Steuer-Wirrwar:Das Dienstwagenrätsel

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Wie werden Firmenautos besteuert? Gar nicht so einfach, denn derzeit gibt es fünf Formen der Besteuerung. Die große Koalition will nun eine sechste einführen.

Guido Bohsem

Jahressteuergesetze sind so eine Art Lumpensammler. Das Finanzministerium packt alles zusammen, was noch irgendwie geregelt werden muss, aber kein eigenes Gesetzesvorhaben trägt. So entstehen mitunter skurrile Kombinationen. Im aktuellen Jahressteuergesetz etwa sollen extremistische Vereine von der Gemeinnützigkeit ausgeschlossen werden. Ein paar Zeilen weiter findet sich eine Regelung, dass Firmen künftig Aufwendungen von der Steuer abziehen können, die die Gesundheit ihrer Mitarbeiter am Arbeitsplatz fördern. Zudem plant die Koalition, die Verjährungsfrist für die Verfolgung von Steuerhinterziehung zu verlängern. Auch eine neue Regelung für die Besteuerung von Dienstwagen ist vorgesehen.

Umweltminister Gabriel (SPD) mit seinem Dienstwagen: Die Versteuerung von Firmenautos ist ziemlich kompliziert. (Foto: Foto: ddp)

Man ahnt es schon, Jahressteuergesetze sind etwas für Finanzfeinschmecker und führen bei Steuerberatern regelmäßig zu Überstunden. Einfacher machen sie das Steuerrecht in aller Regel nicht. Klar, dass sich auch das aktuelle Jahressteuergesetz nicht wesentlich von den Vorgängern unterscheidet. Auf 144 Seiten werden 22 Einzelgesetze geändert.

Das betrifft das Einkommensteuergesetz ebenso wie Verwaltungsexoten wie das Forstschäden-Ausgleichsgesetz und das Zerlegungsgesetz. Um fair zu bleiben: Immerhin drei Punkte dienen ausdrücklich dem Abbau der Bürokratie. So sollen die Firmen durch die Regelung 53 Millionen Euro Verwaltungskosten sparen.

Sechs Arten für die Versteuerung

Der Artikel 7 des Gesetzes dürfte dazu allerdings nicht beitragen. Hier will die Koalition das Umsatzsteuergesetz ändern und damit die Dienstwagenbesteuerung. Nach Angaben des Deutschen Wissenschaftlichen Instituts der Steuerberater (DWS) wird die neue Regelung zu dem verrückten Umstand führen, dass die private Nutzung von Dienstwagen zu Beginn des kommenden Jahres auf insgesamt sechs verschiedene Arten versteuert werden muss - je nachdem wann das Fahrzeug angeschafft wurde.

Wurde es vor dem 1. April 1999 gekauft, muss der Unternehmer für Familienausflüge und andere private Fahrten Mehrwertsteuer zahlen. Ihm steht aber ein Vorsteuerabzug von 100 Prozent zu. So weit, so klar.

Wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs musste diese Regel aber geändert werden, sodass für einen Kaufzeitraum zwischen 1. April 1999 und 4. März 2000 eine Wahlmöglichkeit besteht. Man kann die alte Regelung nutzen oder alternativ die Vorsteuer nur zur Hälfte abziehen und keine Mehrwertsteuer zahlen.

Für Unternehmen, die ihr Fahrzeug danach, aber vor Anfang 2003 angeschafft haben, ist es wieder anders. Die Wahlmöglichkeit fällt weg. Sie dürfen nur die Hälfte der Vorsteuer abziehen und müssen keine Mehrwertsteuer zahlen.

Für Dienstwagen aus dem Jahr 2003 gilt dann das oben erwähnte Wahlrecht. Wurde das Fahrzeug nach Anfang 2004 zugelassen, tritt wieder die Regelung in Kraft, die auch bis 1999 galt.

"Einfach nur Quatsch"

Im Jahressteuergesetz soll das Verfahren nun wieder geändert werden, sodass für künftig angeschaffte Wagen der Vorsteuerabzug erneut nur 50 Prozent betragen darf. Nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums sorgt diese Änderung für zusätzliche Steuereinnahmen von etwa 55 Millionen Euro im Jahr.

Für den FDP-Abgeordneten Volker Wissing ist der Wirrwarr um den Dienstwagen "einfach nur Quatsch". Mit dem von der großen Koalition versprochenen Abbau von Bürokratie habe das Vorhaben nicht das Geringste zu tun. "Eine klare Linie in der Steuerpolitik ist nicht zu erkennen." Der Protest dürfte wenig nutzen. Nach bisherigen Plänen soll das Jahressteuergesetz am 13. November vom Bundestag verabschiedet werden.

© SZ vom 18.09.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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