Radon im Haus:Das Gas, das in die Mauern kriecht

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Das radioaktive Edelgas kommt überall in der Natur vor. Medizinische Langzeitstudien haben ergeben, dass es Lungenkrebs verursachen kann. Deshalb sind gesetzliche Grenzwerte für Wohnungen geplant.

Von Gudrun Passarge

Das radioaktive Edelgas Radon ist unsichtbar, geruchslos und nicht schmeckbar, aber sehr gefährlich. Medizinische Langzeitstudien haben ergeben, dass Radon Lungenkrebs verursachen kann. "Das Risiko ist ganz klar nachgewiesen", sagt Erich Wichmann, Leiter des Instituts für Epidemiologie am GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit.

Das Bundesumweltministerium plant deswegen einen Gesetzentwurf, den Radon-Grenzwert in vermieteten Wohnungen auf 100 Becquerel pro Kubikmeter festzulegen - was Nachbesserungen bei mehreren 100.000 Gebäuden in Bayern zur Folge hätte, wie der Haus- und Grundbesitzerverein München und Umgebung schätzt.

Dessen Vorsitzender Rudolf Stürzer lehnt den Gesetzentwurf ab: "Es gibt wesentlich einfachere Methoden als teure Nachrüstung, zum Beispiel regelmäßiges Lüften. "

Das geplante Gesetz habe bei den Mitgliedern des Vereins zu großer Unruhe geführt, berichtet Stürzer. Dabei ist der Großraum München, wie die Untersuchungen zeigen, nicht so stark von der Radon-Belastung betroffen wie Teile des Alpenlandes oder des Bayerischen Waldes.

In München blieben die meisten bisherigen Messungen unter der geplanten Höchstgrenze von 100 Becquerel. Das Umweltinstitut München beispielsweise hat nur einzelne Ausreißer in Kellergebäuden im Süden und Westen Münchens gemessen.

"München liegt zwar in einer radonarmen Schotterebene. Diese wird aber im Westen Münchens durch Altmoränen und im Süden durch die Endmoränen der letzten Eiszeit begrenzt. Im Moränengebiet befinden sich u. a. gasundurchlässige Lehm- und Tonschichten. Unter diesen sammelt sich das Radon und kann über Fugen und Risse in Häuser eindringen, wenn deren Fundamente die gasundurchlässigen Schichten durchdringen oder anschneiden", erklärt Christina Hacker vom Umweltinstitut.

Auch im tertiären Hügelland Richtung Freising, das die Schotterebene im Münchner Norden begrenzt, wurden an manchen Orten höhere Konzentrationen gemessen.

Unabhängig von der geologischen Beschaffenheit ist die Bauweise der Häuser für unterschiedliche Radonwerte verantwortlich. So kann das Gas etwa durch undichte Bodenplatten in Häusern in die Räume gelangen.

In München seien vor allem Vorkriegshäuser innerhalb des Altstadtrings betroffen, sagt Rudolf Stürzer. Denn damals war es noch nicht üblich, feste Bodenplatten einzubauen. Stürzer sieht die Radonwerte abhängig von drei Faktoren: Erstens der Bauweise im Keller, zweitens in welchem Stockwerk gemessen wird, da die Werte nach oben hin stark abnehmen, und drittens, wie das Lüftungsverhalten der Mieter sei. "Wer gut lüftet, ist auch auf der sicheren Seite", sagt Stürzer und bezieht sich dabei auf ein Gebiet wie München, in dem die Radonwerte eher unterhalb der Grenze liegen.

Erich Wichmann ist allerdings anderer Meinung, was die Lösung des Radonproblems angeht: "Mit Lüften kann man nur wenig bewirken. Langfristig ist das nicht ausreichend." Sein Institut hat das Radonrisiko in verschiedenen Regionen Deutschlands acht Jahre lang untersucht.

Die Wissenschaftler führten Radonmessungen in Wohnungen durch und berücksichtigten in der Befragung auch die Rauchgewohnheiten der Teilnehmer. Die Daten flossen in eine internationale Studie ein, in der die Wissenschaftler Daten von über 7000 Lungenkrebspatienten und über 14.000 Vergleichspersonen aus ganz Europa analysierten.

Das Ergebnis ist nach Aussage Wichmanns ganz eindeutig. "Es besteht ein linearer Zusammenhang zwischen den Radonkonzentrationen in Wohnungen und dem Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Ab 100 Becquerel pro Kubikmeter Belastung ist ein Effekt statistisch nachweisbar."

Das Lungenkrebsrisiko erhöhe sich pro 100 Becquerel je Kubikmeter um 16 Prozent. Damit steht das Edelgas nach dem Rauchen an zweiter Stelle als Verursacher von Lungenkrebs fest.

Was können nun Hausbesitzer tun, falls die Werte die geplante Grenze überschreiten? Der Hausbesitzerverein empfiehlt Abdichtungen der Kellerwanne und spezielle Schutzanstriche auf dem Kellerboden. Die Kosten beliefen sich durchschnittlich auf je 10.000 Euro. Diese Zahl steht im Gegensatz zu den 3000 Euro, die das Bundesumweltministerium für die Altbau-Sanierung berechnet hat.

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