Rosneft:"Volksaktien" sehen anders aus

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Der staatliche Ölkonzern will an der Börse um jeden Preis zur russischen Nummer eins aufsteigen. Experten sehen diese Pläne skeptisch.

Einen Börsengang wie einst bei der Deutschen Telekom hatte der russische Staat mit dem Ölkonzern Rosneft vor Augen. Eine "Volksaktie" sollte es werden, um die Russen mit einem grundsoliden Wert an die Börse heranzuführen. Tatsächlich zeichneten mehr als 100.000 Russen Rosneft-Aktien.

Das Firmenschild des Erdölkonzerns Rosneft in Moskau. (Foto: Foto: AFP)

Ob sie damit glücklich werden, steht in den Sternen. Auf lange Sicht dürfte Rosneft nach Einschätzung mancher Experten das Schicksal westlicher "Volksaktien" teilen - eine enttäuschende Kursentwicklung. Im Westen war der Börsengang nicht zuletzt wegen der engen Verflechtung von Rosneft mit dem Kreml von Anfang an mit großer Zurückhaltung aufgenommen worden.

Bei den Dividenden wenig zu erwarten

Die Äußerungen von Rosneft-Chef Sergej Bogdantschikow zum offiziellen Börsenstart in London und Moskau ließen kritische Aktionäre aufhorchen. Bei den Dividenden sei in den nächsten drei Jahren nicht so viel zu erwarten, kündigte der Kreml-Vertraute Bogdantschikow im Interview mit der Moskauer Wirtschaftszeitung Kommersant an. Gewinne seien eher mit dem zu erwartenden Kursanstieg zu machen.

Diese Zuversicht wurde vom ersten offiziellen Handelstag nicht gestützt. Das Börsendebüt in Moskau und London verlief schwach. Zur Erleichterung der Anleger wurde in London eine Klage des vom russischen Staat zerschlagenen Konkurrenten Yukos abgewiesen, dessen wichtigster Förderbetrieb auf umstrittene Art und Weise an Rosneft übergegangen war.

Die Moskauer Wirtschaftszeitung Wedomosti wertete den Börsengang als gewaltigen Erfolg - aus Sicht des Konzerns sowie des Kremls. Der hoch verschuldete Ölförderer hat 10,4 Milliarden Dollar eingesammelt, mehr als alle bisherigen russischen Börsengänge zusammen. Dabei bleibt das Unternehmen weiterhin unter staatlicher Kontrolle.

Kaum Platz für Preissteigerungen

Für die Kleinanleger drohe das Abenteuer Rosneft nach Wedomosti- Einschätzung aber eher in einer Enttäuschung zu enden. Das Unternehmen habe die Aktien am obersten Rand der Preisspanne verkauft, da bleibe in Zukunft kaum Platz für Kurssteigerungen. Grund sei der Ehrgeiz der Rosneft-Bosse, an der Börse um jeden Preis zur russischen Nummer eins aufzusteigen.

"Rosneft kann eben nicht teurer sein als ein Ölkonzern, der mehr Umsatz macht und mehr Öl fördert und zugleich weniger Schulden hat", schreibt Wedomosti. Gemeint ist der nicht vom Staat kontrollierte Branchenprimus Lukoil, dessen Management im Vergleich zu Rosneft als deutlich effektiver gilt.

Aktie könnte unter Druck geraten

Die Moskauer Tageszeitung Nesawissimaja Gaseta zieht deshalb aus der Sicht der Minderheitsaktionäre ein negatives Fazit: "Der Staat hat die Hoffnungen der Kleinanleger beim Börsengang von Rosneft nicht gerechtfertigt." Analysten erwarten, dass die staatlichen russischen Banken nach einer mehrwöchigen Schonfrist die Rosneft-Papiere wieder verkaufen werden. Dadurch würde die Aktie unter Druck geraten.

Ausländische Anteilseigner wie die Energiekonzerne British Petroleum (BP) und CNPC aus China dürften Kursschwankungen dagegen wenig interessieren. Die strategischen Investoren wollten sich mit ihrem Rosneft-Einstieg beim Kreml als Energiepartner für die Zukunft empfehlen, schätzen Moskauer Experten.

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