Sanierung:Außerordentliche Belastung im Haus

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Strömen Gifte aus Bauteilen, senken Sanierungskosten die Steuerlast - allerdings nur mit Gutachten.

Andrea Nasemann

(SZ vom 03.05.2002) Nach dem Krieg boomte die Bauwirtschaft. Mit den Baustoffen ging man nicht wählerisch um und Eternitverschalungen an Außenfassaden erfüllten ihren Zweck der Wärmedämmung und Isolierung. Dass darin Asbest enthalten ist, interessierte damals keinen. Inzwischen ist Eternit out, wenn auch noch an vielen alten Fassaden zu finden.

Gefährliche Sanierung

Mancher Eigentümer will sich dieses Baustoffs entledigen, doch dies ist, wegen der Gefahr der Freisetzung von Asbestfasern, aufwändig. Spezialisten in Schutzanzügen müssen ans Werk, die Asbestplatten einzeln verpackt und entsorgt werden. Den Eigentümer kommt dies teuer.

Außerordentliche Belastung für Steuererklärung

Ein Hausbesitzer, der an einer chronisch asthmatoiden Bronchitis litt, führte dies auf die asbesthaltige Außenfassade seines Hauses zurück. Er ließ diese daher entfernen und eine neue Fassade mit Vollwärmedämmung anbringen, was über 3500 Mark kostete. Diesen Posten machte er in seiner Steuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend.

Gutachten muss Schaden bestätigen

Der Bundesfinanzhof stellte zwar fest, dass Aufwendungen dann steuermindernd berücksichtigt werden, wenn andernfalls mit einem Schaden für die Gesundheit zu rechnen ist.

Er knüpfte die steuerliche Abzugsfähigkeit aber daran, dass durch ein vor der Sanierung erstelltes amtliches Gutachten nachgewiesen werde, dass eine Sanierung zur Beseitigung einer von der Fassade ausgehenden Gesundheitsgefährdung unverzüglich erforderlich sei, um das Eindringen von Asbestfasern in das Innere des Hauses zu verhindern (Urteil vom 9. August 2001, III R 6/01).

Gifte ziehen von außen nach innen

Uwe Pel, Fachanwalt für Steuerrecht und Immobilienrechtsexperte in Eppelsheim/Rheinhessen kritisiert diese Entscheidung. "Wird Ultragift, wie Asbest, im oder am Haus detektiert, besteht zwangsläufig eine konkrete Gefahr für die Gesundheit. Es ist deshalb unverhältnismäßig, den Geschädigten in diesen Fällen noch gutachterliche Nachweispflichten über Innenraumluftbelastungen aufzubürden", sagt Pel.

Auch wer nur im Außenbereich mit Asbestfasern in Berührung komme, müsse mit gesundheitsschädlichen Folgen rechnen. Dies gelte um so mehr, als es für diesen Schadstoff keinen Schwellenwert gebe, bei dessen Unterschreitung eine Gefährdung ausgeschlossen ist. Bereits ein Faserteilchen könne genügen, um eine Erkrankung auszulösen. Schließlich, was sei mit Hausbewohnern, die bei geöffneten Fenstern schlafen?

Durch Verwitterung frei gewordene Faserstoffe könnten möglicherweise durch Winddruck und Smog ins Hausinnere gelangen. Pel glaubt allerdings nicht, dass mit dieser Entscheidung der BFH einen Schlusspunkt unter diese Ultragiftfälle gesetzt hat.

Einspruch einlegen

Er empfiehlt deshalb auch allen Betroffenen schon mal, gegen nachteilige Steuerbescheide Einspruch einzulegen.

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