Schönheitsreparaturen:Gericht stärkt Mietern den Rücken

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Ein ewiger Kampf: Welche Schönheitsreparaturen müssen Mieter leisten, welche nicht? Jetzt hat der Bundesgerichtshof erneut ein bahnbrechendes Urteil gefällt.

Wolfgang Büser

Die lange Reihe der mieterfreundlichen Urteile des Bundesgerichtshofs zu den sogenannten Schönheitsreparaturen ist mit einer Entscheidung zur "Endrenovierung'' fortgesetzt worden: Mieter sind nicht dazu verpflichtet, beim Auszug ihre Wohnung "fachgerecht renoviert'' an den Vermieter zurückzugeben, wenn der Mietvertrag dies ohne Wenn und Aber vorsieht. (AZ: VIII ZR 316/06)

Was bedeutet diese Grundsatzentscheidung für Mieter? Müssen sie jetzt gar nicht mehr zu Pinsel und Farbe greifen, also vielleicht auch während des laufenden Mietverhältnisses nicht? Für die korrekte Antwort darauf kommt es auf die Formulierungen im Mietvertrag an.

Schönheitsreparaturen sind dem Bürgerlichen Gesetzbuch zufolge grundsätzlich vom Vermieter auszuführen. Er wird seinen dafür notwendigen Aufwand in die Höhe der Miete einrechnen. Der Vermieter hat aber auch das Recht, diese Arbeiten auf seine Mieter "abzuwälzen'' - was inzwischen die Regel ist. In diesen Fällen haben die Mieter dafür zu sorgen, dass das Eigentum des Vermieters so gut wie möglich erhalten bleibt.

Um das sicherzustellen, gibt es in den Mietverträgen entsprechende Regelungen, die bestimmte Vorgaben enthalten, welche die Mieter allerdings nicht unangemessen benachteiligen dürfen.

Die Zivilgerichte bis hin zum Bundesgerichtshof haben zahlreiche solcher Klauseln unter die Lupe genommen. Oft fanden die Formulierungen keine Gnade vor den Augen der Richter. Benachteiligt eine Renovierungsvereinbarung den Mieter unangemessen, so ist diese Klausel unwirksam.

Einigung auf finanziellen Ausgleich möglich

Sie wird aber nicht durch eine andere Klausel ersetzt, sondern hinterlässt eine Lücke. Und wo nichts steht, da kann nichts geregelt sein. Folglich gilt dann das, was das Gesetz generell vorschreibt: Der Vermieter ist für die Schönheitsreparaturen zuständig. Was nicht heißt, dass der Mieter nicht dennoch Instandstellungsarbeiten ausführt. Vielleicht einigen sich die beiden auf einen finanziellen Ausgleich.

Wird ein Neu-Mieter dazu verpflichtet, vor dem Einzug Schönheitsreparaturen auszuführen (was grundsätzlich erlaubt wäre), so muss ihm dafür ein angemessener Ausgleich gewährt werden, wenn dies auch die laufenden Instandhaltungsarbeiten betrifft. So entschied schon vor Jahren das Kammergericht Berlin (AZ: 12 U 282/02).

Dieser Ausgleich könnte darin bestehen, dass der Mieter für eine bestimmte Zeit weniger oder keine Miete zu zahlen hat. Zum selben Thema das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg: Die formularmäßige Übertragung der Anfangsrenovierung auf den Mieter ist unwirksam, wenn der Mieter ohne Ausgleich verpflichtet sein soll, während des Mietverhältnisses turnusmäßig weitere Schönheitsreparaturen auszuführen. (AZ: 4 U 201/90)

Auch zu Verpflichtungen während des laufenden Mietverhältnisses hat es bereits Dutzende Entscheidungen gegeben. Den größten Streit gab es um die sogenannten "starren Renovierungsfristen'', die meist in den Mietverträgen aufgelistet und vom Bundesgerichtshof dem Grunde nach auch gebilligt worden sind. Beispiel: "Küche, Bäder und Dusche sind alle drei Jahre, Wohn- und Schlafräume, Flure, Dielen, Toiletten alle fünf und sonstige Nebenräume innerhalb der Wohnung alle sieben Jahre'' auf Vordermann zu bringen.

Solche "starren'' Fristen haben ihre Tücken. Mieter nutzen nämlich Wohnräume in unterschiedlicher Intensität: etwa ein alleinstehendes Ehepaar weniger stark als eine Familie mit zwei Kindern in einer gleichgroßen Wohnung.

Der Bundesgerichtshof urteilte in mehreren Entscheidungen, dass der Vermieter deshalb nicht von jedem Mieter gleichermaßen verlangen dürfe, Schönheitsreparaturen auszuführen.

Es müsse dem Mieter die Möglichkeit eingeräumt sein, mit Instandhaltungsarbeiten abzuwarten, wenn dies noch gar nicht erforderlich sei. Unverrückbare Fristen seien somit unwirksam. Die Folge: Ist der Mieter nicht freiwillig dazu bereit, zu tapezieren und zu streichen, muss der Vermieter selbst tätig werden, will er seine Wohnung nicht verkommen lassen.

Als unwirksam wurde auch die Klausel eingestuft, wonach Schönheitsreparaturen innerhalb einer bestimmten Jahresfrist fällig sind, "soweit nicht nach dem Grad der Abnutzung eine frühere Ausführung erforderlich ist''.

