Straßen in München:Ohlmüllerstraße

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Obwohl nur eine Brücke die Ohlmüllerstraße vom Gärtnerplatzviertel trennt, ist sie völlig anders. Weniger spektakulär. Gelegentlich schwappt aber ein bisschen Szene aus dem wilderen Stadtteil herüber.

Dominik Hutter

Ob der Blumenstrauß daheim gut ankommt? Da holt man im Zweifelsfall lieber weitere Meinungen ein - und das geht am besten bei Franco, am großen Espresso-und-Cappuccino-Tisch im italienischen Feinkostladen. Wo man stets irgendwelche Mitbewohner dieser Straße trifft, die natürlich alle soeben aus dem Italien-Urlaub heimgekehrt sind oder einen solchen alsbald planen. Ein paar prüfende Blicke - dann wird der Strauß für gut befunden.

Vorstadt statt Großstadt

Aufatmen. Heimweg. So läuft's in der Ohlmüllerstraße. 15 Minuten Fußweg zum Marienplatz - und trotzdem Vorstadt. Man trifft mal eben auf Udo Wachtveitl, der um die Ecke wohnt, und kauft seine Zeitungen bei Bayern-Ex Katsche Schwarzenbeck. Schaut zu, wie die Kneipen-Hunde ein auf dem Bürgersteig bereitgestelltes Gefäß leerschlabbern. Und entrüstet sich, dass dieses ursprünglich zu einem Gemüsehobel gehörende Behältnis derart entweiht wurde. Schließlich stammt es aus dem Haushalts-Sortiment der Dult und gehört damit zur hochverehrten Pflichtausstattung aller Auer Haushalte.

Nebenbei gibt es dann noch Vorne- und Hinten-Einkäufer. Was eine nicht ganz wertfreie Unterscheidung ist zwischen denen, die lieber in den kleinen Läden nahe der Reichenbachbrücke einkehren und denen, die sich hinten am Mariahilfplatz im Supermarkt versorgen. Wobei diese Einteilung natürlich Unschärfen hat und vor allem nur im Lebensmittelbereich gilt.

Entspanntes Geschäftsleben

Auer Geschäftsleben: eine Brücke vom Gärtnerplatzviertel entfernt und trotzdem völlig anders. Weniger spektakulär. Entspannt. Gelegentlich schwappt ein bisschen Szene aus wilderen Stadtteilen herüber in diese Straße, die ihren Namen vom Baumeister der Mariahilfkirche hat.

Seit einiger Zeit haben sich eine Galerie und ein Café mit dem netten Namen "1, 2, 3 - Pause" über die Isar gewagt. Und unter den Etwas-Besser-Verdienern spricht es sich allmählich herum, dass man in den Altbaustraßen der südlichen Au gut leben kann. In Isarnähe. Wobei die Isar keineswegs das einzige Gewässer ist, das mit der Ohlmüllerstraße in Verbindung steht.

Im Grunde hat der Straßenzug, den viele Autofahrer nur als Transfer zwischen Fraunhoferstraße und Nockherberg kennen, eine Art Insel-Lage. Der Auer Mühlbach und die ihn querende Brücke markieren ebenso klar das östliche Ende der Ohlmüllerstraße wie es die die Isar überspannende Reichenbachbrücke im Westen tut. Au eben. Diesmal geografisch gesehen.

Starkbier, Dult, Dult und Dult

Veranstaltungstechnisch wird die Ohlmüllerstraße von genau vier Großereignissen pro Jahr geprägt: Starkbier, Dult, Dult und Dult. Für beide ist die mit einer Tramverbindung gesegnete Straße der Hauptzugang, dem man diese Funktion auch ansieht. Im Positiven wie im Negativen. Um Letzteres gleich wegzulassen: Hunderte von Leuten auf den Bürgersteigen, durch die Luft weht der Geruch von Steckerlfisch und gebrannten Mandeln.

Zur Dult muss man wohl kaum etwas sagen - aus der Ohlmüller-Perspektive läuft das Ganze aber noch einen Tick unmittelbarer ab. Man kann mittags zum Schweinswürstel-Essen auf den Mariahilfplatz gehen, Fischsemmeln zum Mitnehmen erwerben - und dass man bei der Anschaffung von Salatschleudern, Rouladennadeln, Bratenthermometern, Spargeltöpfen und anderen Lebens-Notwendigkeiten die nächste Dult abwartet, ist einfach Ehrensache. Wann das nächste Mal verkauft und geramscht wird, merkt man als Auer rechtzeitig: etwa zwei Wochen, nachdem das am Mariahilfplatz geparkte Auto woanders hin musste.

So viel zur Orientierung in der Ohlmüllerstraße. Die übrigens auch in moralischer Hinsicht einwandfrei funktioniert: Der Blumenstrauß-Käufer bekam im Feinkostladen eine Rüge mit auf den Weg. Denn der Hochzeitstag - der war doch schon gestern.

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