Reiche in Großbritannien:Hilfe, wo bleibt mein Butler?

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In Großbritannien kassieren Top-Mitarbeiter in diesem Jahr Rekordgagen. Die High Society schwimmt im Geld - und hat offenbar genau deshalb ein Problem.

Franziska Roscher

Die Stadt London ist nichts für schmale Geldbeutel. Die Mieten - horrend. Die Grundstücke - fast unbezahlbar. Wer in Millionen schwimmt, sollte dagegen sein Leben in der britischen Metropole in vollen Zügen genießen. Könnte man meinen.

Luxusprobleme: In Großbritannien werden nach Rekordprämien die Crewmitglieder für Großyachten knapp. (Foto: Foto: dpa)

Die Realität - darf man britischen Medien Glauben schenken - sieht anders aus. Die Londoner High Society plagen ernste Sorgen: Die Butler werden knapp, ein neuer Rolls Royce ist kaum mehr zu ergattern - und Crewmitglieder für ausgiebige Yachtturns scheinen wie vom Erdboden verschluckt.

Die Gründe für solche Engpässe sind schnell erklärt: Die Leistungsboni in London haben in diesem Jahr ein Rekordhoch erreicht. Mehr als 14 Milliarden Pfund Prämie kassierte allein der Finanzdienstleistungssektor, schreibt der britische Guardian.

2006 waren es noch 10,9 Milliarden Pfund. Insgesamt stiegen die Boni in der britischen Wirtschaft in diesem Frühjahr nach Angaben des Office for National Statistics (ONS) um 24 Prozent auf 26,4 Milliarden Pfund.

Laut Guardian geht der Großteil des Geldes an wenige Leute ganz oben in der Hierarchie. Allein die letztjährigen Prämien von Noam Gottesman und Pierre Lagrange, die für die Londoner GLG Partners Hedge Fonds im Volumen von 40 Milliarden Pfund verwalten, werden auf jeweils zwischen 200 Millionen und 250 Millionen Pfund geschätzt.

Dass die Reichen in Großbritannien immer wohlhabender werden, zeigte kürzlich erst die diesjährige Reichenliste der Sunday Times: 68 Milliardäre zählte die Zeitung im Land - das sind 14 mehr als noch ein Jahr zuvor. Das Vermögen der 1.000 reichsten Briten ist demnach von Januar 2006 bis August 2007 um 59 Milliarden Pfund gestiegen.

Fünf Jahre für einen Royce

Die Nachfrage nach Luxusgütern ist hoch wie nie - und trifft die High Society mit voller Wucht.

So müssen Topverdiener mittlerweile fünf Jahre auf einen neuen Rolls-Royce warten. Auch die Crewmitglieder für Luxusyachten werden knapp. Weltweit sind bis jetzt 688 Großyachten ab rund 25 Metern vom Stapel gelaufen - dieses Jahr sollen 250 dazu kommen.

Selbst die berühmten britischen Butler sind mittlerweile Mangelware, die Butlerschulen kommen mit dem Ausbilden kaum noch hinterher. "Seit so viele Millionäre in London leben, ist die Nachfrage nach Butlern hier deutlich gestiegen", sagte Ivor Spencer, Inhaber einer der renommiertesten Butlerschulen des Landes, erst kürzlich der SZ.

Die immensen Boni der Manager werden von Maklern auch immer wieder als Grund für die steigenden Grundstückspreise in London angeführt. In der Metropole haben sich die Preise für Topimmobilien laut Guardian um 30 Prozent verteuert in den vergangenen Jahren.

Jetzt stürzen sich die Städter auch auf Farmland: Das "Royal Institute of Chartered Surveyors" sagte dem Guardian, Käufer aus London seien schuld an einem 20 prozentigen Anstieg der Farmlandpreise im vergangenen Jahr. Die Großverdiener wollten ein eigenes Stück Land besitzen, meist um ein Wochenendhaus herum.

Die diesjährigen Rekordprämien sollen laut Guardian-Bericht vorerst die Spitze markieren. Für 2008 werden um bis zu 20 Prozent weniger Boni erwartet. Grund ist das jüngste Durcheinander an den Finanzmärkten, das zu großen Verlusten für Hedge Fonds und zum Ausbleiben von Private Equity-Auszahlungen führte.

Was in diesem Frühjahr an Boni ausgegeben wurde, basiert jedoch auf dem Geschäftsjahr 2006. Und das war ein gutes für Großbritannien: Nach mehreren Jahren starken Wachstums waren die Profite britischer Firmen auf einem Rekordhoch. Laut ONS waren die Erträge im zweiten Quartal 2006 die höchsten in 13 Jahren.

Die Löhne dagegen stiegen so wenig wie schon seit fünf Jahren nicht mehr.

Drohen Großbritannien Unruhen?

Dementsprechend verurteilen die Gewerkschaften die immensen Zahlungen: "Diese Zahlen legen nahe, dass der Wohlstand der Superreichen in London kein Ende nimmt, während Tausende ungeschützter Arbeiter zu Niedriglöhnen schuften", sagte Brendan Barber, Generalsektretär der TUC im Guardian.

Vor der wachsenden Ungleicheit in Großbritannien warne laut der Zeitung auch Sir Ronald Cohen. Cohen, einer der reichsten Briten und Gründer der Private Equity Gruppe Apax, fürchtet, dass die Kluft zwischen Arm und Reich zu Unruhen führen könnte.

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