Neue Nutzung:Platz für neue Ideen

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Kicken, Klettern oder Toben: Als Indoor-Spielplätze werden alte Tennis-, Lager- oder Schwimmhallen wieder belebt.

Roswitha Loibl

Konstantin hängt in den Seilen. Gerade kam Max angestürmt, schoss aus kürzester Distanz, Keeper Konstantin warf sich dem Ball entgegen - aber die Arme waren einfach nicht lang genug. Jetzt jubeln sie, die anderen, und der Torhüter wendet sich ab, krallt die Hände in die starken Maschen des Kastens, lässt sich frustriert fallen.

Volle Bude statt leere Hallen: In der ehemaligen Leipziger Messehalle wird nun Fußblall gespielt. (Foto: Foto: ddp)

Das Drama spielt sich in einer Art Käfig ab, in dem zehn Jungen einander den Ball abjagen. Die Netze rund um das Fußballfeld reichen fast bis zur Decke, damit der Ball nicht nach nebenan springt. Acht solche Kleinfelder und drei Mini-Plätze füllen die weitläufige Halle am Rande eines Gewerbegebiets. Max, Konstantin und ihre Freunde sind Stammgäste der "Soccerworld" in Köln-Lövenich.

Max feiert seinen Geburtstag seit fünf Jahren hier, seinen Freund Conrad hat er heute zu seinem 13. eingeladen. Wenn sie verschnaufen müssen, eilen sie über den Flur in eine Art gläserne Kabine, wo Getränke, Pizza und einige Mütter auf sie warten. Aber eigentlich ist kaum Zeit zum Hinsetzen und Essen, denn einem richtigen Kicker geht die Puste niemals aus. Die Netze, der Lärm - all das stört vielleicht die Mütter, doch die Kinder keineswegs.

Geburtstagsgast Dominik, zwölf Jahre alt, zählt die Vorteile auf: "Hier geht kein Ball ins Aus, weil man über die Bande spielen kann. Auf dem Kunstrasen drinnen tut man sich beim Grätschen weniger weh als draußen auf den Asche- oder Kunstrasenplätzen."

Seitdem Ende 1997 der erste deutsche Indoor-Spielplatz im Nordseebad Burhave eröffnet hat, entdecken die Eigentümer leer stehender Immobilien das Marktsegment der Freizeithallen. Ob Kicken, Klettern oder Toben - der Rhythmus der Gründungen hat sich beschleunigt. Drei Viertel der heute existierenden Anlagen entstanden in den vergangenen drei Jahren. Das zeigt sich auch im Raum München: Seit 2003 eröffnete jedes Jahr ein neuer Maxi-Spielplatz, in den nächsten Monaten kommen Anlagen in Garching, Forstern (Landkreis Ebersberg) und Erding hinzu.

Das Hamburger Beratungsunternehmen "Vota" hat Hallenspielplätze für Kinder unter zwölf Jahren untersucht. Klettertürme, Trampolins oder Riesenrutschen befriedigen dort das Bewegungsbedürfnis der Kleinen. Allein von diesen Anlagen existieren heute mehr als 260 in ganz Deutschland. Die Untersuchung geht davon aus, dass schon 2007 die Marktsättigung mit 360 Spiel-Anlagen erreicht sein wird. Einen ungebrochenen Expansionsdrang zeigt die Fußballwelt. Das Unternehmen "Soccerworld" orientiert sich an britischen Verhältnissen: Auf der Insel existieren zurzeit 74 große Fußball-Center.

Für Deutschland mit seinen 15 Millionen Hobbykickern sieht der Franchise-Geber großes Potenzial. Elf Hallen bespielt er schon, ebenso viele wie die Konkurrenz-Kette "La Ola", doch er sucht nach weiteren Standorten.

Vorläufiger Gipfelpunkt war die Eröffnung der Leipziger "Soccerworld" im vergangenen Januar, nach eigenen Aussagen die "größte Fußballhalle auf dem Kontinent". Zwei Millionen Euro wurden in ein früheres Messegebäude gesteckt. Zur Umwandlung bieten sich ehemalige Tennis-, Lager- oder Fabrikhallen an. In Passau wurde sogar ein städtisches Schwimmbad in eine Tobehalle transformiert.

Für die Eigentümer, meist Unternehmen, aber auch Kommunen, eröffnen sich damit Chancen auf neue Mieteinnahmen. Den größten Batzen Geld müssen allerdings die Betreiber aufbringen, die häufig Existenzgründer sind. Im Durchschnitt stecken sie 300.000 Euro in Umbau und Spielgeräte.

Dass dies nicht leicht zu refinanzieren ist, lässt sich aus der Vota-Befragung schließen. Dort antworteten 52 Prozent der Betreiber: "Das Geschäft könnte besser laufen." Immerhin 44 Prozent waren aber mit ihren Umsätzen zufrieden.

Wer es richtig anpackt, kann gut verdienen. "Erfolgreiche Hallen erreichen eine operative Umsatzrendite von 20 bis 30 Prozent", heißt es in der Studie.

Das gelingt jedoch nur, wenn Platz für neue Ideen ist. Der Hallenspielplatz der Zukunft bietet Kindern Bildungsangebote und unterhält die Eltern mit eigenen Wellness- oder Sportbereichen. Da haben es die Fußball-Center wohl etwas leichter, denn sie erreichen alle Altersgruppen - wenn auch vorwiegend des männlichen Geschlechts. Nachmittags sind sie fest in Kinderhand. Abends und an den Wochenenden rücken in Köln-Lövenich "Boca Braunsfeld", "Dynamo Sinnlos" oder "Lokomotive Nippes" an. Mit diesen Namen zieren sich die Herren, für die sich "Soccerworld" eigene Kundenbindungsmaßnahmen ausgedacht hat: Jede Halle der Kick-Kette bietet ihre eigene Liga und regelmäßige Turniere.

© SZ vom 7.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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