Preisvergleich im Internet:Wie die Krone beim Zahnarzt billiger wird

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Teurer Zahnersatz: Krankenkassen empfehlen ihren Mitgliedern, online die Preise bei Zahnärzten zu vergleichen. In der Tat können Patienten bei Zahnauktionen im Internet sparen - sie sollten aber einiges beachten.

Andreas Jalsovec

Über den Brief von ihrem Krankenversicherer hat sich Marianne Krüger ziemlich gewundert. Die Münchnerin hatte bei der Hanseatischen Krankenkasse (HEK) einen Heil- und Kostenplan ihres Zahnarztes eingereicht. Rund 9000 Euro veranschlagte der Mediziner darin für die Sanierung von drei Zähnen. Nur gut ein Zehntel davon, teilte die HEK mit, könne die Kasse übernehmen. Den Rest müsse Krüger selbst tragen.

(Foto: SZ)

"Was für astronomische Beträge erwarten mich?", fragt die Kasse denn auch gleich selbst in einer Broschüre, die sie ihrem Schreiben an Krüger beigelegt hatte. Darin empfiehlt sie der Patientin, sich doch bei einer Preisauktion im Internet ein günstigeres Angebot eines anderen Zahnarztes einzuholen. Ersparnisse von fast 60 Prozent beim Eigenanteil an den Kosten seien dabei möglich.

Ähnlich wie die HEK werben derzeit viele Kassen verstärkt bei ihren Kunden dafür, sich bei Zahnauktionen im Netz günstigere Behandlungen zu suchen. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofes von Ende 2010. Darin erklärte der BGH die Preisvergleiche im Internet für rechtens. Geklagt hatten Vertreter der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns (KZBV) gegen die Internetplattform 2te-Zahnarztmeinung.de. Die Standesvereinigung hält die Auktionen im Netz für "berufsrechtlich inakzeptabel" und "unseriös", wie ein KZBV- Sprecher betont. Die BGH-Richter entschieden dennoch: Die Auktionen seien im Interesse der Verbraucher.

Auf der Plattform können Patienten die Heil- und Kostenpläne ihres Arztes für eine Zahnbehandlung einstellen. Andere Zahnärzte geben dann Angebote für die Behandlung ab. Die liegen oft weit unter den Ursprungskosten. Beispiel: Für die Krone eines Düsseldorfer Patienten verlangt der Hauszahnarzt 700 Euro. Der Kollege drei Kilometer entfernt bietet sie für 340 Euro an. Ersparter Eigenanteil: 360 Euro (siehe Tabelle oben). Im Schnitt liege die Ersparnis in den Auktionen bei 56 Prozent der Ursprungskosten, sagt Plattform-Gründer Holger Lehmann. "Oft sind es 2000 Euro und mehr."

Auf die Auktions-Idee kam Lehmann 2005. Damals brauchte er selbst einen Zahnersatz. Sein Arzt verlangte 500 Euro, der seiner Eltern 350: "Da habe ich gesehen, wie viel Luft im Preis steckt." Kosten sparen kann man bei der Zahnbehandlung mehrfach: beim Honorar für den Arzt, beim Material und bei den Laborarbeiten. Billiger müsse dabei nicht weniger Qualität bedeuten, meint Lehmann. So hätten die meisten der günstigen Zahnärzte eigene Labors oder Zahntechniker und könnten deshalb billiger anbieten. Überdies bewerteten die Patienten die Ärzte im Internet. Außerdem gebe es vor der endgültigen Behandlung stets einen Termin, bei dem der Zahnarzt sich den Patienten anschauen und das Angebot anschließend bestätigen müsse.

Ob man das Angebot annimmt, entscheidet sich auf dem Behandlungsstuhl

Da könne dann oft das böse Erwachen kommen, meint hingegen der Sprecher der bayerischen Zahnärztevereinigung: "Wenn das Ganze im Nachhinein dann doch mehr kostet." Schließlich könne kein Arzt ein fundiertes Angebot abgeben, ohne den Patienten vorher gesehen zu haben. Eine Sprecherin der Krankenkasse HEK betont dagegen: "Bisher gab es keine Beschwerden der Versicherten."

"Die Entscheidung, ob man das Angebot annimmt, fällt letztlich erst auf dem Behandlungsstuhl", sagt auch Kai Vogel, Gesundheitsexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Er sieht die Auktionen positiv: Die Patienten könnten dabei Sparmöglichkeiten ausloten - und sei es nur, um die Angebote dem eigenen Arzt zu zeigen und mit ihm noch mal über den Preis zu verhandeln. Die Qualität des Preisvergleichs hänge dabei vor allem davon ab, wie viele Ärzte bei der Auktion mitmachen.

Auf 2te-Zahnarztmeinung.de sind derzeit rund 1100 Ärzte registriert, von denen "etwa 200 aktiv mitbieten", berichtet Holger Lehmann. Ziehen sie einen Patienten an Land, wird eine Provision ans Auktionsportal fällig. Ähnlich läuft es beim Konkurrenten Zahngebot.de. Dort seien 250 Ärzte registriert, meint Geschäftsführer Alexander Sperber. "Derzeit melden sich aber jeden Tag neue Ärzte an." Auch das sei eine Folge des BGH-Urteils.

Sperber betreibt mit seiner an der Börse notierten MediNavi AG noch weitere Auktionsplattformen im Netz. So kann man sich auf Schoenheitsgebot.de den günstigsten Chirurgen für eine Brust- oder Nasenvergrößerung suchen. Auf Medikompass.de gibt es Auktionen fürs Augenlasern. Und auf Tierarztkosten.de halten Haustierbesitzer Ausschau nach dem billigsten Veterinär für die Bandscheiben-OP beim Hund oder die Kastration beim Kater. Die Zahl der Auktionen dort ist aber nicht vergleichbar mit Zahnportalen. Das Sparpotential ist viel kleiner. Zahnbehandlungen gibt es aber auch dort. Zahnziehen beim Yorkshireterrier: 50 Euro.

© SZ vom 21.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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