Pharmafonds:Bittere Pillen für Anleger

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Ausgaben für Gesundheit explodieren, doch an der Börse hinken die Branchentitel hinterher. Der Grund: Viele Pharmakonzerne stehen unter starkem Wettbewerbsdruck.

Kristina Läsker

Nach fünf Jahren an der Spitze des amerikanischen Pharmakonzerns Bristol-Myers Squibb musste Vorstandschef Peter Dolan kürzlich gehen. Dolan hatte versucht, die Erlöse des wichtigsten Umsatzträgers, dem Blutverdünner Plavix, zu retten.

Pharma-Fonds wiesen in letzter Zeit ein schwächeres Wachstum auf als der DAX. (Foto: Foto: dpa)

Dazu hatte er Apotex, einem Hersteller von nachgeahmten Arzneien, einige Millionen Dollar versprochen, damit er eine Billigversion von Plavix später als geplant auf den Markt bringt. Dieser Pakt "Stillhalten gegen Geld" rief den Staatsanwalt auf den Plan und verstieß gegen interne Verhaltenskodizes - so musste Dolan schließlich gehen. Die Anleger sahen es gern: In Dolans Amtszeit war der Kurs um mehr als 60 Prozent gesunken.

Der Fall des Firmenchefs ist typisch für den Druck, unter dem Pharmakonzerne stehen: Für Arzneimittel mit Umsätzen im Wert von jeweils 22 Milliarden Dollar endet dieses und nächstes Jahr der Patentschutz, schätzt das Marktforschungsunternehmen IMS.

Generika als Konkurrenz

Diese Umsätze werden meist zügig von Billiganbietern vereinnahmt, die ihre Mittel 50 bis 70 Prozent günstiger anbieten, den Konzernen brechen die Einnahmen weg. Und der Nachschub lässt warten. "Die Pipelines vieler Konzerne sind noch immer leer", sagt Portfoliomanager Holger Geissler von der Investmentgesellschaft DWS, einer Tochter der Deutschen Bank.

Außerdem leiden viele Firmen wie Merck unter Haftungsklagen: Viele hundert Patienten haben den US-Konzern verklagt. Zuvor hatte der Hersteller das Schmerzmittel Vioxx wegen der Möglichkeit eines erhöhten Herzinfarkt-Risikos vom Markt nehmen müssen, und der Kurs war eingebrochen.

Fonds bleiben hinter Erwartungen zurück

Angesichts der Konkurrenz durch nachgeahmte Medikamente, die sogenannten Generika, und fehlendem Nachschub gelingt es nur wenigen Titeln oder Fonds, von den weltweit steigenden Ausgaben für Gesundheit zu profitieren.

Die schwierige Situation der amerikanischen Pharmakonzerne schlägt auf die meisten Fonds durch: "Durchschnittlich sind die Gesundheitsfonds zu 58 Prozent in US-Titel investiert", sagt Natalia Siklic von der Fondsanalyse-Firma Morningstar.

Im Vergleich kommen die Gesundheitsfonds schlecht weg: Über die vergangenen drei Jahre haben die Branchenfonds durchschnittlich um 21,3 Prozent zugelegt. Der Dax mit den dreißig wichtigsten deutschen Firmen legte im gleichen Zeitraum um 71,47 Prozent zu, also um mehr als dreimal so viel.

Die Deutschen haben sich in den vergangenen Jahren aus Gesundheitsfonds stark zurückgezogen: Nach den Zahlen des Bundesverbands Investment und Asset Management sind seit sechs Jahren die Abflüsse aus den Fonds sehr viel größer als die Investitionen. Von Januar bis September 2006 haben Deutsche demnach 275 Millionen Euro abgezogen. "Sektorenfonds sind in Deutschland nicht mehr so in", sagt Analyst Geissler.

(Foto: Foto: SZ-Grafik)

Das sei nicht so sehr ein Sektorenproblem, meint Fondsanalystin Siklic. Statt Gesundheit stünden eher Branchen wie Energie oder Solar im Fokus. Gesundheitsfonds würden derzeit von deutschen Anlageberatern kaum vermarktet.

Geringeres Risiko

Wer nicht zu viel riskieren wolle, sei bei Gesundheitsfonds richtig, sagt Fondsmanager Geissler, der mit DWS PharmaMed einen der erfolgreicheren Fonds mitverantwortet. Diese eignen sich nach ihren Worten eher für konservative Anleger.

Wer größere Risiken eingehen will, sollte sich die Zusammensetzung der Werte anschauen. Es gilt die Faustregel: Je mehr junge und meist defizitäre Biotechnologie-Firmen im Fonds sind, desto höher ist die Schwankungsanfälligkeit - und damit die Gefahr, dass der Fonds Wert verliert.

Morningstar-Managerin Siklic empfiehlt Gesundheitsfonds generell nur zur Beimischung. Sie verweist darauf, dass breit angelegte Fonds durchschnittlich zehn Prozent des Geldes in Gesundheitstitel investieren.

Langfristig erfolgversprechend

Reine Gesundheitsfonds könnten sich allerdings für diejenigen anbieten, die auf langfristige Trends schauen: Denn trotz aller Deckelungsversuche der Politik wachsen die Ausgaben für Gesundheit seit Jahren rasant, bedingt durch die älter werdende Bevölkerung und den Lebensstil.

Überernährung und Bewegungsarmut etwa fördern Volkskrankheiten wie Diabetes dramatisch. Ebenso kosten neue gentechnisch hergestellte Medikamente, etwa gegen Krebs, viele Tausend Euro im Jahr, was die Gesundheitsbudgets weiter steigen lassen wird.

Insgesamt zeigt der Blick auf die Tabelle aber etwas Typisches: Nur zwei Fonds ist es gelungen, besser als die europäischen Indexfonds Dow Jones Stoxx 600 Health Care und MSCI Europe Health Care abzuschneiden. Wer an die Branche glaubt und sein Geld also nicht dem Manager eines selbst gemischten Fonds anbieten möchte, kann getrost auf den Branchen-Index setzen.

© SZ vom 29.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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