Philharmonie für das Saarland:"Wie ein Komet"

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Architekt Stephan Braunfels plant die Saarphilharmonie, denn: Das Saarland braucht einen Konzertsaal. Ein Kulturprojekt in der Industrievorstadt.

Dietmar Schellin

Burbach heißt die triste Saarbrücker Industrievorstadt. Jetzt aber entwickelt sich dort ein Kulturprojekt, das soeben vorgestellt wurde. Eine private Initiative will in die Energiezentrale des alten Hüttenwerks einen Konzertsaal implantieren.

Architekt Stephan Braunfels war unter anderem für den Bau der Pinakothek der Moderne in München verantwortlich. (Foto: Foto: dpa)

"Wie ein Komet schlägt das ein", war sein spontaner Einfall, als der Architekt Stephan Braunfels die Halle sah. Der Kontrast zwischen der hundert Jahre alten Backsteinfachwerkhülle und dem kühnen Einbau könnte härter und spannender kaum sein. Elektrozentralen waren, als die Elektrizität die industrielle Produktion revolutionierte, die Bauaufgabe, die eine dezente Pracht zum Ausdruck bringen durfte.

Von manchem Industriekomplex blieb einzig das E-Werk stehen. In postindustriell-romantischer Terminologie: die "Industriekathedrale". Braunfels lässt die vor acht Jahren vorzüglich sanierte Hülle unberührt stehen und wirken (Simulation: SBA). Ein Drittel des Raums wird Foyer. Zwischen Einbau und Altbau bleibt ein intensiver Abstand.

Man spürt die Spannung zwischen zweierlei Saarland. Nämlich dem Land, das aus der Schwerindustrie erst hervorgegangen ist, und dem heutigen Saarland, das sich mühsam aus Altlasten hervorquält und als moderner IT-, Nano- und Metallstandort am Wettbewerb der Regionen teilhat.

Auch wenn Ministerpräsident Peter Müller zu den Gründungsmitgliedern des Fördervereins zählt, und versprochen hat, auf jeden privaten einen öffentlichen Euro draufzulegen, ist die Saarphilharmonie eine dezidiert private Initiative. Sie geht zurück auf den Dirigenten Christoph Poppen, der mit der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern auf fremden Kontinenten das Publikum begeistert. Das Saarland hat einen Klangkörper von Rang. Nur im Saarland selbst kann man mangels Saal die DRP nicht hören.

Wer Ohren hat, für den ist es keine Frage, dass das Saarland einen Konzertsaal braucht. Der Münchner Akustiker Karlheinz Müller hat gerade die Saarbrücker Mehrzweckhalle überarbeitet. Eine wirklich philharmonische Arbeit ist auch in der optimierten Halle nicht möglich. Die Bläser erschlagen die Streicher, die Musiker hören einander nicht.

Ein Saarland mit Philharmonie

Kein Wunder, dass nun nicht nur die üblichen Verdächtigen des Kulturlebens agieren. Auch Bank- oder Industrievorstände sind engagiert. 25 Millionen Euro müssen sie zusammenlegen.

Derzeit dominiert die Euphorie des Aufbruchs. Während im Saarland oft die larmoyante Tonlage vorherrscht, klingt das Philharmonieprojekt selbstbewusst. Zweimal bekam das Saarland Kunsträume als Lohn für Treue. Von Adolf Hitler das Theater, als die Saarländer sich 1935 für Nazideutschland entschieden hatten. Von Adenauer die Kongresshalle für das Votum, Bundesland zu werden. Jetzt wollen sie es einmal selbst schaffen.

Ein Saarland mit Philharmonie wäre der kulturelle Normalzustand. Für das Projekt hat Stephan Braunfels, der wohl musikverrückteste unter den deutschen Architekten, sich mit Karlheinz Müller zusammengetan. Mit dem hat er schon die Pinakothek der Moderne geplant. Die ist ein Museum und ein Ort für besondere Konzerte.

© SZ vom 28.08.2008/sst - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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