Nachhaltigkeitsfonds:Raus aus der Schmuddelecke

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US-Präsident Barack Obama könnte Amerika für nachhaltige Geldanlagen wieder interessanter machen. Die Bankenkrise gibt ethischen Finanzprodukten einen Schub.

Martin Hesse

Barack Obama könnte Amerika aus der Schmuddelecke der Geldanlage holen. Diese Erwartung knüpft jener noch immer kleine Teil der Investmentbranche an den neuen US-Präsidenten, der soziale, ökologische und ethische Kriterien in die Anlagepolitik einbezieht. "Wenn Präsident Obama ernst macht mit seinen Ankündigungen, dann werden Anleihen der USA auch für nachhaltig orientierte Investoren zunehmend interessant", sagt Oliver Rüdel von der Ratingagentur Oekom Research.

Wenn Obama seine Wahlversprechen wahr macht, dann könnten die USA im internationalen Rating sehr viel weiter nach oben rücken. (Foto: Foto: dpa)

150 Kriterien

In dem neuen Länderrating von Oekom nehmen die USA unter 50 OECD-Staaten und Schwellenländern den 40.Platz ein. Wie jedes Jahr hat die Ratingagentur anhand von 150 Kriterien ermittelt, wie sozial- und umweltverträglich Staaten wirtschaften.

Der Verbrauch von Ressourcen und der CO2-Ausstoß werden dabei ebenso untersucht wie das Bildungssystem, Pressefreiheit und die Achtung der Menschenrechte. Das Rating dient Investoren und Finanzdienstleistern als Grundlage für ihre Anlageentscheidung. Insgesamt werden etwa 90 Milliarden Euro auf Basis von Oekom-Ratings für Staaten und Unternehmen investiert.

Deutschland liegt in dem seit 2001 erhobenen Ranking meist dicht hinter den skandinavischen Staaten - in diesem Jahr auf Rang sechs. Dagegen schneiden die USA traditionell schlecht ab. Sie rangieren diesmal zwischen Mexiko und der Türkei. Schlechter legt man aus Sicht nachhaltig ausgerichteter Investoren sein Geld nur in Ländern wie Indien, China oder Südafrika an.

Doch das könnte sich unter Obama ändern. "Wenn der neue Präsident alles umsetzt, was er angekündigt hat, könnten die USA in die erste Hälfte vorrücken", sagt Rüdel. Allerdings dürfte das eher zwei Legislaturperioden dauern. Die Empfehlungen von Oekom decken sich weitgehend mit Obamas Agenda: Schließung des Gefangenenlagers in Guantánamo, Abschaffung der Folter, Rückzug aus dem Irak, Ratifizierung des Kyoto-Protokolls, Ausbau der erneuerbaren Energiequellen und Investitionen in die Infrastruktur.

Neue Kriterien lassen einige westliche Industireländer zurückfallen

Die Analysten haben neue Kriterien entwickelt, die stärker berücksichtigen, inwieweit Länder über ihre Verhältnisse leben. Dieser "ökologische Fußabdruck" bemisst sich etwa daran, wie viel Trinkwasser pro Kopf verbraucht, wie viel Fleisch gegessen und wie viele Autos gefahren werden. Dadurch fallen auch einige der traditionell besser bewerteten westlichen Industrieländer im Vergleich zu den aufstrebenden Staaten zurück. Das gilt etwa für Australien und Großbritannien.

Die gravierendste Veränderung in der Welt, die Finanzkrise, schlägt sich dagegen bislang in den Ratings kaum nieder. Rein finanzielle Kriterien untersucht Oekom anders als die klassischen Ratingagenturen wie Standard & Poor's nicht. Es gibt bei Oekom zwar Überlegungen, wie man auch die Regulierung der Finanzmärkte in die Bewertung einbeziehen kann. Es fehlt allerdings an quantifizierbaren Kriterien und verlässlichen Daten. Oekom bewertet aber beispielsweise das Betreiben von Offshore-Zentren negativ, über die Länder wie Großbritannien Banken und Investoren anlocken.

Neue Anbieter drängen auf den Markt

Die Finanzkrise macht sich allerdings in einer erhöhten Nachfrage nach ökologisch und sozial gemanagten Anlageprodukten bemerkbar. Das Volumen der nachhaltigen Investmentfonds ist zwar im deutschsprachigen Raum 2008 bis Ende September leicht zurückgegangen. Doch das liegt daran, dass der Wertverfall von Aktien und Unternehmensanleihen auch Nachhaltigkeitsfonds getroffen hat. Anders als klassische Fonds berichten sie jedoch von hohen Mittelzuflüssen. Außerdem drängen neue Anbieter auf den Markt. "Wir hatten noch nie so viele Neuverträge wie in den vergangenen Monaten", sagt Oekom-Chef Robert Haßler.

Vor allem kirchliche Investoren und Pensionskassen wollten ihr Geld verstärkt nachhaltig anlegen. "Die Finanzkrise zeigt, dass kurzfristige Gier zu einem Versagen des Marktes führt", sagt Haßler. Auch die Beratungsgesellschaft für sozial-ökologische Innovationen, Imug, berichtet von einem verstärkten Interesse an nachhaltiger Geldanlage. Eine von Imug mit dem Südwind-Institut für Ökonomie und Ökumene erstellte Studie kommt zu dem Schluss, dass kirchliche Investoren auch mit ihrem Kapitalvermögen für mehr soziale Gerechtigkeit eintreten wollen. Dazu planten sie, ihre Investitionen in nachhaltige Anlageprodukte aufzustocken, aber auch stärker in einen Dialog mit Unternehmen zu treten, bei denen sie investiert sind.

© SZ vom 28.01.2009/iko/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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