Neue Grundsteuer:Einheitssteuer mit Nachteilen

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Die Bundesländer wollen die Grundsteuer drastisch vereinfachen. So werden alle Ein- und Zweifamilienhäuser über einen Kamm gescherrt, unabhängig davon, ob es sich um eine Luxusvilla in Berlin-Dahlem oder ein einfaches Reihenhaus in Hoyerswerda handelt. Zudem befürchten Mieterverbände, dass Mieten für Wohnungen in Innenstädten teurer werden könnten.

Von Ulrich Schäfer

Berlin - Die Bundesländer wollen die Grundsteuer, eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen, drastisch vereinfachen. Die 16 Länderfinanzminister berieten auf ihrer monatlichen Konferenz am Mittwoch in Berlin ein Konzept, das die Minister aus Bayern und Rheinland-Pfalz entwickelt haben.

Es gehe darum, "die Steuer für den Bürger wieder transparenter zu machen", sagte der Finanzminister von Rheinland-Pfalz, Gernot Mittler (SPD). Deshalb wollen er und sein bayerischer Kollege Kurt Faltlhauser (CSU) die komplizierte Methode, mit der die Steuer ermittelt wird, durch ein einfaches Verfahren ersetzen. Entgegen dem Wunsch der Reformer billigte die Finanzministerkonferenz das Konzept aber noch nicht förmlich. Zunächst, wurde entschieden, müsse man es erst mal genau prüfen.

Immobilienwert zeitnah berechnen

Der Vorschlag der beiden Minister sieht vor, dass die Einheitswerte aus dem Jahre 1964, die in Westdeutschland immer noch als Basis für die Grundsteuer dienen, abgeschafft werden, ebenso die Berechnungsgrundlagen aus dem Jahr 1935, die der Fiskus in den ostdeutschen Ländern heranzieht. "Wir wollen die Immobilien zeitnäher und damit angemessener bewerten", sagt Mittler.

Zwei Faktoren spielen eine Rolle

Stattdessen soll die Grundsteuer auf zwei Komponenten beruhen, die sich leicht ermitteln lassen: dem Wert des Bodens und, soweit dieser bebaut ist, der Wohn- oder Nutzfläche der Gebäude. Als Maßstab für den Grundstückswert sollen die Finanzämter dabei die aktuellen Bodenrichtwert-Tabellen heranziehen, die in fast allen Ländern flächendeckend vorhanden sind; bislang dienen diese vor allem als Richtschnur für den Preis bei Grundstücksverkäufen. Unbebaute Grundstücke sollen künftig mit dem vollen Wert, bebaute Grundstücke dagegen nur mit 70 Prozent besteuert. Unterm Strich bedeute dies, so Mittler, "dass es für unbebaute Flächen auf dem Lande eher teurer wird".

Ungerechtes Verfahren für Reihenhäuser

Auch den Gebäudewert wollen die beiden Reformer mit einem standardisierten Verfahren ermitteln: Gebäude werden demnach in fünf Kategorien eingeteilt, für die jeweils ein durchschnittlicher Wert pro Quadratmeter gilt. So wird für alle Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen, die sich in Anlagen mit höchstens zwei Wohneinheiten befinden, ein Wert von 800 Euro pro Quadratmeter unterstellt - und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine Luxusvilla in Berlin-Dahlem oder ein einfaches Reihenhaus in Hoyerswerda handelt. "Das ist eine Ungleichheit, die wir im Interesse der Vereinfachung aber in Kauf nehmen", erklärt Mittler.

Pauschale für übrigen Wohngebäude

Für alle übrigen Wohngebäude, also Miet-, Wochenend- oder Ferienhäuser sowie Eigentumswohnungen in größeren Komplexen, wird ein Durchschnittswert herangezogen, der bei 600 Euro pro Quadratmeter liegt.

Büros, Warenhäuser, Banken oder Hotels werden mit 1000 Euro pro Quadratmeter bewertet; Supermärkte, Markt-, Lager- und Fabrikhaller oder Großmärkte mit 400 Euro angesetzt, und alle übrigen Gewerbebauten, etwa Reit- und Tennishallen, mit 200 Euro. Es liege im Ermessen jeder Kommune, welchen steuerlichen Hebesatz sie auf diese Werte aufschlage, erklärte Mittler: "Jede Stadt oder Gemeinde ist in der Lage, die Steuer mit dem neuen System aufkommensneutral zu gestalten. Aber wir können sie nicht dazu zwingen".

Acker und Weideflächen werden steuerfrei

Völlig abschaffen wollen Mittler und Faltlhauser die niedrigere Grundsteuer A, die bislang nur für Land- und Forstwirte gilt. Deren Aufkommen sei mit 300 Millionen Euro, verglichen mit insgesamt über neun Milliarden, gering, der Aufwand, um diese Summe einzutreiben, dagegen immens. So müssten die Finanzbeamte jedes Stück Vieh berücksichtigen, oder die Art der angebauten Gemüsesorten. Deshalb sollen Acker- und Weideflächen künftig von der Grundsteuer befreit und stattdessen nur noch die Wohn- und Betriebswohnungen der Landwirte damit belegt werden. Mittler und Faltlhauser wollen dies aber nicht zwingend vorschreiben, sondern jedem Land ein Optionsrecht einräumen.

Vorbehalte der Mieterverbände

Deutscher Mieterbund und der Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen werteten das Konzept als "Beginn einer Diskussion". Mieterbund-Chef Franz-Georg Rips warnte die Kommunen davor, das Aufkommen der Grundsteuer erhöhen zu wollen. "Die Grundsteuer kann nicht die Bürgersteuer der Gemeinden sein", betonte Rips. Denn jede Erhöhung werde über eine Umlage letztlich auf die Mieter übertragen.

Das von den beiden Ländern vorgeschlagene Bewertungssystem über Bodenrichtwerte nannten die Verbände sehr verwaltungsaufwendig. Zudem könne es zum Beispiel bei Mietshäusern in der Innenstadt zu Mietsteigerungen führen. Stattdessen plädierten die Verbände für eine wertunabhängige Bemessung allein nach der Grundstücksfläche. Das Konzept von Bayern und Rheinland-Pfalz soll nun ausgiebig geprüft werden.

© SZ v. 30.1.2004/ AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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