Rentenangleichung:Gleiche Rente für Ost und West kommt später

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Einigung vor der nächsten Bundestagswahl unwahrscheinlich. Sozialminister Scholz lehnt Beitragssenkung ab.

Guido Bohsem

Eine einheitliche Berechnung der Renten in Ost- und Westdeutschland wird es frühestens 2011 geben. Sozialminister Olaf Scholz signalisierte am Mittwoch in Berlin, nicht mit einer schnellen Lösung zu rechnen. "Ich glaube, dass Ruhe dafür angebracht ist", sagte der SPD-Politiker. Alle hätten gelernt, dass es keinen Sinn habe, mit vorschnellen Forderungen auf den Plan zu treten.

(Foto: Foto: AP)

Auch der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, zunächst müssten Verhandlungen zwischen Bund, Ländern und den Parteien geführt werden. Angesichts der anstehenden Wahlen in Thüringen und Hessen dürfte dies schwierig werden, weshalb aller Voraussicht nach nicht mehr mit einer Einigung in dieser Legislatur zu rechnen ist. Die neue Regierung wird das Vorhaben also frühestens 2010 angehen können.

Wegen der Einkommensunterschiede werden die Rentenansprüche in Ost und West seit der Wiedervereinigung unterschiedlich berechnet. Das geschieht durch eine höhere Bewertung der in den neuen Ländern eingezahlten Beiträge. Ursprünglich hatte man mit einer schnellen Angleichung der Löhne gerechnet hat, was das Rechensystem überflüssig gemacht hätte. Diese Erwartung hat sich jedoch nicht generell erfüllt.

Es gibt aber Regionen im Osten, wo die Beschäftigen bereits so viel verdienen wie ihre Kollegen im Westen. Das führt zu Ungerechtigkeiten: So erwirbt der Ost-Beitragszahler mit einem Jahreseinkommen von 30000 Euro eine jährliche Rentenanwartschaft von 332,16 Euro und damit 12,96 Euro mehr als der West-Beitragszahler, der genauso viel verdient. Wie diese Unterschiede angeglichen werden können, ohne schlechter verdienende Ostdeutsche zu benachteiligen, ist umstritten.

Klar ist, dass die westdeutschen Beitragszahler die ostdeutschen Rentner auf Dauer unterstützen müssen. Aus dem am Mittwoch vom Kabinett beschlossenen Rentenbericht geht hervor, dass die Rentenversicherungsträger in den neuen Ländern weiterhin nicht genügend einnehmen, um die Auszahlungen an ihre Rentner finanzieren zu können. Nach Angaben des Sozialministeriums ist deshalb ein Zuschuss von derzeit 14 Milliarden Euro notwendig, der bis zum Jahr 2012 auf etwa 15,5 Milliarden Euro ansteigen wird.

Auch sind die durchschnittlichen Renten in Ostdeutschland weiterhin höher als die in Westdeutschland. So lagen 2007 die Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung für Männer im Osten im Schnitt bei 994 Euro und im Westen bei 951 Euro, für Frauen waren es 666 beziehungsweise 478 Euro. Die Unterschiede sind durch das Wirtschaftssystem der DDR zu erklären, wo es keine Arbeitslosigkeit und langjährige Beschäftigungsverhältnisse gab.

Zudem wird der durchschnittliche Rente im Westen durch Mini-Renten geschmälert, die an Beamte oder ehemalige Selbstständige gehen und aus kurzen Zeiten stammen, in denen sie als Arbeitnehmer beschäftigt waren. Zudem ist die staatliche Altersvorsorge nicht die einzige Einnahmequelle für die Rentner im Westen. Sie verfügen in der Regel noch über Bezüge aus Betriebsrenten oder aus privater Vorsorge.

Betrachtet man die durchschnittliche Einkommenssituation, haben die Rentner im Westen daher mehr Geld zur Verfügung als die im Osten. Alle Senioren können nach Jahren des Verzichts und magerer Zuwächse 2009 mit einem deutlichen Anstieg ihrer Bezüge rechnen. Nach dem Rentenversicherungsbericht sollen sie um 2,75 Prozent anwachsen.

Scholz bezeichnete die finanzielle Lage der Rentenversicherung als gut. Bis Ende des kommenden Jahres werde ihre Reservekasse, mit der konjunkturelle Schwankungen aufgefangen werden sollen, um drei Milliarden Euro auf etwa 19 Milliarden Euro anwachsen. Eine Senkung des Beitragssatzes lehnte er jedoch ab.

Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt forderte die Regierung hingegen auf, den Beitragssatz von derzeit 19,9 auf 19,6 Prozent zu senken. "Angesichts voller Rentenkassen ist eine Beitragssenkung gut vertretbar", sagte er der Süddeutschen Zeitung. Damit könnten auch im kommenden Jahr die Renten finanziert werden, ohne auf die Rücklagen zurückzugreifen. "Es wäre absurd, in Zeiten des Abschwungs einerseits Konjunkturpakete zu schnüren und andererseits die ohnehin schon hohen Rentenrücklagen weiter aufzufüllen.

© SZ vom 20.11.2008/liv - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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