Sozialer Wohnungsbau:Auf gute Nachbarschaft

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Das Gesetz zur Reform des sozialen Wohnungsbaus soll Ghettobildungen vermeiden.

Andrea Nasemann

Die Bundesregierung hat in diesem Jahr einige Reformen auf den Weg gebracht: Das Mietrecht wurde geändert, die Wohngeldnovelle hat den Mietern Verbesserungen gebracht. Als dritte Säule tritt die Reform des sozialen Wohnungsbaus zum 1. Januar 2002 in Kraft.

Ländersache

Um es gleich vorwegzunehmen: Viel ändert sich bei den Sozialwohnungen zunächst nicht. Denn das neue Wohnraumförderungsgesetz ist ein Rahmengesetz, das den Ländern überlässt, wie sie es durch den Erlass von Rechtsverordnungen ausfüllen. Was dabei herauskommen wird und inwieweit die Länder von ihren Rechten überhaupt Gebrauch machen werden, ist nach Ansicht des Justitiars des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungsunternehmen in Berlin, Uwe Hannig, noch völlig offen.

Was neu ist

Mieterhöhung für Altbauten:

Für alle Sozialwohnungen, die bis Ende diesen Jahres errichtet wurden, wird die Kostenmiete zum 1. Januar 2002 leicht angehoben. Der Grund liegt in der Erhöhung der Verwaltungskostenpauschale von 30 Mark pro Wohnung und Jahr sowie in der Erhöhung der Instandhaltungskostenpauschale.

Beide Pauschalen können künftig nach dem Lebenshaltungskostenindex erhöht werden. "Damit hängt die Veränderung der Pauschalen nicht mehr von der jeweiligen politischen Konstellation ab", begrüßt Hannig die Neuregelung. Da künftig die Instandhaltungspauschalen in drei Baualtersgruppen eingeteilt werden, müsse man den Bestand nun jedes Jahr neu daraufhin überprüfen, ob die Wohnung nicht in eine andere Baualtersgruppe falle.

Höchstmiete für Neubauten:

Für Sozialwohnungen, die nach dem 1.Januar 2002 neu errichtet werden, wird dagegen die Kostenmiete abgeschafft und statt dessen eine höchstzulässige Miete festgelegt. Die Einkommensgrenzen werden nach dem neuen Gesetz zwar nur marginal erhöht. Dafür können die Länder höhere Einkommensgrenzen, je nach den Erfordernissen des regionalen Wohnungsmarktes, bestimmen.

Wahl der Wohnung:

Neu im Wohnraumförderungsgesetz ist auch die Möglichkeit, Belegungs- und Mietpreisbindungen auf andere Wohnungen zu übertragen oder die Wohnung ganz von der Bindung freizustellen.

Wenn das Einkommen die Grenze bricht:

Auch die Fehlbelegungsabgabe ist künftig in das Ermessen der Länder gestellt. Diese Ausgleichsabgabe, die ein Mieter bezahlen muss, wenn sein Einkommen im Laufe der Mietzeit gestiegen ist, so dass er nicht mehr unter die Einkommensgrenzen für eine Sozialwohnung fällt, stieß in der Vergangenheit auf viel Kritik und war für die Behörden mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden.

Ausgewogene Bewohnerstrukturen:

Schließlich können jetzt so genannte Kooperationsverträge zwischen den Vermietern und den Ämtern für Wohnungswesen abgeschlossen werden, wenn der Vermieter Probleme bei der Vermietung hat. Ziel dieser Neuregelungen ist es vor allem, sozial stabile, das heißt ausgewogene Bewohnerstrukturen zu schaffen, um damit überforderte Nachbarschaften zu vermeiden. "Bisher gab es in bestimmten Wohngebieten eine Ballung von Problem-Mietern", berichtet Xaver Kroner, Sprecher des Verbandes bayerischer Wohnungsunternehmen in München. Das Zusammenleben dort werde immer schwieriger und deshalb auch das Sozialmanagement der Wohnungsunternehmen in solchen Brennpunkten zunehmend wichtiger.

Es müssten nicht nur immer mehr ältere Menschen betreut, sondern auch Angebote für Jugendliche geschaffen werden. Darunter fällt zum Beispiel auch die Einsetzung von Conciergen. "All diese Kosten sind nicht in der Verwaltungskostenpauschale enthalten und sollten künftig in der Sozialmiete berücksichtigt werden", fordert Kroner.

Münchner Modell

Nur noch rund 1,6 Millionen Sozialwohnungen haben die Wohnungsunternehmen in ihrem Bestand, und es werden immer weniger. Bis zum Jahr 2010 werden 50 Prozent aus der Bindung fallen, schätzt Hannig. Daher soll beispielsweise in München ein neues Fördersystem die Investoren zurückgewinnen und den sozialen Wohnungsbau wiederbeleben - und zwar mit der so genannten einkommensorientierten Förderung (EOF).

Damit wird es auch Beziehern mittlerer Einkommen, die zu viel verdienen, um Anspruch auf eine Sozialwohnung zu haben, ermöglicht, eine bezahlbare Wohnung zu finden.

Der Bauträger bekommt günstigen Baugrund von der Stadt München sowie zinsgünstige Baudarlehen. Damit können Mietwohnungen gebaut werden, für die eine Kaltmiete von nicht mehr als 17,50 Mark pro Quadratmeter verlangt werden darf.

Wohnungsbewerber, die diese Miete nicht bezahlen können, erhalten über eine staatliche Zusatzförderung einen Mietzuschuss, der sich nach ihrem Einkommen richtet. So muss der Mieter für eine Wohnung, die nach diesem Modell errichtet wurde, günstigstenfalls nicht mehr Miete bezahlen als für eine herkömmliche Sozialwohnung, denn bei einem Mietzuschuss von höchstens 7,80 Mark zahlt er die bisherige Sozialmiete von 9,70 Mark. Je nach steigender Höhe des Einkommens verringert sich der Zuschuss.

Eine Fehlbelegungsabgabe gibt es dann aber nicht mehr. "Damit wächst in künftigen Neubaugebieten eine Nachbarschaftsstruktur, die auch für diejenigen, die Eigentumswohnungen kaufen wollen, nicht mehr das negative Image hat", freut sich Hans-Joachim Klein, Leiter der Wohnungsbauförderung der Stadt München.

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