Soul-Legende Ray Charles:Zoff ums Erbe

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Die zwölf Kinder der verstorbenen Musikerlegende Ray Charles kämpfen mit einem Manager. Es geht um 75 Millionen Dollar - und um eine persönliche Fehde.

Janek Schmidt

Es war wenige Tage vor Weihnachten 2002, als Ray Charles ein außergewöhnliches Treffen einberief. Alle seine zwölf Kinder von fast genauso vielen Frauen lud der damals schon krebskranke Musiker in ein Hotel in Los Angeles ein, um sie erstmals an einem Ort zu vereinen und mit ihnen über seinen bevorstehenden Tod zu sprechen.

Streit um den Nachlass: Die zwölf Kinder von Ray Charles kämpfen um 75 Millionen Dollar. (Foto: Foto: AP)

Doch was Charles dann verkündete, ist so unklar, dass vier Jahre nach seinem Tod der Streit um sein Erbe eskaliert ist.

Die Front in dem Zwist verläuft eindeutig, denn der Zorn der Kinder fokussiert sich auf eine Person: Joe Adams, den langjährigen Manager von Ray Charles, der seit dem Tod des Musikers fast dessen kompletten Nachlass kontrolliert.

500.000 Dollar für jedes Kind

Adams steht an der Spitze der Ray Charles Foundation sowie einiger Stiftungen mit Einlagen für Charles' Kinder. Zudem führt Adams das Unternehmen Ray Charles Enterprises, das die Vermarktungsrechte an den Musikaufnahmen und Videos des Künstlers besitzt. Experten schätzen den Wert dieser Rechte auf 25 Millionen Dollar.

Hinzu kommt Charles' weiteres Eigentum wie Immobilien oder Wertpapiere mit einem Gesamtwert von 50 Millionen Dollar, das Adams ebenfalls unter seiner Obhut hat.

Auf Aufforderung von Kaliforniens Generalbundesanwalt erklärte sich Adams zwar bereit, seine gleichzeitige Funktion als Vorsitzender, Präsident und Schatzmeister der Ray Charles Foundation aufzugeben. Doch verhinderte dieses Zugeständnis nicht, dass der Zwist zwischen Charles' Erben und Adams zunahm.

Erster Streitpunkt ist ein Dokument aus der Ray Charles Foundation, wonach jedes Kind 500.000 Dollar erhalten soll. Einige Kinder wenden ein, dass Charles bei dem Treffen 2002 eine Million Dollar pro Nachkomme versprochen habe. Zudem soll er ihnen weitere Einnahmen in Aussicht gestellt haben, was sie als Zusage für Vermarktungsrechte interpretieren.

"Vermächtnis entstellt"

Der Hauptvorwurf der Kinder ist jedoch, dass Ray Charles Enterprises das Image ihres Vaters beschädigt habe. Adams habe nach dem Tod von Charles mit dessen Gewohnheiten gebrochen, als er zwei Alben mit Remixen von Charles' altem Tonmaterial und Gesang anderer Sänger veröffentlichte. Diese Vermarktung habe das künstlerische Vermächtnis ihres Vaters "entstellt und trivialisiert", heißt es in einer Klageschrift.

Neben der finanziellen und künstlerischen Aspekte hat das Zerwürfnis längst eine persönliche Ebene erreicht. Laut der Zeitung Los Angeles Times soll Adams die Nachfahren von Charles sogar von der Beerdigung ihres Vaters ferngehalten haben.

Als die Familienmitglieder dann eine private Bestattungsfeier organisierten, soll Adams den Festakt unterbrochen haben, um den Sarg aus der Kirche zu entfernen.

Die Erben von Charles sind nicht die einzigen Musikerkinder, die um den Nachlass ihrer Eltern streiten. Auch die Nachfahren von Soul-Sänger James Brown beanstandeten kürzlich das Testament ihres Vaters, in dem der "Godfather of Soul" sein Vermögen an zwei Stiftungen zur Ausbildung bedürftiger Kinder und seiner Enkel vermacht hatte.

Einer von Ray Charles' Söhnen erklärte indessen der Los Angeles Times, dass es ihm gar nicht um Geld, sondern um Anerkennung ginge, und forderte von Joe Adams: "Wenn man einen Menschen und seine Arbeit respektiert, dann sollte man auch seine Kinder respektieren."

© SZ vom 23.04.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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