Risikobereite Beteiligungsfirmen:Gefahr einer Kreditblase wächst

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Immer mehr Unternehmen werden durch Beteiligungsfirmen übernommen. Diese finanzieren die Kaufsumme zu einem großen Teil mit Fremdkapital - ein gefährliches Spiel.

Martin Hesse

"Wir sind uns der Risiken bewusst, die der Liquiditätsüberschuss birgt", sagte Johannes Huth zur Eröffnung des zehnten Deutschen Eigenkapitalforums am Montag in Frankfurt.

Firmenübernahmen im Volumen von mehr als 30 Milliarden Euro erwartet Johannes Huth, Europa-Chef der einflussreichen Beteiligungsfirma KKR. (Foto: Foto: ddp)

Der Europa-Chef von Kohlberg Kravis Roberts (KKR) - neben Blackstone die größte Beteiligungsgesellschaft der Welt - sprach von einer Liquiditätsblase an den Kreditmärkten.

Beteiligungsfirmen wie KKR finanzieren ihre Übernahmen in der Regel zu 70 Prozent und mehr mit Schulden. Diese bürden sie den gekauften Firmen auf, die sie aus ihren Erträgen bedienen und abbezahlen.

Boom durch niedrige Zinsen

In den vergangenen zwei Jahren haben Banken wegen der niedrigen Zinsen ihr Angebot an Krediten und Anleihen für Firmenübernahmen massiv ausgedehnt. Diese fremdfinanzierten Unternehmenskäufe werden im Fachjargon als Leveraged Buyouts (LBOs), also gehebelte Übernahmen, bezeichnet.

Huth, der als einflussreichster deutscher Private-Equity-Manager gilt, sagte, im Durchschnitt würden Firmen bei Buyouts mittlerweile mit Schulden in Höhe des 5,5-fachen des operativen Gewinns belastet. Im historischen Durchschnitt lag der Wert bei etwa 4,5. Huth sagte, KKR setze maximal einen Hebel von 4,5 an. Als besonders aggressiv bei der Finanzierung gelten die Beteiligungssparten der Investmentbanken, etwa Goldman Sachs und CSFB.

Hochprofitabel, aber riskant

Für Finanzinvestoren besteht der Reiz eines hohen Schuldenanteils bei der Übernahme darin, dass dadurch automatisch die Rendite auf ihr eingesetztes Eigenkapital höher ausfällt.

Läuft das Geschäft schlecht, wächst jedoch die Gefahr, dass die hoch verschuldeten Unternehmen ihre Schulden nicht mehr bedienen können. In Branchen, die derzeit in Schwierigkeiten stecken, lassen sich die möglichen Folgen schon jetzt ablesen.

So musste der Finanzinvestor Permira die Kontrolle über den Autozulieferer Kiekert im Sommer an die Gläubiger abgeben, weil Kiekert den Schuldendienst nicht mehr leisten konnte. In der gleichen Branche fiel TMD Friction aus dem Besitz der Beteiligungsfirma Montagu in die Hände der Gläubiger.

"Der Markt ist fundamental zu hoch verschuldet", sagt Ansgar Zwick, Deutschland-Chef der auf Restrukturierung spezialisierten Investmentbank Houlihan Lokey. Fälle wie Kiekert seien erst der Anfang eines Prozesses, der sich verstärken werde, wenn die Konjunktur abflaut, die Zinsen steigen und die Banken bei der Kreditvergabe restriktiver werden.

"Das Grundpoblem ist, dass für die Unternehmen zu optimistische Geschäftspläne gemacht werden, um die Kreditauflagen zu erfüllen", sagt Zwick. "Es gibt Firmen, die werden umfallen, wenn es einmal fünf Tage regnet."

Börsennotierte Unternehmen übernehmen Praxis

KKR-Manager Huth verwies am Montag darauf, dass die Finanzierungspraxis der Private-Equity-Eigentümer, die ihre Firmen ja in der Regel außerhalb der Börse führen, auf aktiennotierte Unternehmen abfärbe.

"Auch börsennotierte Unternehmen haben in den vergangenen Jahren ihre Schuldenquoten erhöht", sagte Huth. So sei bereits 2005 das Volumen an Aktienrückkäufen auf 103 Milliarden Euro gestiegen. Werden Aktien eingezogen, reduziert sich das Eigenkapital und die Verschuldungsquote steigt.

Tatsächlich mehren sich die Anzeichen, dass auch einige börsennotierte Firmen Schwierigkeiten beim Schuldendienst bekommen könnten. So werden etwa Anleihen des Touristik- und Schifffahrtkonzerns TUI am Kapitalmarkt derzeit unter ihrem Nennwert gehandelt.

Diese Bewertung bedeutet, dass die Marktteilnehmer die Rückzahlung der Anleihe als unsicher einstufen. Beim Abosender Premiere haben sich bereits zwei Banken von Anleihen getrennt, ebenfalls zu Kursen unter dem Nennwert.

Konkurrenz zur Börse

Derzeit führen die guten Finanzierungsbedingungen für Private-Equity-Fonds jedoch noch dazu, dass immer größere Übernahmen gestemmt werden. Huth erwartet, dass das auch noch eine Weile so bleibt.

"Wir werden in den nächsten zwölf Monaten in Europa Buyouts im Wert von mehr als 30 Milliarden Euro sehen", ist der KKR-Europa-Chef überzeugt. Die Bedeutung von Private Equity in Europa werde weiter zunehmen und als Kapitalquelle verstärkt in Konkurrenz zur öffentlichen Notierung an der Börse (Public Equity) treten. "Ich sehe einen Trend, Unternehmen von der Börse zu nehmen", so Huth.

© SZ vom 27.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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