Schlechte Ernte:Kaffee erreicht Rekordpreis

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Händler wie Verbraucher werden nervös: Der Preis für Kaffeebohnen steigt in ungeahnte Höhen. Bessere Ernten in diesem Jahr sorgen aber für Zuversicht.

In der kleinen Clique der deutschen Rohkaffee-Einkäufer hat sich hanseatische Kaufmannstradition bewahrt: Man kennt sich, ein Handschlag zählt etwas, dezente Ruhe geht vor lauten Aktionismus.

Die Kaffeeernte wird in diesem Jahr voraussichtlich ergiebiger ausfallen. (Foto: Foto: Reuters)

Doch in diesem Jahr sind die Händler, die den Rohstoff für die kleinen und großen Röstereien besorgen, nervös geworden. Ständig steigt der Preis für die Bohnen, in der vergangenen Woche erreichte er für die Tonne Robusta-Kaffee an der Londoner Warenbörse mit 1451 Dollar den höchsten Stand seit sechs Jahren. Danach stieg er weiter.

Missernte in Vietnam

Wichtiger Grund für den Preisauftrieb ist eine Missernte in Vietnam, dem bei weitem größten Anbieter dieser Kaffeesorte. Doch auch die Exporte der höherwertigen Arabica-Bohne aus Brasilien und Mittelamerika sind in dem am 1. Oktober 2005 begonnenen Wirtschaftsjahr 2005/06 rückläufig.

Nach Angaben der Internationalen Kaffeeorganisation in London, ICO, sind die Welt-Kaffeeexporte in den ersten neun Monaten des Wirtschaftsjahres um 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen. Weltweit stand 2005/06 eine Kaffeeproduktion von 106 Millionen Sack (60 kg) einem Verbrauch von 115 Millionen Sack gegenüber. Schon zu Beginn des Erntejahres 2005/06 waren die Bestände mit etwa 24 Millionen Tonnen auf den niedrigsten Stand seit etwa 30 Jahren abgesackt, nun sind sie noch weiter geschrumpft.

ICO-Chef Nestor Osorio macht in seinem jüngsten Monatsbericht keinen Hehl aus seiner Genugtuung über den Anstieg der Kaffeepreise. Die Korrekturen im Mai und Juni hätten sich im Berichtsmonat Juli nicht fortgesetzt, stattdessen seien insbesondere die Preise für Robusta wieder gestiegen.

Entspannung zeichnet sich ab

Erfahrene Einkäufer gehen aber davon aus, dass die Zeit der scheinbar unendlichen Preissteigerungen zumindest vorerst vorbei sein könnte. Sie rechnen für die kommenden Monate mit stärker schwankenden Kursen.

Zwar weisen die Röstereien nach wie vor regelmäßig auf die Missernte in Vietnam hin, die zu Angebotsengpässen führen könnte. "Die Ernte in Vietnam betrifft alle Röster in Deutschland", sagt beispielsweise eine Melitta Sprecherin und bringt damit indirekt auch höhere Preise für die Verbraucher in die Diskussion.

Doch auf dem wegen der oft Monate vor der Lieferung abgeschlossenen Kaufverträge stark in die Zukunft gerichteten Welt-Kaffeemarkt zeichnet sich offenbar eine Entspannung ab, wie ICO-Chef Osorio jetzt meldete: Gestützt auf Schätzungen über die bevorstehende und in einigen Regionen bereits begonnene neue Ernte berechnet die ICO eine deutliche Erholung des Weltkaffeeaufkommens für das Wirtschaftsjahr 2006/07.

Die Ernte Brasiliens werde wieder auf 40,2 (nach etwa 32) Millionen Sack steigen. Und auch die Erträge Vietnams werden den Berechnungen der Organisation zufolge wieder zunehmen. Die weltweite Produktion soll um immerhin 14 Millionen Sack auf etwa 120 Millionen Sack zunehmen - und damit würde sie den Verbrauch von zuletzt 115 Millionen Sack wieder übertreffen und den Röstereien die Möglichkeit geben, ihre Bestände wieder aufzufüllen.

© SZ vom 28.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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