Spekulationsfrist fällt weg:Kursverluste mindern Steuerlast künftig öfter

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Wenn die Pauschalsteuer auf Kapitalerträge startet, können Anleger Verluste aus Aktien oder Anleihen öfter geltend machen als bisher.

Daniela Kuhr

Wenn die Abgeltungsteuer auf Kapitaleinkünfte zu Anfang 2009 startet, fällt die einjährige Spekulationsfrist für Wertpapiergeschäfte weg. Viele Anleger sehen darin den größten Nachteil der neuen Regeln. Denn bislang waren Kursgewinne aus Wertpapiergeschäften nur dann steuerpflichtig, wenn zwischen Kauf und Verkauf weniger als ein Jahr lag.

In Zukunft dagegen fällt auf realisierte Kursgewinne immer eine Pauschalsteuer von 25 Prozent (plus Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer) an - egal, wie lange die Papiere gehalten werden. Doch nicht nur bei den Gewinnen, auch bei realisierten Kursverlusten wird sich mit der Abgeltungsteuer einiges ändern.

Können Kursverluste künftig häufiger steuerlich geltend gemacht werden? Ja, und zwar aus einem einfachen Grund: Da Gewinne bislang nur bei einem Verkauf innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist steuerpflichtig waren, wurden umgekehrt auch Verluste nur innerhalb dieses Zeitraums berücksichtigt.

Verluste werden auch nach Jahren berücksichtigt

Wer also seine Aktien oder Anleihen nach fünf Jahren mit Verlust verkaufte, blieb auf dem Minus sitzen. Der Fiskus interessierte sich nicht dafür. Das wird sich mit der Abgeltungsteuer ändern. "Da Gewinne in Zukunft zeitlich unbegrenzt mit 25 Prozent zu versteuern sind, werden auch Verluste noch nach Jahren berücksichtigt", sagt Ulrich Derlien, Steuerberater bei der Münchner Kanzlei Peters, Schönberger & Partner.

Werbungskosten, wie beispielsweise Depotgebühren, könnten allerdings künftig nicht mehr geltend gemacht werden.

Was ist mit jetzt bereits vorhandenen Verlustvorträgen? Wer bislang seine Aktien innerhalb der Spekulationsfrist verkauft hat, konnte eventuelle Verluste mit Kursgewinnen aus anderen Wertpapiergeschäften verrechnen.

Die Verluste durften allerdings nicht mit Einnahmen aus anderen Einkunftsarten, zum Beispiel Arbeitnehmerlohn, verrechnet werden. Wer innerhalb des Jahres keine steuerpflichtigen Kursgewinne hatte, konnte seine Verluste beim Finanzamt für kommende Jahre vortragen lassen.

Verlustvorträge aus früheren Jahren

Viele Anleger haben daher derzeit noch Verlustvorträge aus früheren Jahren in ihren Einkommensteuerbescheiden stehen. "Diese bleiben auch nach 2009 bestehen, müssen aber spätestens bis zum Jahr 2013 mit Gewinnen aus Wertpapiergeschäften verrechnet werden", sagt Derlien.

"Anschließend können sie nur noch mit eventuell anfallenden Spekulationsgewinnen aus Immobiliengeschäften oder anderen steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäften, wie etwa Antiquitäten, verrechnet werden."

Können Verluste aus Aktiengeschäften künftig mit Zins- oder Dividendenerträgen verrechnet werden? Nein, diesen Plan hat Berlin wieder fallengelassen. Es bleibt dabei: Ein Minus aus Wertpapiergeschäften kann nur mit einem Plus aus Wertpapierschäften verrechnet werden.

"Verkauft also etwa ein Anleger im selben Jahr die Aktie A mit Gewinn und die Aktie B mit Verlust, mindert das seinen zu versteuernden Ertrag", sagt Derlien.

Nur bei einer Bank angelegt

Wie sieht das in der Praxis aus? Relativ einfach dürfte es sein, wenn der Kunde sein Geld nur bei einer Bank angelegt hat. "Die Details sind zwar noch offen, doch grundsätzlich wird die Bank bei jedem Wertpapierverkauf den Erlös mit den Anschaffungskosten vergleichen", sagt Johann Seipl, Steuerexperte bei der Münchner Kanzlei Wannemacher & Partner.

"Hat der Anleger einen Gewinn erzielt, behält die Bank davon 25 Prozent ein. Hat er mit Verlust verkauft, behält sie nichts ein, merkt sich aber den Minusbetrag." Am Jahresende würden Gewinne und Verluste saldiert. Die Differenz werde gegebenenfalls ausbezahlt.

"Überwiegen dagegen die Verluste, kann die Bank das Minus nicht etwa mit Zins- oder Dividendeneinnahmen verrechnen", erklärt der Fachmann. "Sie muss es vortragen und mit Kursgewinnen der Folgejahre verrechnen."

Zwei verschiedene Banken

Was ist, wenn ein Kunde sein Geld bei zwei verschiedenen Banken angelegt hat? Hat der Anleger bei beiden Instituten Gewinne erzielt, ist nichts weiter zu beachten. "Die Banken führen jeweils die Abgeltungsteuer ab", erläutert Seipl.

Schwieriger wird es, wenn der Anleger bei dem einen Institut Kursgewinne realisiert hat, bei dem anderen dagegen Verluste. "Da die Bank, bei der die Gewinne angefallen sind, von den Verlusten nichts weiß, wird sie die komplette Abgeltungsteuer abführen", sagt der Steuerexperte. Die andere Bank dagegen werde die Verluste für die Folgejahre vortragen.

Wie kann der Kunde in diesem Fall verhindern, dass er zu viel Abgeltungsteuer zahlt? "Will der Anleger erreichen, dass die Verluste noch in diesem Jahr berücksichtigt werden, muss er sie in seiner Steuererklärung angeben und sich veranlagen lassen", rät Seipl.

Das Finanzamt werde dann das Minus bei der einen Bank mit dem Plus bei der anderen Bank verrechnen und die zu viel einbehaltene Steuer erstatten. "Überwiegen die Verluste, wird das Finanzamt einen Verlustvortrag feststellen, sodass der Anleger das Minus in späteren Jahren mit Gewinnen verrechnen kann."

"Schon bisher nicht möglich"

Keinesfalls aber könne er die vom Fiskus festgestellten Verluste mit Einnahmen aus anderen Einkunftsarten verrechnen. "Das war schon bisher nicht möglich und wird sich mit der Abgeltungsteuer auch nicht ändern", erklärt der Rechtsanwalt.

Was ist, wenn ich eine Anleihe zu einem Kurs von 105 Prozent kaufe und nach fünf Jahren, am Ende der Laufzeit, zu 100 Prozent zurückerhalte? Bislang galt in diesem Fall: Anleger blieben auf dem Kursverlust sitzen, da die einjährige Spekulationsfrist abgelaufen war.

"In Zukunft können Anleger diese Verluste steuerlich geltend machen", sagt Seipl und fügt hinzu: "Gerade bei hochverzinsten Anleihen kann das die Nachsteuer-Rendite im Vergleich zur jetzigen Rechtslage nochmal spürbar aufbessern."

© SZ vom 10.08.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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