Sicherheit:Kommen und Gehen filmen

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In Wohnhäusern dürfen Kameras zur Videoüberwachung nur in Ausnahmefällen installiert werden.

Andrea Nasemann

(SZ vom 19.10.2001) Der gläserne Mensch, wie ihn George Orwell als Schreckensvision zeichnete, ist längst Wirklichkeit. Unsere Daten sind vielerorts gespeichert und abrufbar. Im privaten Bereich gibt es aber immer noch Grenzen. Sie liegen im allgemeinen Persönlichkeitsrecht jedes Einzelnen. Das schützt ihn beispielsweise vor Videoüberwachungsanlagen oder entsprechenden Attrappen, die der Vermieter im Hausflur oder Eingangsbereich des Gebäudes aufstellen will.

Überwachungssysteme können zwar im öffentlichen Bereich zulässig sein. In einem Mehrfamilienhaus gelten allerdings andere Maßstäbe, weil dort die Privatsphäre betroffen sein kann, wenn die Kamera so postiert ist, dass man den Mieter beobachten kann. Ob sich der Vermieter tatsächlich die aufgenommenen Bilder anschaut, ist unerheblich.

Es kommt nur darauf an, dass der Mieter den Eindruck hat, dass sein Kommen und Gehen sowie seine Gäste überwacht oder aufgezeichnet werden. Auch die momentane Stimmung und der Gesichtsausdruck beim Betreten des Gebäudes werden mit der Kamera festgehalten. Dies, so das Amtsgericht Wedding, sei geeignet, ein durch die mögliche Überwachung bestimmtes und damit verändertes Verhalten des Mieters hervorzurufen. Deshalb wären die Filmaufnahmen unzulässig.

Einbruchsgefahr gilt nicht als Rechtfertigung

Nur ausnahmsweise kann eine Videoinstallation erlaubt sein, wenn andere, grundrechtlich geschützte Güter das Persönlichkeitsrecht des Mieters überlagern. Bestehen zum Beispiel konkrete Anhaltspunkte dafür, dass Angriffe auf den Vermieter oder andere Mieter bevorstehen oder zu befürchten sind, darf sich der Vermieter per Videoaufzeichnung schützen.

Eine Videoanlage, die den gemeinsamen Zugangsweg zweier Nachbargrundstücke überwachte, wurde ebenfalls zum Zankapfel. Das Oberlandesgericht Karlsruhe wertete sie als Eingriff ins Persönlichkeitsrecht des Nachbarn, unabhängig davon, ob die aufgenommenen Bilder aufgezeichnet wurden oder nicht. Da zog dann auch das Argument des Grundstückseigentümers nicht, dass er die Überwachung zur Minderung der Einbruchgefahr vorgenommen habe. Das Gericht: Abgesehen von dem geringen Abschreckungseffekt rechtfertige es dieser Zweck nicht, in unverhältnismäßiger Weise in die Rechte unbeteiligter Dritter einzugreifen.

Überwachung der eigenen Wohnungstür

Der Mieter hat also gute Karten, wenn er sich gegen die Überwachung seiner Person zur Wehr setzen will. Will er selbst eine Videokamera anbringen, kann dies aber auch auf Widerstand stoßen. Ausnahme: Ein geh- und sehbehinderter Mieter darf anstelle eines Türspions eine Videokamera zur Überwachung seiner Wohnungstür anbringen, sofern diese ausschließlich diesen Bereich erfasst.

Urteil vom 9. April 1997, 17 C 193/96 in Wohnungswirtschaft und Mietrecht 6/1998Urteil vom 12. August 1998, 6U 64/97 in Wohnungswirtschaft und Mietrecht 3/2000, Seite 128Amtsgericht Köln, Urteil vom 20. Dezember 1994, 208 C 57/94 in NJW-Rechtsprechungsreport 1995, Seite 1226

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