Stille Gesellschafter:Eine Tapete fürs Leben

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Nichts ist trübsinniger als einsam vor dem vollen Teller zu sitzen. Schluss damit: Diesen Mann kann sich der Single lebensgroß an die Wand kleben. Natürlich gibt es auch Motive mit Frauen drauf.

Mit einer ungewöhnlichen Wanddekoration wollen zwei junge Innenarchitektinnen Singles vor dem Alleinsein retten: Angelehnt an die in den 70er Jahren angesagte Fototapete haben Andrea Baum und Susanne Schmidt die "Single-Tapete" erfunden. Darauf sind in Lebensgröße abgebildete Menschen zu sehen, die etwa eine Tasse Kaffe trinken, Spaghetti essen, ein Buch lesen oder einfach vor dem Fernseher sitzen.

Ein Mann, der zuhören kann und keine Widerworte hat: "Adrian" braucht nur 3 mal 2,33 Meter Platz und kostet 225 Euro plus Mehrwert. (Foto: Foto: Single-Tapete)

Motive für Diele, Küche, Wohnzimmer

Wandbild "Adriano", der Spaghetti essende Mann, eigne sich hervorragend für die Küche, findet Schmidt. Das Modell "Mops", auf der ein gezeichneter Mops neben einer Lady im Tigermuster-Mantel zu sehen ist, würde sich dagegen gut in der Garderobe machen. "Wenn ich allein zu Hause bin, kann es vorkommen, dass mein Blick beim Nachdenken auf das Bild fällt und ich ein stummes Zwiegespräch mit dem Modell führe", erzählt sie.

Was wie eine am Reißbrett entstandene Idee einer einsamen Designerin klingt, war für die Innenarchitektur-Studentin Andrea Baum pure Eingebung. "Beim Nachdenken kamen mir die Geräusch-CDs für Alleinlebende in den Sinn, auf denen zum Beispiel Geschirr-Geklapper zu hören ist", erinnert sich heutige Geschäftsfrau. "Diesen Gedanken habe ich aufgegriffen und auf Design übertragen, damit war die Idee auch schon geboren - das war nicht so hintergründig gedacht."

Die Tapete zieht mit um

Die individuelle Wandgestaltung hat jedoch ihren Preis: Um 200 Euro kosten fünf Bahnen der etwa drei mal zwei Meter großen Tapete. Der Vorteil: Der robuste Faser-Flies ist nach Angaben des Designerinnen-Duos abwaschbar, dehnungsfähig und sogar nach einem Umzug in der neuen Wohnung wiederverwendbar. Mitte Januar startet der Verkauf der "Single-Tapete" per Internet, selbst Kunden aus Südafrika und England haben schon Interesse bekundet. "Anscheinend haben wir eine Marktlücke entdeckt", sagte die 36-Jährige.

Ähnlich sieht das Trendforscher Eike Wenzel vom Zukunftsinstitut in Kelkheim. "Die Idee passt hervorragend in den gerade angesagten Trend des "Homing"", sagt er. Der Kult ums eigene Heim, Inszenierung von Privatheit nehme in politisch oder wirtschaftlich unsicheren Zeiten besonders zu. "Fast genauso wichtig wie die Mode unserer Kleidung ist zur Zeit das Styling unserer Wände", analysiert der Forscher. Das Comeback der Tapete im Zuge der 70er-Jahre-Renaissance trage ein übriges bei.

Auch Paare können zugreifen

Allerdings bezweifelt Wenzel, dass vornehmlich Singles die Tapete kaufen werden: "Als Anbieter darf man nicht einen Leidenspunkt des Kunden erwischen, das kann den Beigeschmack des Gescheiterten haben." Die beiden geschäftstüchtigen Designerinnen haben bereits neue Ideen im Kopf. "Man kann das Konzept unendlich weiter entwickeln", erzählt Baum. Denkbar sei eine Partner-Tapete für Paare, die eine Fernbeziehung führen oder aber eine Familien-Tapete, auf der Vater, Mutter und Kind abgebildet sind.

Doch das ist noch Zukunftsmusik. "Als Jung-Unternehmer hat man am Anfang sehr hohe Investitionskosten. Erstmal hoffen wir, dass wir mit der Single-Tapete wenigstens unsere Ausgaben wieder hereinbekommen."

© Anuschka Kazarian - dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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