer und möglicherweise auch kostengünstiger geholfen werden als durch eine Verstaatlichung dieser Bank.

"Ich wäre da vorsichtiger", warnte Fricke. "Auch bei der US-Investmentbank Lehman Brothers handelte es sich 'nur' um eine mittelgroße amerikanische Bank, die aber bei anderen Finanzinstituten einen vielfachen Schaden hinterlassen hat".

Dagegen sagte die Vize-Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Christine Scheel: "Man sollte keine Lösungsvarianten ausschließen." Wenn die Bundesregierung jetzt Fehler mache, habe dies Auswirkungen auf das gesamte Bankengefüge, warnte sie. Dennoch sei irgendwann der Punkt erreicht, wo eine Entscheidung getroffen werden müsse.

"Das Finanzministerium muss dem geheim tagenden Finanzmarktgremium im Bundestag seine Prüfvarianten für die HRE zügig vorlegen", forderte sie. Das Parlament müsse in den Entscheidungsprozess eingebunden werden.

Der CDU-Wirtschaftsexperte Laurenz Meyer zieht eine staatliche Übernahme der schwer angeschlagenen Münchner Immobilienbank in Erwägung. Eine einvernehmliche Lösung mit den bisherigen Anteilseignern habe zwar eindeutig Vorrang vor einer Enteignung, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Union im Bundestag in einem am Samstag vorab veröffentlichten Interview der Zeitschrift Super Illu.

Sollten die Verhandlungen jedoch scheitern, "müssen wir allerdings gerüstet sein und gesetzliche Grundlagen für eine Übernahme durch den Staat schaffen". Eine staatliche Übernahme würde helfen, die Finanzierungsprobleme der HRE zu lösen, "weil angesichts der immer noch gestörten Lage auf den Finanzmärkten derzeit nur der Staat in der Lage ist, sich problemlos und zu vernünftigen Konditionen zu finanzieren", sagte Meyer.

Der neue Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg warnte vor einer Enteignung der HRE. Dies sei "die härteste Option, zu der ein Staat greifen kann. Ich würde gerne ganz darauf verzichten", sagte der CSU-Politiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Samstag.

Die Bundesregierung bereitet die Enteignung der Aktionäre der HRE vor. Das dafür notwendige Gesetz will das Kabinett nach Angaben eines Regierungssprechers schon nächste Woche auf den Weg bringen. Parallel soll aber mit dem US-Investor J.C. Flowers, der knapp 24 Prozent an der HRE kontrolliert, über einen freiwilligen Verkauf seiner Anteile verhandelt werden.

Eine erste Gesprächsrunde am Donnerstag brachte noch keinen Durchbruch. Ende März soll eine außerordentliche Hauptversammlung die Zukunft der HRE klären. Das Institut musste vom Staat und anderen Banken bereits mit 102 Milliarden Euro gestützt werden und hat möglicherweise weiteren Kapitalbedarf.

© sueddeutsche.de/Reuters/ddp-bay/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: