Schadensersatznovelle:Haftungsrisiko für Vermieter gestiegen

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Auswirkungen des neuen Schadensersatzrechts auf das Mietrecht: Bleifreies Trinkwasser oder Schmerzensgeld.

Von Andrea Nasemann

(SZ vom 5.9.2003) Der Vermieter kann oft gar nichts dafür: Da wird von einem Handwerker die Elektroheizung falsch angeschlossen. Der Mieter zieht sich schwere Verbrennungen zu. Oder: Die Wohnung hat bauphysikalische und bautechnische Mängel und wird deshalb feucht. Es bildet sich Schimmel, und es kommt zu allergischen und gesundheitlichen Reaktionen beim Mieter. Führen solche Mängel, die schon vor Beginn des Mietverhältnisses vorlagen, zu Schäden, hilft dem Mieter seit 1. August letzten Jahres das reformierte Schadensersatzrecht: Erstmals steht ihm Schmerzensgeld zu. Der Vermieter muss zahlen.

"Durch die Schadensersatznovelle ist das Haftungsrisiko des Vermieters enorm gestiegen", konstatiert Hans Reinold Horst, Rechtsanwalt und Vorstandsvorsitzender des Landesverbandes Niedersächsischer Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer die Auswirkungen des neuen Rechts (Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht 2003, Seite 537).

Von jeher kann der Vermieter auf Zahlung von Schmerzensgeld immer dann in Anspruch genommen werden, wenn er schuldhaft seinen Verkehrssicherungspflichten beziehungsweise seinen vertraglichen Schutzpflichten nicht nachgekommen ist. Was zum Beispiel der Fall ist, wenn er eine Wohnung vermietet, ohne zuvor die Bleiwasserrohre auszutauschen und sich daher erhöhte Bleikonzentrationen im Trinkwasser befinden, die nach der neuen Trinkwasserverordnung vom 1. Januar 2003 nicht zulässig sind. Weist der Mieter nach, dass er dadurch einen Gesundheitsschaden erlitten hat, kann er Schmerzensgeld verlangen.

Atemnot und Kopfschmerzen

In einem anderen vom Oberlandesgericht Hamm entschiedenen Fall hatte der Vermieter einen dichlormethanhaltigen und toxischen Fleckenentferner auf den Boden des Hausflurs des Mietshauses auftragen lassen. Daraufhin klagte ein Mieter über Beschwerden wie Atemnot, Kopfschmerzen, Augenbrennen, Brechreiz und Schwindel. Das Gericht unterstellte dem Vermieter ein fahrlässiges Verschulden und sprach dem Mieter bei einer Dauer seiner Beschwerden von zwei bis drei Tagen ein Schmerzensgeld in Höhe von 1000 Mark zu (Urteil vom 6. September 2001, 27 U 50/01).

Dabei haften Mieter und Vermieter auch für das Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen. Erfüllungsgehilfen des Mieters sind alle Personen, die auf seine Veranlassung die Mietwohnung nutzen, also Familienangehörige, Gäste, Untermieter, Kunden, Personal, Lieferanten, aber auch Hausangestellte und Handwerker. - Erfüllungsgehilfen des Vermieters sind alle Personen, die er zu Verrichtungen bei, in und an der Mietsache bestellt, also Arbeitnehmer, Handwerker, Hausverwalter, Reinigungsunternehmen, Bauarbeiter.

Nicht bei Bagatellschäden

Während der Vermieter bei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten und vertraglichen Schutzpflichten immer haftet, wenn er schuldhaft gehandelt hat, besteht für anfängliche Mängel ein Schlupfloch. "Zur Begrenzung des kaum überschaubaren Haftungsrisikos sollte der Vermieter die Garantiehaftung für anfängliche Mängel im Mietvertrag ausschließen", rät Horst. Die Haftung kann sowohl per individueller Klausel als auch durch eine Formularklausel abbedungen werden. Der Haftungsausschluss ist sogar dann wirksam, wenn die Mängel dem Vermieter bekannt sind oder er sie bei Vertragsabschluss für möglich hielt (Bundesgerichtshof, Urteil vom 3. Juli 2002, XII ZR 327/00).

Für Bagatellschäden haftet der Vermieter allerdings nach wie vor nicht. Bei Kopfschmerzen, Schleimhautreizungen, leichteren oberflächlichen Verletzungen wie Schürf- oder Schnittwunden, Prellungen, Zerrungen oder Stauchungen gehen die Gerichte von Bagatellverletzungen aus, für die ein Schmerzensgeld nicht in Frage kommt.

Keine Umsatzsteuer mehr

Neuerungen durch das Schadensersatzrecht gibt es für Vermieter auch hinsichtlich der Liquidation des Schadens. Stellte der Vermieter beim Auszug des Mieters Schäden an der Wohnung fest oder kam der Mieter seiner Pflicht, die Schönheitsreparaturen durchzuführen, nicht nach, konnte der Vermieter auf der Basis eines Kostenvoranschlags gegenüber dem Mieter abrechnen und damit auch die dort ausgewiesene Umsatzsteuer verlangen. Dabei war unerheblich, ob der Vermieter die Renovierung selber vornahm, ob er den Angebots-Handwerker beauftragte oder ob er die Wohnung unrenoviert weitervermietete.

Neu ist jetzt, dass ausgewiesene Umsatzsteuer nur noch dann als Schadensposten liquidiert werden kann, wenn sie tatsächlich angefallen ist, wenn die Reparatur also durch einen Umsatzsteuerpflichtigen durchgeführt wurde.

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