Straßen in München:Luisenstraße

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Mit Lenbachhaus und Königsplatz ist die Luisenstraße bekannt, aber das Beste hebt sie sich für den Schluss auf.

Stefan Siegfried

"Bahnhof?" Ein Fragezeichen formt sich auf dem Gesicht des italienischen Busfahrers. Direkt da vor uns! "Grazie!" Der Mann mit der schwarzen Sonnenbrille kurbelt das Fenster hoch und lenkt den Bus nach links.

Im Alten Nördlichen Friedhof macht es gar nichts, wenn Schwabinger zwischen Gräbern ihre Sonnenliege ausklappen. (Foto: Foto: sueddeutsche.de)

Von vorne taucht ein rüstiger Mittsiebziger auf: "Excuse me, do you speak, ähh...deutsch?" Bestimmt ein pensionierter Lehrer, der zur Alten Pinakothek will.

Auf der Straße rollt ein Tross Leihfahrräder mit amerikanischen Touristen vorbei. An diesem strahlend blauen Sonntagmorgen im September sind es vor allem Touristen, die auf der Luisenstraße unterwegs sind. Ihre Ziele sind der Königsplatz, das Lenbachhaus oder die Pinakotheken.

Vom Bahnhofsvorplatz aus führt die Luisenstraße sie direkt zu den mächtigen Propyläen auf dem Königsplatz, von dort weiter in die Maxvorstadt, quert die Theresienstraße und die Schellingstraße, bevor sie kurz vor dem Alten Nördlichen Friedhof die Führung an die Tengstraße abgibt, die ihrerseits in Schwabing verschwindet.

Wochentags wird die Straße, die ihren Namen Herzogin Luise (1808-1892) verdankt, mit ihren vielen Schulen und Universitätsinstituten von studentischem Leben bestimmt.

In dem Abschnitt zwischen Hauptbahnhof und Königsplatz sind es vor allem die öffentlichen Gebäude, die das Straßenbild prägen. Luisengymnasium, Technische Universität - es gibt so viele öffentliche Einrichtungen, dass sich manch einer fragen mag, ob hier überhaupt jemand wohnt.

Die Luisenstraße trägt aber auch lebendige Züge. Ab der Kreuzung Gabelsbergerstraße verweisen Zeichenmärkte, Copy-Shops und Fachbuchhandlungen, in deren Schaufenstern Bücher mit Titeln wie "Massivbrücken - ganzheitlich betrachtet" oder "Handbuch der Gebäudetechnik" angepriesen werden, darauf, dass wir uns mitten im Univiertel befinden.

Hier reihen sich meist schmucklose, sechsstöckige Mietshäuser aneinander. Wer hier wohnt, muss die wenig ansehnliche Rückfassade der Technischen Universität ertragen. Im Sommer kann der Luisensträßler am Abend ein bisschen Tourist spielen und auf den Treppen der Glyptothek ein Sonnenbad nehmen. Und er erfreut sich an den vielen Veranstaltungen, den Open-Air-Kino-Abenden oder den Freiluftkonzerten auf dem Königsplatz - oder leidet darunter. Je nachdem, ob abends vor der Haustür Die Fantastischen Vier oder Eros Ramazotti auftreten, lässt er seine Fenster offen oder verbarrikadiert sie.

In der dicht besiedelten Maxvorstadt besticht die Luisenstraße mit viel Grün. An ihrem Ende liegt ein wahres Refugium vor dem Lärm und der Hektik der Stadt. Von einer hohen Backsteinmauer umgeben, nutzen die Maxvorstädter den Alten Nördlichen Friedhof als Park. Zwischen den überwucherten Gräbern, von denen viele ohne Grabstein sind, spielen Kinder, Erwachsene lesen, joggen, picknicken - oder halten ein Schwätzchen auf einer Parkbank.

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