Steuerflucht:Beck: "Asoziales Verhalten von oben"

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Vor dem Treffen der Kanzlerin mit Liechtensteins Regierungschef Hasler verschärft SPD-Chef Beck den Ton und droht notfalls mit Sanktionen. In Vaduz wundert man sich über die "deutsch-teutonische Kritik".

Liechtenstein hat mit Befremden auf die Kritik aus Deutschland an dem Fürstentum in der Steueraffäre reagiert. Die Vorwürfe seien in Liechtenstein "nicht wahnsinnig gut angekommen", sagte Vize-Regierungschef und Justizminister Klaus Tschütscher auf einer Pressekonferenz in Vaduz.

SPD-Chef Kurt Beck geißelt Steuerflucht als "moderne Form des Raubrittertums". (Foto: Foto: ddp)

Zum Besuch des liechtensteinischen Regierungschefs Otmar Hasler in Deutschland hat der SPD-Vorsitzende Kurt Beck seine Angriffe auf das Fürstentum wegen der Steueraffäre verschärft. Die Gebaren des Staates seien eine "moderne Form des Raubrittertums", sagte Beck in einem Stern-Interview laut Vorabmeldung vom Mittwoch.

Tschütscher bezog sich ausdrücklich auf Becks Äußerungen. "Diese deutsch-teutonische Ausdrucksweise wird in unserem Land nicht sehr geschätzt", sagte Tschütscher, der Pläne zur lange umstrittenen Reform des Stiftungsrechts in Liechtenstein vorstellte.

Beck sagte, gegen das Verhalten Liechtensteins müsse auf europäischer Ebene vorgegangen werden. "Wenn das nichts hilft, muss man auch über Sanktionen reden", fordert der SPD-Chef. Für den Fall, dass Liechtenstein weiterhin "verbrecherisches Verhalten nicht auszuklären hilft oder es sogar unterstützt", könne man Finanztransfers in das Fürstentum unterbinden.

Zu den Ausmaßen des Steuerskandals sagt der SPD-Vorsitzende: "Das hat mich aus den Socken gehauen." Vor allem der Aufbau komplizierter Anlageformen zum Zweck der Steuerhinterziehung grenze an die Bildung krimineller Vereinigungen. "Das ist für mich dicht an organisierter Kriminalität." In diesem Zusammenhang verteidigte auch der SPD-Politiker auch den Ankauf des belastenden Materials von einem Informanten. "Um diesen Sumpf trockenzulegen, darf man auch unorthodoxe Maßnahmen anwenden", sagte Beck. "Das war ungeheuer wichtig, um präventiv und erzieherisch wirken zu können." Der Staat habe Steuerbetrügern lange genug Angebote gemacht, ihr Fehlverhalten zu korrigieren.

Becks Tipp: Selbstanzeige

Der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz riet Steuerbetrügern zur Selbstanzeige. Wer davon keinen Gebrauch mache, müsse umso härter verfolgt und bestraft werden. Im Gegenzug dürften laufende Verfahren nicht gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt werden. Diese Praxis verstoße gegen das gesunde Rechtsempfinden einer großen Mehrheit, sagte Beck.

Beck warnte davor, dass das Vertrauen in Führungskräfte völlig verloren gehen könnte. Durch "asoziales Verhalten von oben" sei der Zusammenhalt der Gesellschaft gefährdet. "Wir brauchen wieder allgemeingültige Maßstäbe dafür, was anständig ist."

Kanzleramtsminister Thomas de Maizière verteidigte die Rolle des BND. "Nachrichtendienste sind an zuverlässigen Informationen interessiert. Diese Informationen sind im Zweifel wichtiger als die Zuverlässigkeit des Informanten", wurde der CDU-Politiker in der Bild-Zeitung zitiert. Das gelte besonders dann, wenn die Informationen wie in der Steueraffäre zweifelsfrei überprüfbar seien. De Maizière ist als Kanzleramtschef für die Geheimdienste zuständig.

Der liechtensteinische Regierungschef Hasler wird am Mittwoch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit militärischen Ehren begrüßt. Er wird auch mit Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sprechen.

Liechtenstein sucht unterdessen Juristen für ein Rechtsgutachten gegen die Bundesregierung. Die Regierung in Vaduz habe bei mehreren deutschen Anwaltskanzleien und Professoren angefragt, berichtet das Handelsblatt. Die Großkanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer teilte der Zeitung mit, sie habe wegen kollidierender anderer Mandate diesen "Auftrag aber abgelehnt". Ziel des Gutachtens soll es sein, den Ankauf von Belastungsmaterial durch den BND für rechtswidrig zu erklären.

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