Prominente zur Lehman-Pleite:"Neue Ideen sind gefragt"

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Finanzjournalistin Carola Ferstl erzählt, wie sie den Lehman-Kollaps erlebte - und fragt sich, wo die Lösungsvorschläge der Finanzcracks bleiben.

SZ: Wo erfuhren Sie von Lehmans Pleite?

Carola Ferstl, Finanzjournalistin und Moderatorin beim Nachrichtensender n-tv. (Foto: Foto: ddp)

Carola Ferstl: Ich war zu Hause am Computer und habe gerade die Moderation für eine große Veranstaltung vorbereitet.

SZ: Was war Ihr erster Gedanke?

Ferstl: Es war wohl jedem klar, dass die Krise nun eine neue Qualität gewonnen hatte. Dass es Banken schlecht ging, wusste man bereits, es hatte schon viele Bankpleiten gegeben. Dass man aber große Investmentbanken pleite gehen lassen könnte, war jetzt zum ersten Mal allen klar. Nichts schien mehr sicher.

SZ: Seien Sie bitte ehrlich: Ahnten Sie, was da auf uns zukommt?

Ferstl: Dass das Platzen der Immobilienblase in den USA solche enormen Auswirkungen haben würde, war wohl nur wenigen klar. Bei näherer Betrachtung muss man jetzt erkennen, dass die Krise kommen musste. Die Kreditschöpfung um jeden Preis war zu weit gegangen. Die Lehman-Pleite wird nun immer als das entscheidende Datum betrachtet, an dem die Krise extremer wurde. Tatsächlich hat sich nur gezeigt, was passiert, wenn das Vertrauen in einen Teilnehmer am Markt schwindet - in diesem Fall in den amerikanischen Staat. Seitdem wird versucht, jeden zu retten, damit alle einen Rest Vertrauen in den Dollar und den US-Markt behalten.

SZ: Wie haben die vergangenen sechs Monate die Welt aus Ihrer Sicht verändert?

Ferstl: Das gesamte Finanzsystem wird in Frage gestellt. Wir wissen, dass wir nicht weitermachen sollten, wie bisher. Leider wird momentan genau das versucht: irgendwie die Kreditmaschine wieder anzuschmeißen. Das führt zur nächsten Blase. Neue Ideen sind also gefragt. Nur woher nehmen? Wo sind die Finanzcracks geblieben, die uns das alles mit eingebrockt haben? Warum haben die jetzt keine neuen Ideen?

Die Lehman-Pleite erschütterte vor einem halben Jahr die Finanzwelt. Eine Woche lang erzählt jeden Tag ein Prominenter, was er dachte, als er es erfuhr.

© SZ vom 18.03.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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