Northern Rock:Aktien vom Handel ausgesetzt

Lesezeit: 2 min

An der Londoner Börse ist der Handel mit Aktien der Krisenbank Northern Rock ausgesetzt worden. Die Verstaatlichung des britischen Immobilienfinanzierers wird zum politischen Debakel für die Brown-Regierung.

Die Entscheidung war nach der Verstaatlichung der angeschlagenen Bank erwartet worden. Der britische Finanzminister Alistair Darling hatte am Sonntag mit der Entscheidung, die Bank vorübergehend in öffentlichen Besitz zu nehmen, monatelange Spekulationen über die Zukunft der Hypothekenbank beendet. Die Aktie von Northern Rock schloss am Freitag bei 90 Pence, womit das Unternehmen mit etwa 379 Millionen Pfund (gut 504 Millionen Euro) bewertet würde.

Muss die Northern-Rock-Verstaatlichung verteidigen: der britische Finanzminister Alistair Darling. (Foto: Foto: AP)

Heftige Kritik an Verstaatlichung

Währenddessen wächst die Kritik an der Regierung von Gordon Brown. Schatzkanzler Alistair Darling will am Montag Notgesetze für eine Verstaatlichung durch das Parlament bringen. Die konservative Opposition kündigte an, die "katastrophalen" Pläne nicht zu unterstützen. Für Premierminister Brown, der als ehemaliger Schatzkanzler hohes Ansehen für seinen Wirtschaftsverstand genoss, ist die Northern-Rock-Affäre eine Niederlage.

Es ist die erste Verstaatlichung in Großbritannien seit den 70er Jahren. Der Schritt erinnert an die Zeit, als die Labour-Partei an der Macht war und das Großbritannien mit seinen Staatsunternehmen tief in der Krise steckte. Erst Margaret Thatcher brachte die britische Wirtschaft mit radikalen Privatisierungen wieder auf Vordermann.

"Das Wrack"

Die Hypothekenbank Northern Rock aus Newcastle, einst wegen ihrer Standhaftigkeit "The Rock" genannt und nun in "The Wreck" (das Wrack) umgetauft, war vergangenen September im Zuge der US-Immobilienkrise ins Trudeln geraten. Die Bilder von Kunden, die vor den Filialen Schlange standen und ihr Erspartes retten wollten, gingen um die Welt.

Für die Spekulationsfehler der Bank am US-Immobilienmarkt mussten nun die Steuerzahler in die Bresche springen. Zusammen mit dem Notkredit und den staatlichen Garantien stecken 55 Milliarden Pfund (73 Mrd Euro) der Steuerzahler in der Bank. Die Summe soll nach Medienangaben nun auf 110 Milliarden Pfund steigen. Finanzminister Darling musste diesen Schritt wiederholt verteidigen: "Es war das Beste, die Bank vorübergehend zu verstaatlichen, bevor wir versuchen, sie wieder auf den privaten Sektor zu bringen."

Regierung offen für weitere Angebote

Ein privater Käufer wurde nicht gefunden. Die Regierung zeigt sich jedoch weiter offen für neue Angebote. Wenn es Interessenten mit entsprechenden Offerten für die Bank gebe, werde er ihnen zuhören, sagte Darling. Im Mittelpunkt stehe aber in jedem Fall die Frage, was das Beste für die Steuerzahler sei. Die zuletzt vorliegenden Angebote hatte der Finanzminister als nicht ausreichend bezeichnet. Favorit unter den Bietern für Northern Rock war die Virgin Group des Milliardärs Richard Branson. Eine weitere Offerte hatte das Management der Bank eingereicht.

Wie lange Northern Rock unter den Fittichen des Staates bleiben soll, ist unklar. Analysten gingen jedoch davon aus, dass es mindestens drei Jahre werden sollen. Abhängig sei das auch von der wirtschaftlichen Situation. Da Großbritannien aber seit Monaten einen schweren Schlag durch die Finanzmarktturbulenzen fürchtet und die Hauspreise auf der Insel fallen, könnte es weiterhin ein zäher Kampf bleiben, Northern Rock wieder in privaten Besitz zu bringen.

© Reuters/dpa/jkr/mah - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: