Serie "Einrichten" (5):Oberflächliche Bodenreform

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Für alle, die schön auf dem Teppich bleiben wollen.

Rüdiger Jordan, 33, gestaltet Innenräume. Er gibt Tipps und Anregungen zur funktionalen und ästhetischen Entfaltung von Wohnungen.

Auch Baumaterialien unterliegen der Mode. In großzügigen Gründerzeit-Wohnungen finden sich andere Oberflächen als zum Beispiel im Münchner Olympiadorf. Wo Handwerker früher feine Terrazzoböden verlegten und Stuck applizierten, war der Anteil handwerklicher Arbeit in den siebziger Jahren auf ein Minimum geschrumpft. Kunststoffe waren jetzt angesagt: für Böden, Sanitärzellen und Möbel - ein Klassiker ist der Freischwinger von Verner Panton.

Vollholz mit Furnier

Vor hundert Jahren gab es aber auch nur wenige künstliche Baustoffe. Aus Kostengründen wurden damals hauptsächlich heimische Materialien eingesetzt. War Marmor zu teuer, imitierte man ihn einfach: Die auf Holz aufgemalte Äderung wirkt so echt, dass man nur von Nahem die Imitation erkennt - ein heute unbezahlbarer Aufwand.

Der Unterschied zwischen einfachem und hochwertigem Bauen bestand damals weniger in der Auswahl der Baustoffe, als in der unterschiedlich aufwändigen Verarbeitung und Oberflächenbehandlung der Materialien. So konnte ein Boden aus Eiche ein einfacher Dielenboden sein oder ein Tafelparkett. Das Vollholz einfacher Möbel wurde nur lackiert oder gestrichen, während die Oberflächen hochwertiger Möbel furniert und mit Schellack überzogen waren.

Material-Mix

Heute werden künstliche und natürliche Baustoffe miteinander kombiniert, wobei der Erhalt des natürlichen Charakters des Materials zeitgemäß ist. Der Alterungsprozess von Stein und Holz, das Ansetzen von Patina, wird zunehmend als ehrlich und materialgerecht empfunden.

Natursteine oder Hölzer werden aber auch oft durch künstliche Nachbildungen ersetzt, weil haltbarer und günstiger, wie die Laminatböden - wobei das Original als angenehmer und wertvoller empfunden wird. Auch in einer Mietwohnung kann man jederzeit Böden und Wände verändern - nach Rücksprache mit dem Vermieter. Je länger die voraussichtliche Mietdauer ist, desto mehr lohnt Eigeninitiative.

Fußboden

Fußböden aus Kork und aus Linoleum sind reine Naturprodukte und durch ihre geringe Höhe auch zum nachträglichen Einbau gut geeignet. Linoleum ist sehr pflegeleicht, und Kork ist wegen seiner guten Dämmeigenschaften angenehm fußwarm.

Das gilt natürlich auch für Teppichböden, die in allen Farben und Qualitäten erhältlich sind, von reiner Schurwolle bis zur Kunstfaser. Meist jedoch wirken sie mehr durch ihre Farbigkeit und Musterung als durch die Materialqualität.

Böden aus PVC oder Kautschuk sind auch in kräftigen Farben und in vielen verschiedenen Mustern erhältlich. Beiden Materialien ist die Künstlichkeit anzusehen - deshalb Finger weg, wenn es um Wohnbereiche geht.

Fliesen waren nicht immer nur pflegeleicht und praktisch. Im Jugendstil etwa setzte man sie vor allem zu Dekorationszwecken ein. Mittlerweile wird das praktisch Abwaschbare wieder mit dem Schönen verknüpft. Mit Mosaikfliesen zum Beispiel lassen sich sowohl zurückhaltende als auch anregend strukturierte Wandflächen gestalten. Andere Fliesen sind in Farbe und Oberflächenstruktur Natursteinen nachempfunden.

Wände

Die Putzoberflächen der Wände bleiben immer häufiger untapeziert und werden nur noch gestrichen, wobei meist matte oder leicht glänzende Dispersionsfarben verwendet werden. Eine monochrome Fläche wirkt zurückhaltend und betont die Putzstruktur. Bei einer Wischtechnik mit verschiedenen Farben oder einer Spachteltechnik, bei der die Farbe nicht mit dem Pinsel, sondern mit dem Spachtel aufgetragen wird, tritt die Wirkung der Wand in den Vordergrund. Man sollte bedenken, dass der Putz in Neubauten meist gleichmäßig strukturiert ist und flächig wirkt, in Altbauten dagegen unregelmäßiger ist und eher plastisch ausschaut.

Sichtbar belassene Betonoberflächen werden aufgrund der vielen negativen Assoziationen mit Beton meist abgelehnt. Zunehmend aber wird Beton eingefärbt und die Oberfläche geschliffen oder poliert - eine sehenswerte Alternative. Zumal Natursteine für Wände oder Böden meist sehr kostspielig sind.

Es gibt sie aus aller Herren Länder, und der Trend geht hier von hoch glänzenden Oberflächen hin zu natürlich aussehenden, samtigen Oberflächen.

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