Opec-Tagung in Wien:Hoffnung für den Ölpreis

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Sie trauen sich wieder: Öl- und Energiekonzerne wollen vermehrt im Irak fördern. Das würde den Ölpreis mindern - wenn die Förderquoten gleich bleiben.

Andreas Oldag

Der britisch-niederländische Ölkonzern Shell steht in Irak vor Abschluss eines Milliardengeschäfts. Die irakische Regierung will das Unternehmen für die Entwicklung eines großen Erdgasprojektes im Süden des Landes engagieren. Shell soll ein Gemeinschaftsunternehmen mit einer Gesellschaft des Ölministeriums gründen und daran einen Anteil von 49 Prozent erhalten.

Die Rohre werden wieder geöffnet: Wenn im Irak wieder mehr Öl gefördert wird, könnte der Preis erheblich sinken. (Foto: Foto: AP)

Entspannung auf dem Ölmarkt

Auch andere westlich Öl- und Energiekonzerne erwarten jetzt, dass sie in Irak zurückkehren. Eine Ausweitung der irakischen Öl-Förderung könnte zur weiteren Entspannung auf dem Ölmarkt beitragen. Während die Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec) am Dienstag in Wien zusammen kam, fiel der Ölpreis in Richtung der 100-Dollar-Marke. Ein Fass (159 Liter) US-Leichtöl WTI kostete mit 104,94 Dollar 1,3 Prozent weniger als am Vortag. Norsee-Öl der Sorte Brent fiel bis auf 101,27 Dollar je Fass.

Auf der Opec-Tagung hat es Saudi-Arabien abgelehnt, die Förderquoten zu senken. Die Saudis sperren sich gegen Hardliner wie Iran und Venezuela, die angesichts des gesunkenen Ölpreises eine Produktionseinschränkung fordern. "Der Markt ist im Gleichgewicht", erklärte Saudi-Arabiens Ölminister Ali Al-Naimi. Die Opec berechnet ihren täglichen Durchschnittspreis auf der Basis von 13 wichtigen Sorten des Kartells.

Seit den Höchstkursen im Juli bei mehr als 148 Dollar je Fass ist der Ölpreis um etwa 25 Prozent gesunken. Hauptursache ist die zuletzt nachlassende Nachfrage aufgrund schwächerer Konjunkturaussichten für die Weltwirtschaft. Eine Rolle spielt zudem der relativ starke Dollar, der auch zum Euro zugelegt hat. Öl wird überwiegend in der amerikanischen Währung abgerechnet.

Hoffnungsvoller Blick in die Zukunft

Nach Meinung von Experten kommt hinzu, dass die spekulativen Einflüsse, die den Ölpreis Anfang des Jahres hochgetrieben haben, an Kraft verloren haben. "Dies sind alles Anzeichen für eine weitere Ölpreisabschwächung", erklärt Joel Fingerman, Analyst bei der Chicagoer Finanzfirma Fundamental Analytics. Er rechnet sogar mit einem Preis von 80 Dollar pro Barrel im Herbst. An den Märkten gibt es allerdings Befürchtungen, dass Hurrikans in den nächsten Wochen zu Produktionsausfällen im Golf von Mexiko führen könnten. "Wenn wir nicht die Wirbelstürme hätten, dürfte Öl angesichts der derzeitigen Stimmung am Markt unter 100 Dollar das Barrel notieren", erklärte Tetsu Emori, Fondsmanager bei Astmax.

Lesen Sie auf der nächsten Seite über die positiven Aussichten im Irak.

Shell ist der erste große westliche Konzern, der nach der Nationalisierung der irakischen Ölindustrie 1972 ein großes Investitionsvorhaben in Irak in Angriff nimmt. Nach dem ersten Golfkrieg 1990/1991 und dem Einmarsch der US-Truppen 2003 in Irak waren Engagements der großen Ölkonzerne praktisch zum Erliegen gekommen.

Konkurrenz aus China

Wie es in Branchenkreisen heißt, wirke sich nun auch die verbesserte Sicherheitslage in Irak positiv aus. Konzerne wie Shell, BP und ExxonMobil müssen sich allerdings künftig gegen starke Konkurrenz chinesischer Unternehmen behaupten. Im vergangenen Monat hatte sich die China National Petroleum Corp. die Entwicklung des Al-Ahdab Ölfeldes gesichert.

Die Investitionen von Shell in das neue Erdgasprojekt haben dem Vernehmen nach ein Volumen von etwa 2,8 Milliarden Euro. Es geht um Gas, das bislang bei der Ölförderung verbrannt wurde. Künftig soll das Erdgas für die Energieversorgung Iraks genutzt werden. Viele Experten sind aber skeptisch, dass Irak nach den kriegsbedingten Ausfällen kurzfristig seine Öl-Produktion wesentlich erhöhen kann. Mit geschätzten 115 Milliarden Barrel Reserven rangiert das Land hinter Saudi Arabien und Iran.

Doch die Angaben über die irakischen Reserven sind grobe Schätzungen. Seit Jahrzehnten haben Ingenieure das Land nicht hat mehr erkunden können. Experten der US-Energie-Beratungsfirma IHS vermuten, dass in den westlichen Wüstengebieten Iraks weitere 100 Milliarden Barrel lagern. In diesem Fall würde Irak nach Saudi-Arabien sogar die zweitgrößten Ölreserven der Welt haben.

Billige Förderung

Dem Land kommt strategische Bedeutung für die Ölversorgung zu, zumal viele Lagerstätten in anderen Regionen der Welt zur Neige gehen oder die Ausbeutung immer teurer wird. Auch Irak ist Mitglied der Opec, die etwa 40 Prozent der weltweiten Förderung und 75 Prozent der konventionellen Ölreserven kontrolliert. Irak produziert derzeit nur etwa 2,5 Millionen Barrel täglich. Der Wiederaufbau der von Krieg und Terror zerstörten Förderanlagen wird noch Jahre dauern. Irakisches Öl, das im Wüstenuntergrund lagert, ist billig zu fördern. Die Produktionskosten liegen bei nur etwa zwei Dollar pro Barrel.

© SZ vom 10.9.2008/kim/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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