Staatsfonds als Investoren:Wer hat Angst vor bösen Fonds?

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Das Kabinett diskutiert, die Welt hat Angst - doch die Furcht vor Staatsfonds ist übertrieben. Denn die Finanzkrise machte sie zum weißen Ritter.

G. Bohsem

Es war einmal vor nicht allzu langer Zeit in Berlin. Da zogen die Vorstände der großen deutschen Dax-Unternehmen in Scharen ins Finanzministerium und ins Kanzleramt. Sie waren in großer Sorge über die unheilvollen Einflüsse der Staatsfonds fremder Länder.

Vom bösen Wolf zum weißen Ritter: Staatsfonds sind bei deutschen Unternehmen immer willkommener. (Foto: Foto: dpa)

Manager warnten vor Staatsfonds

Namhafte Topmanager wie beispielsweise der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, warnten die Öffentlichkeit vor den drohenden Gefahren. Sie sorgten sich, dass die staatlichen Investoren aus China, Russland und vermeintlichen Schurkennationen die deutsche Wirtschaft (sprich: das eigene Unternehmen) im Handstreich kapern könnten, um ihre finsteren Pläne zu verwirklichen.

Die Politik tat, wie ihr geraten, und kümmerte sich. Nach langen Debatten und Gezerre wird die Regierung an diesem Mittwoch die Reform des Außenwirtschaftsgesetzes beschließen. Durch sie soll der unerwünschte Angriff eines Staatsfonds verhindert werden. Man könnte meinen, die Wirtschaft wäre zufrieden und das Märchen ende harmonisch.

Kapital wird knapp

Doch das Gegenteil ist der Fall. Innerhalb weniger Monate hat sich die Haltung der Manager zu den bedrohlichen Investoren gewandelt. Ein wenig böswillig könnte man sagen, gerade weil die Politik die Wünsche von damals erfüllt, wird sie heute von der versammelten Wirtschaftslobby Deutschlands geschurigelt. Sei es der Bundesverband der Deutschen Industrie oder der Zentrale Kreditausschuss, inzwischen bekümmert die Verbände und Mitglieder der Einfluss des eigenen Staates mehr als der des fremden Kapitals.

Wer hat Angst vorm bösen Staatsfonds? Keiner mehr. Die Gesetzgebung gegen die ausländischen Investoren ist geradezu ein Paradebeispiel dafür, wie schwer sich die Politik damit tut, auf die Wünsche der Wirtschaft in einer globalisierten Welt zu reagieren.

Der Grund für den abrupten Sinneswandel der Wirtschaft ist das Platzen der US-amerikanischen Immobilienblase und die daraus folgende internationale Finanzkrise. Weil sich die Kreditinstitute nicht mehr über den Weg trauten, wurde Kapital zu einem knappen Gut. In den schlimmsten Monaten suchten vor allem die Topadressen der internationalen Bankenwelt händeringend nach Investoren, die willig und fähig waren, die zum geschäftlichen Überleben dringend notwendige Finanzspritze zu verabreichen.

Wo wurden sie fündig? Genau, es waren unter anderem die gefürchteten Staatsfonds aus Singapur, Kuwait und China, die Instituten wie UBS, Citigroup, Merrill Lynch und Morgan Stanley in diesen kritischen Zeiten die nötige Luft verschafften. Der böse Wolf wandelte sich zum weißen Ritter. Klar, dass auch die deutschen Unternehmen sich nicht der Möglichkeit beraubt sehen wollen, in höchster Not gerettet zu werden. Geld stinkt nicht, auch wenn es aus fernöstlichen Währungsreserven oder den Ölquellen des Nahen Ostens stammt.

Die Angst war übertrieben

Ohnehin spricht im Licht der neuen Zeit so einiges dafür, dass die Angst vor den Staatsfonds übertrieben war. Erstens hat keiner von ihnen je versucht, die Geschäftspolitik ihrer Zielgesellschaften von einem auf den anderen Tag radikal und im Interesse ihrer Herkunftsländer umzuwerfen. Und das, obwohl es sie schon sehr lange gibt. Zur Erinnerung: Der wahrscheinlich erste Staatsfonds war der Revenue Equalization Reserve Fund des Inselstaates Kiribati.

Er wurde 1953 gegründet und speiste sich aus den Zolleinnahmen auf Vogelmist-Exporte. Nein, die Fonds werden vom gleichen Motiv getrieben wie andere Anleger. Sie wollen niedrige Risiken und hohe Renditen. Zweitens taucht die deutsche Wirtschaft ohnehin selten im Sucher nationaler Finanzvehikel auf. Zwischen 2005 und Mai 2008 lenkten sie nur zwei Prozent des investierten Kapitals in die Bundesrepublik. Das Gros ging in die USA und nach Großbritannien.

Die Politik kann aus der Erfahrung mit den Staatsfonds ein paar Lektionen lernen. Dazu zählt auch, dass sie keine Dankbarkeit der Wirtschaft erwarten darf. Viel wichtiger ist aber die Erkenntnis, dass sie nicht auf jede Sorge im kursgetriebenen Unternehmerlager umgehend reagieren sollte. Eine Politik der ruhigen Hand ist ratsamer.

© SZ vom 20.08.2008/jkr/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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