Der Bundesgerichtshof sieht in einer solchen Fassung deshalb starre Fristen, weil sie den Mietern keinen Raum lässt, solche Arbeiten - je nach Abnutzung - auch später zu erledigen. (AZ: VIII ZR 360/03)

Neue Mietverträge dürften deshalb inzwischen wesentlich weicher formuliert sein, etwa so: Schönheitsreparaturen sind "in der Regel'' oder ,,im Allgemeinen'' in einem bestimmten Jahresabstand auszuführen. Das lässt den Mietern die vom höchsten Zivilgericht geforderte Handlungsfreiheit.

Es könnten auch die starren Fristen genannt, aber durch einen Zusatz gemildert werden: "Lässt in besonderen Fällen ... der Zustand einzelner Räume ... eine Verlängerung der vereinbarten Fristen zu oder erfordert er eine Verkürzung, so kann der Vermieter nach billigem Ermessen die Fristen des Planes ... verlängern oder verkürzen''. (AZ: VIII ZR 48/04)

Dies lässt dem Mieter den nötigen Spielraum, gibt aber auch dem Vermieter das Recht, sein Eigentum in bestimmten Abständen zu inspizieren, um es davor zu bewahren, dass gar zu großzügige Mieter, deren Schmutzschwelle möglicherweise sehr hoch angesiedelt ist, wirksam an ihre Pflichten zu erinnern. Dass solche auslegungsfähigen Klauseln die Inanspruchnahme der Gerichte nicht verringern wird, versteht sich.

Auch eine Klausel im Mietvertrag, wonach der Mieter bei der Ausführung von Schönheitsreparaturen nur mit Zustimmung des Vermieters von der bisherigen "Ausführungsart'' abweichen darf, ist unwirksam.

Sie benachteiligt den Mieter unangemessen, weil sie ihn über Gebühr einschränkt, indem sie nicht eindeutig erkennen lässt, was unter "Ausführungsart'' zu verstehen sei, so der Bundesgerichtshof: "Dieser Begriff kann sich entweder auf die Grundausstattung beziehen, auf die Ausgestaltung im Einzelnen oder auf beides''.

Es sei mithin nicht zu erkennen, ob jegliche Veränderung zustimmungspflichtig sein soll oder wo sonst die Grenze zwischen zustimmungspflichtigen und -freien Veränderungen liege. (AZ: VIII ZR 199/06)

Gericht rügt "Befehlston"

Auch nach dem Auszug aus der Wohnung gibt es umstrittene Formulierungen im Mietvertrag. Vor dem Bundesgerichtshof ging es etwa um diese Formulierung: "Beim Auszug ist die Wohnung fachgerecht renoviert zurückzugeben. Die Wände sind mit Raufaser zu tapezieren und weiß zu streichen. Die Türzargen, Fensterrahmen und Heizkörper sind weiß zu lackieren. Der Teppichboden ist fachmännisch zu reinigen''.

Der Bundesgerichtshof stieß sich an dem "Befehlston'', der unberücksichtigt lasse, dass Schönheitsreparaturen vom Mieter nur insoweit zu erledigen sind, als dafür "ein Bedürfnis besteht''. Dies benachteilige den Mieter unangemessen.

Zuvor hatten die Karlsruher Richter schon folgenden Fall entschieden: Auch wenn ein Mietvertrag für die Ausführung von Schönheitsreparaturen durch den Mieter keine starren Fristen vor-sieht und deshalb eine wirksame Vereinbarung vorliegt (hier waren entsprechende Arbeiten "im Allgemeinen'' nach drei, fünf oder sieben Jahren auszuführen), kann der Vermieter am Ende des Mietverhältnisses dennoch leer ausgehen, wenn der Mieter gar nicht tätig geworden ist, dieser aber bestimmte Prozentsätze eines Maler-Kostenvoranschlages berappen soll, die nach festen Jahreszahlen festgesetzt sind.

In diesem Fall waren es zehn Prozent, wenn die jüngsten Arbeiten länger als ein Jahr zurücklagen; 20 Prozent bei mehr als zwei Jahren und so weiter bis hin zu 80 Prozent bei mehr als vier Jahren.

Der Bundesgerichtshof tadelte auch diese starren Jahresfristen und sprach dem Vermieter überhaupt keinen Ersatz für die nun von ihm auszuführenden Schönheitsreparaturen zu. Begründung: Er habe den Mietern durch die starren Fristen nicht die Möglichkeit gegeben nachzuweisen, dass Schönheitsreparaturen gegebenenfalls gar nicht nötig waren. (AZ: VIII ZR 247/05)

Eine von Mietern vermutlich als Kuriosität empfundene Entscheidung des Bundesgerichtshofs behandelte folgenden Fall: Haben Mieter beim Auszug aus der Wohnung die Schönheitsreparaturen zu übernehmen und würde die Ausführung der Arbeiten aber "alsbald wieder zerstört'', weil der Vermieter das Haus umbauen will, so muss der Mieter die Wohnung nicht herrichten. Stattdessen hat er aber dem Vermieter einen Geldbetrag in der Höhe zu zahlen, den er für die Schönheitsreparaturen aufzuwenden gehabt hätte. (AZ: XII ZR 220/99)

© SZ vom 27.09.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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