Société Générale:Milliardenzocker kommt frei

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Überraschend hat ein Pariser Gericht den Aktienhändler Jérôme Kerviel für die Dauer des Prozesses aus der Haft entlassen. Befürchtungen, Kerviel könne Zeugen manipulieren, sah das Gericht nicht als gerechtfertigt an.

Acht Wochen nach Aufdeckung der Spekulationsaffäre bei der französischen Großbank Société Générale ist der beschuldigte Händler überraschend auf freien Fuß gesetzt worden. Das Pariser Berufungsgericht entschied bei einem Haftprüfungstermin, dass Jérôme Kerviel vorerst freigelassen wird. Die Staatsanwaltschaft hatte Kerviel weiter in Haft lassen wollen. Sie begründete dies mit der Gefahr, dass sich der 31-Jährige mit möglichen Komplizen absprechen oder Druck auf Zeugen ausüben könne.

Darf den weiteren Prozessverlauf in Freiheit verbringen: Spekulant Jérôme Kerviel. (Foto: Foto: afp)

Kerviel sitzt seit gut fünf Wochen in einem Gefängnis in Paris. Er soll der Société Générale durch ungenehmigte Spekulationen einen Schaden von knapp fünf Milliarden Euro zugefügt haben. Der Händler gab mehrfach an, allein gehandelt zu haben. Er wirft seinen Vorgesetzten aber vor, dass sie von seinen Milliardengeschäften gewusst, ihn aber nicht belangt hätten, solange er Gewinne gemacht habe. Gegen Kerviel läuft ein Ermittlungsverfahren wegen Fälschung, Eindringens in ein Computerdatensystem und Vertrauensmissbrauch.

Die Staatsanwaltschaft hatte ihre Forderung nach einer weiteren Haft für Kerviel auch mit Angaben des Händlers begründet, Kollegen hätten ihm bei seinen Geschäften geholfen. Kerviel war offenbar nicht allein bei seinen milliardenschweren Geschäften im Immobiliensektor. Der Händler hatte zuletzt angegeben, Beschäftigte der Société Générale hätten ihm bei seinen Geschäften geholfen.

Komplizen im Konzern

Das geht aus den Vernehmungsprotokollen der Staatsanwaltschaft hervor. Kerviel hatte demnach unter anderem seinen Assistenten gebeten, fiktive Geschäfte zu registrieren. Der habe ihn unterstützt, "wohl wissend, dass es darum ging, offene Positionen der Gewinne zu verschleiern". Kerviel gab außerdem an, Geschäfte von mehr als 500 Millionen Euro vom Computer seines Vorgesetzten aus getätigt zu haben.

Zuvor hatte Kerviel mehrfach angegeben, allein gehandelt zu haben. Der Händler wirft seinen Vorgesetzten nun aber vor, dass sie von seinen Milliardengeschäften gewusst haben müssten und ihn nicht belangten, solange er Gewinne machte. Vor kurzem hatte die Staatsanwaltschaft einen vermutlichen Komplizen Kerviels festgesetzt. Der hatte sich dadurch verdächtig gemacht, dass er Kerviel auf dem Internetportal Facebook in seine Freundschaftsliste aufgenommen hatte.

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