Petueltunnel:Unten Verkehr, oben Stille

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Wohnen am Petueltunnel wird ruhiger, grüner, vielleicht auch teurer.

Alfred Dürr

(SZ vom 03.06.2002) Baustelle zu, Tunnel auf! Am 6. Juli wird der 1,5 Kilometer lange Petueltunnel im Nordabschnitt des Mittleren Rings mit einem Bürgerfest vollständig für den Verkehr freigegeben. Gut für Autofahrer und Anwohner, die jahrzehntelang über Stau-, Lärm- und Abgasbelastungen geklagt haben. Aber der Clou des Riesenprojekts kommt erst noch. Gleichzeitig wird nämlich auch etwas für Fußgänger und Erholungssuchende getan.

Auf das Bild klicken und der Petuelpark öffnet sich in gezeichneter Form. (Foto: SZ-Grafik: Mainka.)

Schluss mit den Autos

Auf dem Tunnel starten die Arbeiten für die neue Grünanlage. Auf das Bild klicken und der Plan öffnet sich im Popup. Bei allen anderen Tunnelprojekten am Ring entstand an der Oberfläche wieder ein neues, wenn auch ein etwas ruhigeres Straßensystem. Diesmal wird es an der Verbindung zwischen Schwabing und Milbertshofen aber eine völlig autofreie Zone geben, eine Grünanlage mit Kunstobjekten, blühenden und duftenden Gärten, Wasserläufen und vielen Spielplätzen. Im Frühjahr 2004, "spätestens im Mai", so Baureferent Horst Haffner, soll der "Petuel-Park" fertig sein.

Petuel nun ein Synonym für grüne Oase

Jetzt kommt er also wieder zu Ehren, der Name jenes Ludwig Petuel, der ein Bierbrauer und Großgrundbesitzer aus Freising war und der 1909 zum ersten und einzigen Ehrenbürger des Stadtteils Milbertshofen gekürt wurde. Einer der verkehrsreichsten Streckenabschnitte der Stadt wird zu einer grünen Oase, leicht geschwungen, rund 900 Meter lang und 60 Meter breit.

Grün auf zwei Ebenen

Nach den Entwürfen des Landschaftsarchitekturbüros Jühling und Bertram sowie der Gewässerplaner Blasy und Mader entsteht ein Park auf zwei Ebenen. Die obere Ebene, die aus technischen Gründen bis zu drei Meter über dem jetzigen Straßenniveau liegen wird (wegen des Grundwasserspiegels wird das gesamte Tunnelbauwerk "angehoben"), verläuft mit Promenade, Aussichtspunkten, Rasenflächen, Plätzen sowie Fuß- und Radwegen auf der Tunneldecke.

Zur unteren Ebene zwischen Tunnel und Nymphenburg-Biedersteiner-Kanal führen Rasenstufen, Rampen und Wege. Vor der begrünten Südwand des Tunnels entstehen Gärten mit windgeschützten Sitzbereichen, Pergolen und Wasserspielen.

Treffen im Café

Diese Topografie mit den zwei Niveauunterschieden wird das Café nutzen, das Architekt Uwe Kiessler entwirft. Es wird genau am Schnittpunkt der Hauptwege liegen und hat eine Kapazität von 100 Sitzplätzen. Durch die Anordnung der Gasträume auf zwei Ebenen soll auch die Besonderheit des Parks thematisiert werden. Rund 1,9 Millionen Euro wird der Bau kosten. Die Verhandlungen mit einem Pächter laufen noch.

Streit um Café

Unumstritten war das Caféhaus-Projekt an der Klopstockstraße/Torquato- Tasso-Straße nicht. Eine Bürgerinitiative um die Ex-Stadträtin Barbara Schöne befürchtet zu hohe Investitionskosten, zu viel Lärm und Trubel im ruhigen Park sowie Belästigungen für die Anwohner. An Pfingsten ging ein Klagebrief an die Regierung von Oberbayern.

Auch im Stadtrat hatte Schöne das Café zum Thema gemacht. Baureferent Haffner verteidigt es mit Nachdruck. Die Bürger aus den umliegenden Wohnvierteln hätten es ausdrücklich gewünscht. Der benachbarte Parkplatz für die Autos der Lehrer des Lion-Feuchtwanger-Gymnasiums könne auch von Gästen des Cafés genutzt werden. Anfang Februar hat der Stadtrat einen Schlussstrich unter die Debatte gezogen und den Bau beschlossen.

Streit um den Tunnel

Bereits Ende der achtziger Jahre gab es Pläne für das Tunnel- und Parkprojekt am Petuelring. 1987 hatte der Stadtrat die Kosten von damals 400 Millionen Mark genehmigt. 1990, nach der Kommunalwahl, stoppten Oberbürgermeister Georg Kronawitter und die SPD wegen der katastrophalen Finanzlage der Stadt das Projekt. Die Grünen waren sowieso dagegen. Kronawitters Nachfolger Christian Ude stützte lange Zeit diesen Kurs.

Wenn die Stadt überhaupt noch Geld habe, solle dies lieber in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs investiert werden. Der erste Bürgerentscheid in der Geschichte der Stadt brachte 1996 die Wende: Eine knappe Mehrheit wollte den Weiterbau des Tunnels. Ude erklärte den "Glaubenskrieg" für beendet. Am 16. September 1997 war auf der Baustelle der erste Bohrpfahl für den Petueltunnel eingerammt worden.

Beruhigt ist Barbara Schöne, eine der heftigsten Kämpferinnen für den Tunnel und den Park, noch lange nicht. Sie führt sowohl die Kampagne gegen das Café als auch die gegen die Abluftanlage weiter. Statt eines modernen und energiesparenden Elektro-Filters errichte man einen altertümlichen Kamin, lautet ihre Klage.

Zu schön um bezahlbar zu sein

Schließlich die Ironie der Petuel-Story, über deren Happy-End man sich eigentlich nur freuen sollte. Jetzt, wo alles so schön wird, an dieser einst hässlichen und lärmenden Hauptverkehrsstrecke, bekommen manche Anwohner doch auch große Bedenken: Die Gegend wird hoch attraktiv, so die Sorge, die Mieten steigen und die Häuser entwickeln sich zu begehrten Spekulationsobjekten.

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