Sagen Sie uns Ihre Meinung:Architektur in München - Schönheit oder Sünde?

Lesezeit: 2 min

Als Star-Architekt Braunfels dem Opern-Star Netrebko "seine" Pinakothek zeigte, fragte sie dauernd: "Wie kann man sich so ein Gebäude ausdenken?" Welches Haus löst bei Ihnen Ratlosigkeit, Bewunderung oder Wut aus?

- Sehr verehrte Frau Netrebko, oder dürfen wir Sie mit "liebe Anna" anreden, weil Ihnen dem Stern zufolge doch jeder "verfällt", der Ihnen begegnet, und wir sind Ihnen immerhin schon auf einer CD begegnet! Wir schreiben Ihnen diesen offenen Brief, weil Sie möglicherweise die Abendzeitung vom Dienstag nicht gelesen haben, in der drei an Sie gerichtete Liebesbriefe (bzw. "Billetdoux", wie das Blatt schelmisch formuliert) abgedruckt sind. Sie können sich schon denken, was darin steht: dass es eine wunderbare Zeit mit Ihnen war, dass "der Hype" Sie hoffentlich nicht zu sehr angreift und dass Sie um Gottes willen auf die Fortentwicklung Ihrer Stimme achten sollen. Sie hinterlassen ein verwüstetes München. Allenthalben trifft man Leute, die den Tag ihrer Geburt verfluchen, weil sie keine Karten für die "Traviata" bekommen haben. Willenlos treiben sie durch die Straßen und fragen sich, was sie nun mit dem Wörterbuch machen sollen, das sie in Ihr Herz hätte führen sollen. Ty moschysch njeskalka dnjej paschyt u minja, hatten sie Ihnen ins Ohr flüstern wollen, "du kannst gern einige Tage bei mir wohnen". Was hätten Sie geantwortet? Vielleicht smojßja, "verpiss dich".

Stephan Braunfels vor der Pinakothek der Moderne. Hier ärgert er sich über die riesigen Plakate, die aktuelle Ausstellungen bewerben. (Foto: Foto: dpa)

Ganz schlimm hat es Stephan Braunfels erwischt, unseren Lieblingsarchitekten, den Erbauer der Pinakothek der Moderne. Mit dem sind Sie ja am Samstag durch "seine" Pinakothek gegangen, und zwar so geheim, dass er es der Abendzeitung exklusiv schildern musste. Wir waren fast starr vor Entsetzen, als wir lasen, dass Sie, Anetschka, ihn mehrmals fragten, wie "man sich so ein Gebäude ausdenken" könne. Braunfels ist ein extrem sensibler Mann, und er könnte das durchaus als Kritik aufgefasst haben - im Sinn von: Wie zum Teufel kann man sich so ein Gebäude ausdenken? Wenn er es aber für ein Lob genommen hat, dann muss es ihm seine notorische Bescheidenheit verwehrt haben, die Frage wahrheitsgemäß zu beantworten. Wir hören ihn förmlich stammeln: "Wie man sich so was ausdenken kann? Keine Ahnung, ist doch nicht der Rede wert. Die paar Steine, das baut sich doch von selbst."

Eine einzige kleine Frage müssen wir noch loswerden, golubuschka, Du Täubchen. In seinem Billetdoux schreibt Bayerns neuer Kultusminister Thomas Goppel, es gebe nun in München "mindestens zwei Chefredakteure mit irreparabel gebrochenem Herzen". Handelt es sich dabei womöglich um . . . - doch wozu Namen nennen, wo Sie doch, wiederum laut Stern, "schwarze Augen" haben, "die jedem alles versprechen". Jedem? Alles? Neuerdings hört man die towarischtschi Chefredakteure bei offener Tür russische Arien singen, beispielsweise Tschaikowskys "Ein jeder kennt die Lieb' auf Erden", ehrlicherweise mit besonderer Betonung der Zeile "des reifen Alters Leidenschaft"? Was, Anna Netrebko, haben Sie den Burschen versprochen?

© Streiflicht vom 4.2.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: