Schwache Leitwährung:Die Gewinner der Dollarkrise

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Absturz der US-Währung belastet die Exportwirtschaft - dennoch können Investoren von den Devisen-Turbulenzen profitieren.

Die Billigwährung Dollar verunsichert die Anleger. Mit jedem Cent, den der Dollar schwächer wird, wächst die Vorsicht. Seit Anfang dieses Jahres verlor die US-Währung 13 Prozent, der starke Euro hingegen kratzt an der 1,50-Dollar-Marke.

"Wir raten Anlegern ab, derzeit im Dollarraum zu investieren", sagt Carsten Klude, Chefvolkswirt der Hamburger Privatbank M.M. Warburg. Mit dieser Meinung ist er nicht allein. Die Mehrheit der Analysten ist sich einig: Der schwache Dollarkurs wird sich in den nächsten sechs Monaten nicht erholen.

Der Absturz des Greenback trifft vor allem europäische Unternehmen, die viele Waren ins Ausland verkaufen. Jetzt merkt der Exportweltmeister Deutschland, wie anfällig seine Unternehmen für Währungsschwankungen sind. Vor allem die Luftfahrt- und Automobilindustrie jammert.

Dass die Talfahrt des Dollar deutsche Unternehmen nicht noch stärker lähmt, liegt vor allem an einer Zahl: Nur 13 Prozent der deutschen Exporte landen im Dollarraum. Die meisten Ausfuhren gehen in Nachbarstaaten. Hinzu kommt: Die deutschen Exporte werden mehrheitlich in Euro abgerechnet.

Der Mittelstand erwirtschaftet sogar 75 Prozent seines Umsatzes in Deutschland. "Kleine und mittelständische Unternehmen exportieren vor allem in die Eurozone oder die EU. Der schwache Dollar spielt für sie so gut wie keine Rolle", sagt Niels Oelgart, Leiter des Referats Geld und Währung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages.

Mittelständler lassen sich in Euro bezahlen

Außerdem lassen sich viele Mittelständler bei Exporten in den Dollarraum nur noch in Euro bezahlen, sagt Matthias Schrade, Geschäftsführer von GSC Research. Der schwache Dollar löst bei Deutschlands Unternehmern und Anlegern also nicht nur Sorgen aus.

Im Gegenteil, es gibt auch Gewinner. Zum Beispiel Adidas: Der Sportartikelhersteller lässt die Mehrzahl seiner Produkte international auf Dollarbasis herstellen und importiert sie dann. "1999 kamen 35 Prozent des europäischen Imports aus den Schwellenländern, jetzt sind es 50 Prozent", sagt Bernd Meyer, Chefstratege für europäische Aktien bei der Deutschen Bank. Ein schwacher Dollar reduziert also die Kosten von Adidas.

Ebenfalls keine Probleme mit der Dollarkrise hat Krones, der weltweit größte Hersteller von Abfüllanlagen. Die Oberpfälzer haben in den USA keinen Konkurrenten, der komplette Anlagen bauen und installieren kann - und der durch den schwachen Dollar die Preise von Krones unterbieten könnte.

Und die japanische Konkurrenz fertigt vor allem für den eigenen Markt. Damit kann Marktführer Krones die Preise weitgehend diktieren und Anlagen in die USA verkaufen, obwohl sich diese für US-Kunden durch den starken Euro verteuert haben.

Schlecht hingegen ergeht es dem Weltmarktführer bei Druckmaschinen. Heidelberger Druckmaschinen hat mit dem japanischen Unternehmen Komori einen starken Wettbewerber. Analysten schätzen, dass die Japaner mit Hilfe des schwachen Dollars inzwischen einen Preisvorteil von etwa 30 Prozent gegenüber den Heidelbergern haben.

Hedging: Segen und Fluch

Deutsche Unternehmen sind heute besser auf weltweite Währungsschwankungen vorbereitet als früher. "In der Vergangenheit reagierten die Aktien negativer auf Dollar-Talfahrten als heute. Das liegt vor allem am besseren operativen Hedging der Unternehmen", sagt Aktienstratege Meyer.

Beim sogenannten Financial Hedging gehen Unternehmen Termingeschäfte ein, etwa mit einer Bank, und wetten dabei auf steigende oder sinkende Wechselkurse. Erlöseinbußen beim Warenexport werden so durch Währungsgewinne aufgefangen. Aber auch das ist teuer.

"Das Financial Hedging ist nur die Vertagung des Problems", sagt Meyer. Ein anderes Mittel, gegen den schwachen Dollar anzukämpfen, ist es, die Produktion (oder Teile davon) in den Dollarraum zu verlagern. Bis jetzt wurden aber noch keine Arbeitsplätze gestrichen, etwa wenn deutsche Autofirmen und Maschinenbauer neue Produktionsstätten in Amerika errichten.

Anleger, deren Aktien wegen des schwachen Dollar an Wert verloren haben, sollten die Ruhe bewahren. Die Deutsche Bank jedenfalls sieht keinen Grund, ihre Musterdepots wegen der aktuellen Dollarkrise groß zu verändern.

Auch GSC-Research-Geschäftsführer Schrade rät zur Besonnenheit: "Man sollte sich vom schwachen Dollar nicht verrückt machen lassen. Währungsschwankungen hat es immer gegeben."

© SZ vom 30.11.2007/bpr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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