Ohne Spekulationsfrist:Immobilie als Rendite-Killer

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Steuerexperten bewerten die Pauschalsteuer als moderat. Der Wegfall der Spekulationsfrist löst allerdings Kritik aus.

Simone Gröneweg

Es hätte schlimmer können, so lautet das Fazit von Steuerexperten, wenn sie auf die neuen Pläne der Bundesregierung zur Immobilien-Besteuerung angesprochen werden.

Die Politiker wollen die Gewinne beim Verkauf vermieteter Immobilien künftig pauschal mit 15 Prozent besteuern. Damit könne man leben, heißt es. Der Steuersatz sei moderat, auch im internationalen Vergleich. Der Wegfall der Spekulationsfrist stößt jedoch auf Kritik. Die Immobilie als Anlageform verliere weiter an Reiz, sagen Branchenvertreter.

Bisherige Abrechnung

Bisher konnten Eigentümer nicht selbst genutzter Immobilien die Spekulationsfrist von zehn Jahren abwarten und mussten dann keine Steuer auf den erzielten Verkaufsgewinn zahlen. Wer sein Haus dagegen innerhalb von zehn Jahren veräußerte, den traf es besonders happig: Er zahlte eine Steuer, die dem persönlichen Einkommensteuersatz entsprach.

Zuerst war noch Schlimmeres geplant

Anfangs wollten die Koalitionspolitiker nicht nur die Spekulationsfrist abschaffen, sondern alle Verkäufe mit dem persönlichen Steuersatz belegen. Die Immobilienbranche reagierte auf diese Ideen mit Entsetzen. Mittlerweile haben sich die Gemüter beruhigt. Doch glücklich ist man mit den neuen Plänen auch nicht.

Kritische Stimmen aus der Immobilienbranche

Im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Ländern verzichtet Deutschland nämlich auf eine Befristung der Steuer. Von einem "Abkassiermodell" spricht Rüdiger Dorn, der Präsident des Haus- und Grundeigentümerverbandes. "Wir bekommen eine Endlos-Besteuerung", kritisiert Günter Haber, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BfW). Die Investitionsneigung im Wohnungsmarkt werde schwinden, prophezeit er.

Mietwohnungsbau privat finanziert

Bis jetzt wurden ungefähr 80 Prozent des Mietwohnungsbaus von privaten Kapitalgebern finanziert. In Deutschland gibt es derzeit mehr als 19 Millionen Mietwohnungen. Noch Mitte der 90er Jahre wurde mächtig gebaut. Der Boom ist jedoch vorbei. Der Geschosswohnungsbau ging seit dem Jahr 1998 um 48 Prozent zurück. Kaum einer der Investoren habe eine vermietete Immobilie innerhalb der ersten zehn Jahre verkauft, sagen Immobilienexperten. Die meisten Anleger warteten zehn Jahre, um die Wertzuwächse steuerfrei zu kassieren.

Immobilie keine attraktive Anlage mehr

Trotzdem erwirtschafteten sie eine im Vergleich zu anderen Anlagemöglichkeiten eher schwache Rendite. Die Rendite-Kluft zwischen Immobilien und anderen Anlageformen wird nun noch größer.

Nach den neuen Plänen sei die Immobilie als Wertanlage schlechter gestellt als die Aktie, bemängelt Haber vom BfW. Schließlich gelte für Wertpapiere - deren Verkaufsgewinne ebenfalls pauschal mit 15 Prozent besteuert werden - das Halbeinkünfteverfahren. Das bedeutet: die Gewinne aus solchen Geschäften müssen nur zur Hälfte versteuert werden - der pauschale Satz liegt tatsächlich bei 7,5 Prozent. Bei den Immobilien sind 15 Prozent dagegen wirklich 15 Prozent.

Umstrittene Abschreibungen

Hart umkämpft, sind derzeit offenbar noch die Abschreibungsmöglichkeiten für vermietete Immobilien. Die degressive Gebäudeabschreibung wollten die Koalitionspolitiker ursprünglich ganz abschaffen. Nun sollen Vermieter ihre Gebäude nach Angaben von Immobilienexperten in den ersten acht Jahren noch mit drei Prozent - danach mit zwei Prozent - absetzen können. Die Lösung ist aber umstritten. Positiv äußerten sich Branchenexperten darüber, dass die gewährten Abschreibungen bei der Gewinnermittlung nicht mehr berücksichtigt werden sollen. Damit werden die gewährten Steuervergünstigungen beim Verkauf nicht als Spekulationsgewinne angerechnet.

Übergangsregeln

Wenn es nach den Regierungsparteien geht, gelten die neuen Regeln ab dem 21. Februar 2003. Dann soll das Steuer-Gesetz im Bundestag verabschiedet werden. Privatanleger, die sich vor diesem Stichtag eine Immobilie angeschafft haben, gelten als so genannte Altfälle. Für sie gibt es eine Übergangsregelung. Sie zahlen eine Steuer von 1,5 Prozent auf den Verkaufserlös. Dazu geht man bei allen Verkäufen pauschal von einem Wertzuwachs von zehn Prozent aus, der wiederum mit 15 Prozent versteuert werden muss.

Liegt der Wertzuwachs einer Immobilie unter zehn Prozent, muss der Verkäufer das nachweisen und wird individuell besteuert. "Im Einzelfall kann das schwierig sein. Zum Beispiel, wenn eine Immobilie vor vielen Jahrzehnten erworben wurde", warnt Haber vom BfW. Überhaupt, so der Verbandsvertreter, sei die Rückwärtsbesteuerung ein Vertrauensbruch. Die Anleger hätten schließlich unter anderen Bedingungen investiert.

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