Private-Equity-Fonds:Finanzaufsicht warnt vor Risiken durch Firmenkäufer

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Der Kreditanteil bei Übernahmen wächst. Dadurch entstehen Gefahren für Banken und Unternehmen. Die Beteiligungsbranche sieht sich in der Verantwortung

Martin Hesse

Der Chef der Finanzaufsicht Bafin hat vor den Risiken durch schuldenfinanzierte Übernahmen gewarnt. Das Gebaren der Firmenkäufer sei aggressiver und riskanter geworden, sagte Bafin-Präsident Jochen Sanio. Das Risiko tragen nicht allein Investoren und Banken, sondern auch die betroffenen Firmen.

"Unbeeindruckt von gestiegenen Übernahmepreisen setzen Investoren weiter darauf, dass ihre extremen Rendite-Erwartungen erfüllt werden", sagte Jochen Sanio beim Neujahrsempfang der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin).

Der Aufsichtschef sorgt sich, dass Banken, die diese Übernahmen der Beteiligungsfirmen zu einem großen Teil mit Krediten und Anleihen finanzieren, die Ausfallrisiken unterschätzen könnten. "Dadurch, dass die Finanzierungen riskanter werden, geraten Zielunternehmen in die Gefahr, spätestens vom nächsten konjunkturellen Abschwung dahingerafft zu werden", sagte Sanio (Teilauflage der SZ vom 12. Januar).

Sogenannte Private-Equity-Fonds, die auf Beteiligungen spezialisiert sind, übernehmen Firmen meist für einige Jahre, nehmen sie von der Börse, um sie dann möglichst mit Gewinn wieder zu veräußern. 2006 haben die Firmenkäufer mehr als 700 Milliarden Dollar in Übernahmen investiert, so viel wie nie zuvor. In Deutschland werden die Käufe auf mehr als 30 Milliarden Euro geschätzt. Zugleich sammelten Finanzinvestoren im vergangenen Jahr 400 Milliarden Dollar für neue Fonds ein.

Gestiegene Kaufpreise

Entsprechend hoch ist der Anlagedruck und der Wettbewerb um attraktive Übernahmeziele. "Es ist unbestritten, dass die Kaufpreise für Firmen in den vergangenen Jahren gestiegen sind, ebenso der Anteil der Schuldenfinanzierung und damit der Verschuldungsgrad der übernommenen Firmen", sagt Roman Zeller, Deutschland-Geschäftsführer bei der auf Restrukturierungen spezialisierten Firma Alix Partners.

"Damit muss das Risiko nach oben gehen - und das bei steigenden Zinsen'', so Zeller. Nach Zahlen der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) war die Verschuldung von Firmen, deren Übernahme Großteils mit Krediten finanziert wurde, Ende 2006 im Durchschnitt 5,5 mal so hoch wie der operative Gewinn. 2002 lag dieser Wert noch bei 4,2.

Die kurzfristigen Zinsen sind in den vergangenen drei Jahren aber von zwei auf 3,75 Prozent gestiegen. Dadurch wird der Schuldendienst für die Firmen teurer, entsprechend höher müssen die Gewinne ausfallen, aus denen Zinsen und Tilgung gezahlt werden.

Den Trend zu höheren Schulden bestreitet die Private-Equity-Branche nicht. Thomas Pütter, Präsident des Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), mahnt zur Vorsicht. "Finanzinvestoren müssen ihre Übernahmen verantwortungsvoll planen", sagt Pütter. Er ist auch Chef der größten deutschen Beteiligungsfirma Allianz Capital Partners, die dem Versicherer Allianz gehört.

Um die Jahrtausendwende hätten Beteiligungsfirmen häufig den Fehler gemacht, erwartete Verkaufserlöse zu beleihen. Das heißt, sie setzten darauf, beim Ausstieg einen höheren Preis für ihre Unternehmen zu erzielen als beim Einstieg, und bemaßen daran die Schulden, die sie ihren Zielfirmen aufbürdeten.

"Wenn man dann nicht wie erhofft verkaufen konnte, reichten oft die freien Mittel der Firmen nicht, um die Schulden einige Jahre zu bedienen", sagte Pütter. ,,Diese Fehler sollten wir nicht wiederholen.'' Die meisten Investoren handelten jedoch auch nicht so.

Wer trägt das Risiko?

Umstritten ist auch, wer tatsächlich das Risiko trägt, wenn Unternehmen wegen zu hoher Schulden in eine Schieflage geraten. "Eine Firma wird deswegen nicht dahingerafft", sagt Zeller. Vielmehr müsse die Finanzierung neu verhandelt werden, während die operativen Geschäfte, die von den Finanzinvestoren zum Teil mit guten Ansätzen optimiert würden, weiterliefen.

Finanzaufseher Sanio sorgt sich daher vor allem um die Banken. Allerdings behalten die Banken heute gerade bei riskanten Übernahmen nur einen Teil der vergebenen Kredite in der Bilanz, das Gros verkaufen sie an Investoren wie Hedge-Fonds weiter.

Kann eine Firma ihre Schulden nicht mehr bedienen, können die Gläubiger im Extremfall ihre Kredite in Eigenkapital umtauschen. In einem solchen Fall geben also die ursprünglichen Firmenkäufer ihr Eigenkapital ab, machen deswegen aber nicht unbedingt Verlust. Warum, zeigt das Beispiel Hertz:

Drei Private-Equity-Firmen taten sich zusammen, nahmen den US-Autovermieter von der Börse, schütteten sich anschließend eine Dividende aus, verkauften ein Drittel der Firma nur ein Jahr später über die Börse und hatten damit ihr Eigenkapital bereits wieder eingespielt. Die Schuldenlast aber war so stark gestiegen, dass S&P warnt, für künftige Kredite könne Hertz keine Sicherheiten vorweisen.

Während Beteiligungsfirmen und Banken versuchen, so schnell wie möglich ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen, könnten am Ende also doch die Unternehmen unter dem Finanzgebaren leiden. "Dem Management bleibt weniger Geld und Zeit für das operative Geschäft, wenn es über eine neue Finanzierung verhandeln muss", sagt Zeller.

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