Nach der Pleite von Lehman Brothers:Geschäftsmodell Insolvenz

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200.000 Dollar für Geschäftsessen, 287.000 Dollar für Kopien: Die Millionen-Dollar- Rechnung einer Anwaltskanzlei sorgt in den USA für Unmut - denn Empfänger sind die Insolvenzverwalter von Lehman Brothers.

Tobias Dorfer

Eine Rechnung sorgt in den USA derzeit für erhebliche Diskussionen. Ausgestellt hat sie die renommierte New Yorker Anwaltskanzlei Weil, Gotshal & Manges, die Forderung beträgt 55,1 Millionen Dollar (42 Millionen Euro), Empfänger sind die Nachlassverwalter der amerikanischen Pleitebank Lehman Brothers.

Am 15. September 2008 kollabierte die US-Bank Lehman Brothers - aus der Pleite wird nun für Juristen eine wahre Goldgrube. (Foto: Foto: AP)

Die Rechnung von Weil, Gotshal & Manges ist nur der erste Teil eines Pakets an Honorarforderungen, das in nächster Zeit auf Lehman Brothers zukommen wird. Für Anwälte und Bilanzexperten ist die Pleite der Investmentbank ein Mega-Geschäft. Anwaltsfirmen und Wirtschaftsprüfer wurden engagiert, um die Abwicklung der Bank zu begleiten. Ihre Arbeit wird, so will es das amerikanische Recht, bevorzugt honoriert. Im Klartext heißt das: Juristen, Buchprüfer und Verwalter werden aus der Insolvenzmasse zuerst bezahlt - und dann erst andere Gläubiger.

Der Konkursexperte Lynn LoPucki von der University of California, Los Angeles schätzt, dass bis zum Ende der Abwicklung 900 Millionen Dollar an Honoraren für Rechtsberatung und Buchprüfung fällig werden, 200 Millionen Dollar davon an die Kanzlei Weil, Gotshal & Manges, die Lehman schon beinahe ein Vierteljahrhundert betreut und auch nach der Insolvenz des US-Energiekonzerns Enron engagiert wurde.

950 Dollar - pro Stunde

Einem Bericht des Wall Street Journals zufolge rechnete die Anwaltskanzlei jetzt für Lehman Brothers mehr als 100.000 Stunden ab, die zwischen dem Crash des Instituts im September 2008 und Ende Januar angefallen seien. Konkursexperte LoPucki sagte der Zeitung, dies sei die höchste Forderung, die Juristen von einer Pleite-Firma in einem solchen Zeitraum gefordert hätten.

Alleine der Weil-Anwalt Harvey Miller lässt sich seine Arbeit bei Lehman mit 950 Dollar (720 Euro) pro Stunde vergolden - in Deutschland liegen übliche Stundensätze für Rechtsanwälte bei etwa 300 Euro. Allerdings, sagt der Kölner Anwalt Marcus Geschwandtner von der Kanzlei CBH könnten hierzulande "in Extremfällen" und bei "tiefer Spezialisierung" auch Stundensätze von über 500 Euro anfallen. "Die Preise werden am Markt gebildet", sagt der Jurist.

Auf der Rechnung der US-Juristen von Weil, Gotshal & Manges sind auch mehr als 200.000 Dollar für Geschäftsessen, 439.000 Dollar für Rechercheleistungen sowie 115.000 Dollar an Transportkosten aufgeführt. Zudem stellten die Juristen 287.000 Dollar für Vervielfältigungen in Rechnung, die Kopie für zehn Cent.

"Teuer heißt nicht gut"

Das Geld für die Juristen fehlt an anderer Stelle. Lehman Brothers, oder das, was davon übrig ist, trägt einen Schuldenberg von 613 Milliarden Dollar vor sich her. Auch in Deutschland haben etliche tausend Sparer den Versprechen der Bank geglaubt, und Zertifikate gezeichnet, die nun wohl wertlos sind.

Experten und Juristen sind über die Höhe der Rechnung von Weil, Gotshal & Manges überrascht, einige jedoch erinnern an das erfolgreiche Enron-Engagement der Kanzlei. Damals hätten die Gläubiger wenigstens einen Teil ihres Schadens erstattet bekommen. "Weil machte im Fall Enron gute Arbeit", sagte David Skeel, ein Rechtsprofessor der University of Pennsylvania Law School in Philadelphia.

Der Kölner Anwalt Geschwandtner hält dagegen: "Sehr teuer heißt nicht automatisch sehr gute Arbeit." Trotzdem müsse man auch die spezielle Situation der US-Anwälte betrachten. Höhere Mieten und Ausgaben führten eben zu höheren Honorarforderungen der Juristen. "Im angloamerikanischen Raum gibt es ein höheres Preisniveau."

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