Produkttest:Die "Nikolaus-III-Anleihe" der Deutschen Bank

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Eine Anleihe wie ein Nikolaussack: Von außen vielversprechend, doch nicht für alle Anleger. Wer Pech hat, dem droht die Rute.

Udo Keßler

Alle Jahre wieder startet die Deutsche Bank mit einer neuen Nikolaus-Anleihe in die Adventszeit. "Renditechance statt Träumerei. 2 mal 5 % p.a. Fixkupon und danach die Chance auf mehr" - so wirbt das Institut für die dritte Auflage seiner Anleihe, die Kunden noch bis Mitte Dezember zeichnen können. Jedes Mal zaubern die Frankfurter Nikoläuse dabei etwas Neues aus dem Sack.

Nicht nur nette Überraschungen im Sack: Die Nikolaus III-Anleihe der Deutschen Bank. (Foto: Screenshot: www.deutschebank.de)

Diesmal wirft die fünfjährige Inhaberschuldverschreibung in den ersten beiden Jahren einen lukrativen Festzins von jährlich 5,0 Prozent ab - aber nur auf dem Papier. Denn eine zweiprozentige Kaufgebühr drückt die Rendite spürbar. Damit diese Gebühr möglichst wenigen Anlegern im Flyer auffällt, versteckt das Geldhaus den Hinweis auf den Ausgabeaufschlag clever im Fußnoten-Format in Klammern.

Zu viel verspricht die Bank auch mit ihrem Slogan "danach Chance auf mehr" Zinsen. Treffender wäre für die restlichen drei Jahre Laufzeit die Formulierung gewesen: danach Risiko geringerer Zinsen. Aber so ehrliche Aussagen packt das Institut lieber in den 144-seitigen Verkaufsprospekt. Frei nach dem Motto: Den liest eh keiner.

Wenig transparentes System

Risikoreich, weil aktienlastig, wird es in der Tat vom dritten Anleihenjahr an. Dann hängt die Verzinsung von der Entwicklung eines aus 15 internationalen Standardwerten zusammengesetzten Aktienkorbes ab, darunter so bekannte Adressen wie Apple, Motorola, die Deutsche Post oder Sony. Was beim Kunden per Zinskupon letztlich ankommt, ermitteln die Deutschbanker leider nach einem komplizierten und wenig transparenten System.

Kalkulationsgrundlage für die Höhe des Kupons der Laufzeitjahre drei bis fünf sind die für den 18. Dezember 2006 ausgewiesenen Kurse der einbezogenen Aktien. Konkret: Jeweils an einem Stichtag Ende November 2009, 2010 und 2011 wird festgestellt, wie sich die Aktienkurse im Vergleich zur Startnotierung Dezember 2006 entwickelt haben.

Der Haken: Gegenwärtig bewegen sich Aktienmärkte auf einem relativ hohen Niveau, was eine Korrektur nach unten durchaus wahrscheinlich macht. Dies könnte negative Folgen für Nikolaus-Anleger haben. Büßt etwa eine ausgewählte Aktie in den ersten beiden Festzinsjahren (2007 und 2008) 20 Prozent ihres Wertes ein, würde selbst eine Kurssteigerung von 25 Prozent im Jahre 2009 verpuffen. Denn damit wäre nur die Startnotierung wieder erreicht. Statt eines satten Plus von 25 Prozent bei einem Vergleich von Jahr zu Jahr kommt der Marktführer in seiner Kalkulation nur auf den Wert null.

Verlierer wichtiger als Gewinner

Noch eine wenig kundenfreundliche Besonderheit der Nikolaus-Anleihe: Die Höhe des Zinskupons bestimmen die fünf Verlierer des Aktienkorbes, während die zehn Gewinner keine Rolle spielen. Dazu ein Beispiel: Für die Deutsche Bank macht es keinen Unterschied, ob die besten Werte im Schnitt 17 Prozent verlieren oder stolze 94 Prozent im Vergleich zum Stichtag Dezember 2006 gutmachen.

Gilt doch für die Kuponberechnung bei den Gewinnern der Grundsatz der Gleichmacherei: Die Bank unterstellt für alle zehn Top-Aktien eine positive Wertentwicklung von jeweils 10 Prozent - macht 100 Prozent. Dagegen schaut sie bei den fünf schwächsten Titeln ganz genau hin. Hier fließt die tatsächliche Performance in die Kuponberechnung ein. Erzielen die fünf Verlierer im Schnitt ein Minus von 8,0 Prozent, sind das minus 40 Prozent. Nun teilt die Bank die 60 Prozent (100 minus 40) durch die 15 Aktien, und erst jetzt steht das fiktive Ergebnis fest: 4,0 Prozent Zinsgutschrift für ein Jahr.

Entwickeln sich die fünf schlechtesten Aktientitel besser als im obigen Beispiel, steigt die Verzinsung. Müssen sie dagegen Kurseinbußen von durchschnittlich 20 Prozent oder mehr hinnehmen, sackt der Zins auf null.

Große Unsicherheiten ab dem dritten Jahr

Für Anleger, die sich vom hohen Anfangszins der Nikolausanleihe locken lassen, beginnt somit vom dritten Jahr an das große Zittern: Schon drei stark fallende Werte können die Zinsernte verhageln, was selbst in steigenden Märkten bei schlechten Wirtschaftsdaten einzelner Unternehmen schnell passieren kann. Da nützt es auch nichts, wenn sich die Kurse der besten Aktien mehr als verdoppeln.

Fazit: Die Anfangsverzinsung von 5,0 Prozent wird auch in den letzten drei Laufzeitjahren erreicht, wenn die fünf Verlierer-Werte im Schnitt exakt 5,0 Prozent gegenüber dem Referenzkurs einbüßen. Selbst dann erzielen Anleger wegen der Kaufgebühr aber nur eine Rendite von 4,57 Prozent pro Jahr. Bleibt der Zinssack in den Jahren drei bis fünf völlig leer, bringt die Anleihe lediglich eine Mini-Rendite von 1,63 Prozent. Spätestens dann wird aus der Nikolaus- eine Knecht-Ruprecht-Anleihe.

© SZ vom 09.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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