Steigende Kosten:Gasversorger geloben mehr Preis-Transparenz

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Ihre Geschäfte machen die Energiekonzerne eigentlich nicht gerne öffentlich. Auf gerichtlichen Druck erhält der Verbraucher nun Einblick in die Preisgestaltung. Die nächste Erhöhung ist bereits angekündigt.

Meite Thiede und Hans-Willy Bein

Als erster Gasversorger hat Eon Hanse Teile der Preiskalkulation offen gelegt. Zugleich kündigte das Unternehmen, dem Verbraucherschützer überzogene Preise vorwerfen, die nächste Erhöhung an: Von Januar an müssen Privatkunden zehn Prozent mehr zahlen. Auch bei anderen Versorgern drohen Preisanstiege.

Die Energiekonzerne sehen sich für steigende Heizkosten nicht verantwortlich. Gaskunden erhalten nun Einblick, wie die hohen Preise zustande kommen. (Foto: Foto: AP)

Preise kletterten um 25 Prozent

Auf Druck des Hamburger Landgerichts hat sich die norddeutsche Tochter des Eon-Konzerns dazu entschlossen, der Öffentlichkeit einen Blick in die Preiskalkulation zu gewähren. Im Rahmen einer Sammelklage von 54 Privatkunden hatte das Gericht den Gasversorger im September aufgefordert, die Preisgestaltung transparenter zu machen und zu belegen, dass die höheren Bezugskosten nicht von der Gewinnspanne aufgefangen werden konnten.

Eon Hanse hatte innerhalb eines Jahres die Preise für seine etwa 500.000 Privatkunden in drei Schritten um rund 25 Prozent erhöht, jeweils mit Hinweis auf den kräftig gestiegenen Ölpreis.

Am Montag präsentierte das Unternehmen nun Zahlen, mit denen es belegen will, dass die Preisschritte nicht ausgereicht haben, um die höheren Kosten für die Gaslieferungen auszugleichen. Demnach sind die Bezugskosten innerhalb eines Jahres um 0,61 Cent auf 2,88 Cent je kWh gestiegen, während sich der Umsatz in dieser Zeit aber nur um 0,59 Cent je kWh erhöhte. Die Marge schrumpfte demnach von 0,08 Cent im Jahr 2004 auf 0,05 Cent in diesem Jahr.

Die Umsatzrendite sei in dieser Zeit und in diesem Bereich von 1,8 auf 1,0 Prozent gesunken. "Das ist zu wenig", sagte der Vorstandsvorsitzende Hans-Jakob Tiessen. Die Marge reiche nicht aus, um Risiken in Bezug auf Mengen, Finanzierung und Forderungsausfälle abdecken und eine allzeit sichere Energieversorgung gewährleisten zu können. Deshalb sei erneut eine Preiserhöhung nötig.

Eon Hanse erhöht um weitere zehn Prozent

Zum Januar erhöht Eon Hanse die Preise um 0,51 Cent, was einem weiteren Schritt um zehn Prozent entspricht. "Diese Erhöhung ist ausschließlich auf die gestiegenen Kosten zurückzuführen, die uns die Vorlieferanten in Rechnung stellen", sagte Tiessen.

Eon Hanse bezieht sein Gas nach eigenen Angaben nicht über die Konzernmutter, sondern von den vier Lieferanten Wingas, Exxon-Mobil, Shell und VNG. In der Branche hält sich seit Jahrzehnten die in den sechziger Jahren erfundene Koppelung des Gaspreises an den Ölpreis. Nach diesem Mechanismus folgt der Gaspreis dem Ölpreis mit einer Verzögerung von etwa sechs Monaten.

Grundlage der präsentierten Kalkulation ist der Jahresabschluss, heruntergebrochen auf Privatkunden und den Tarif "Klassik II". Eon Hanse hat zwei Gutachten von BDO und dem Erfurter Wirtschaftsprüfer Wikom anfertigen lassen, die dem Gericht am Montag präsentiert wurden.

Tiessen ist der Auffassung, dass es keine rechtliche Verpflichtung zur Offenlegung gibt. Er wolle aber das Vertrauen der Kunden zurückgewinnen. Deshalb habe Eon Hanse auch nicht den Weg eines jahrelangen Rechtsstreits gewählt. Die Verbraucherzentrale Hamburg, die die Sammelklage koordiniert, wollte sich am Montag noch nicht äußern.

Andere Gesellschaften wollen folgen

Dem Beispiel von Eon Hanse wollen alle anderen Regionalgesellschaften des Eon-Konzerns folgen. Den 1,1 Millionen Haushalten, die Eon mit Gas beliefert, sollen die Kalkulationen bis spätestens Ende Januar zugänglich gemacht werden. Inzwischen reagieren auch andere Energiekonzerne auf den öffentlichen Druck. Die Regionalgesellschaften des RWE-Konzerns kündigten für Anfang 2006 eine "Transparenzoffensive" an.

"Wir wollen die derzeitige Diskussion über Energiepreise versachlichen und deshalb Fakten zur Kostenstruktur und Preisbildung vorlegen", so Andreas Radmacher, Vertriebsvorstand der RWE Energy. Auch verschiedene Stadtwerke wie Dortmund, Lünen, Ulm oder Lübeck haben gegenüber ihren Kunden mehr Transparenz versprochen.

Die Vorgehensweise ist unterschiedlich. Während Dortmund etwa ein ähnliches Prinzip wie Eon Hanse verfolgt, arbeitet Lünen mit der Verbraucherzentrale des Landes Nordrhein-Westfalen zusammen. Andere Stadtwerke wollen ihre Kalkulation gegenüber großen Abnehmern wie etwa Wohnungsbaugesellschaften offen legen.

Konzerne: Transparenz verhindert keine Preiserhöhung

"Wir finden Transparenz positiv und beobachten aufmerksam die Schritte von Eon und anderen Unternehmen mit Haushaltskunden", heißt es bei Bayerngas. Das Unternehmen beliefert als große kommunale Einkaufsgesellschaft keine Haushalte, sondern Stadtwerke und große Industriekunden.

Weitere Preisanstiege wird die Preistransparenz aber nicht verhindern können. "Durch die Preissteigerungen am Weltmarkt werden entsprechende Erhöhungen nötig sein", sagte ein Sprecher des Branchenverbandes BGW. "Das Geld kullert eins zu eins nach Russland und Norwegen."

© SZ vom 22.11.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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